Die Themen Industriepolitik und Energiewende, Digitalisierung sowie Qualifizierung und Bildung standen im Mittelpunkt des Sozialpartnerschaftlichen Branchendialogs 2019 zwischen der IG Metall, IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) und dem Gesamtverband der Aluminiumindustrie (GDA).
Die Gemeinschaftsveranstaltung fand Anfang November 2019 in Kaarst statt und stand unter dem Leitthema „Perspektiven für den Industriestandort Deutschland in den Zeiten von Übergängen“. Zielgruppe des aktuellen Branchendialogs waren interessierte Führungskräfte und Personalsachbearbeiter der Aluminiumindustrie, Betriebsräte und Gewerkschafter. Insgesamt diskutierten rund 75 Teilnehmer aus der Aluminiumindustrie.
Bereits 2008 starteten der GDA und die IG Metall eine gemeinsame Diskussionsreihe mit dem Ziel, den effizienten Umgang mit Ressourcen zu fördern. Initiiert wurde die Diskussion vom Netzwerk Ressourceneffizienz, einer Initiative des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB). IG Metall und GDA zählen zu den Gründungsmitgliedern dieser Initiative.
Auf stabile und planbare Rahmenbedingungen angewiesen
„Unser Ziel ist ein Dialog aller Beteiligten, bei dem die Mitarbeiter im Mittelpunkt stehen, da es um die Zukunftsfähigkeit ihrer Arbeitsplätze in der Aluminiumindustrie geht“, erläuterte IG Metall Gewerkschaftssekretär Manuel Bloemers die Ziele des Branchendialogs. „Mit diesem Dialog haben wir etwas Besonderes auf den Weg gebracht, sodass Menschen Recyclingmiteinander reden und zuhören. Dialog, Diskussion und der Kompromiss sind konstitutive Elemente unserer Demokratie und Gesellschaftsordnung.“
„Die neue digitale Arbeitswelt verlangt von den Sozialpartnern komplexe Antworten. Wir stehen vor einem Umbruch, der sowohl Arbeit und Industrie in Zukunft verändern wird. Kreislaufwirtschaft und Recycling sind das Ziel vieler Industrien; die Aluminiumbranche hat das bereits geschafft“, ergänzte Manuel Rendla, Gewerkschaftssekretär der IG BCE. Dieser Vorteil werde helfen, in der Zeit der Transformation zu bestehen. „Wir sind auf stabile und planbare Rahmenbedingungen angewiesen, um Produktion und Arbeitsplätze zu erhalten und auszubauen.“
„Der Dialog zwischen den Sozialpartnern ist in diesen herausfordernden Zeiten absolut wichtig“, unterstrich Marius Baader, Geschäftsführendes Präsidialmitglied des GDA. „Was uns eint, ist, dass uns der Standort Deutschland am Herzen liegt mit seinen geschlossenen Lieferketten, der Expertise der Beschäftigten und der Nähe zum Kunden.“ In der aktuellen klimaschutzpolitischen Diskussion werde die industrielle Wertschöpfung immer wieder verteufelt. „Die Industrie ist Teil der Lösung, um das bewusst zu machen, können wir nur gemeinsam agieren“, bekräftigte Marius Baader.
Europäische Energie- und Industriepolitik
Themenblock 1 beschäftigte sich mit der aktuellen Industrie- und Energiepolitik der EU. Bernd Lange, Mitglied des Europaparlaments für die SPD, stellte die industriepolitische Strategie des EU-Parlaments vor. Er machte deutlich, dass das zentrale Ziel auf EU-Ebene sei, den Kern der industriellen Wertschöpfung auf europäischer Ebene zu sichern. „Wir müssen in Zukunft die Industriepolitik in alle Politikfelder integrieren. Das hat in den letzten Jahren gefehlt“. Die EU-Klima- und Energiepolitik stehe vor großen Herausforderungen. „Wenn wir es ernst meinen mit der Transformation, brauchen wir einen intensiven gesellschaftlichen Dialog, um Planungsprozesse zu vereinfachen und Restriktionen abzubauen.“
Thomas Reuther, Mitglied des Vorstands der Essener Trimet Aluminium, zeigte auf, dass der Erhalt der Versorgungssicherheit auf dem aktuell hohen Niveau von zentraler Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen und für Deutschland sei. Insbesondere für die energieintensiven Industrien wie die Aluminiumindustrie stehe viel auf dem Spiel. „Eine nachhaltige, verlässliche und wirtschaftliche Energieversorgung ist die Grundlage für eine erfolgreiche Industriepolitik in Nordrhein-Westfalen“, sagte Reuther. Die Energiewende müsse mit Ehrgeiz, aber auch Vernunft vorangetrieben werden, damit Unternehmen sichere Rahmenbedingungen für Innovationen erhalten.
Reiner Priggen, Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energie NRW, war Mitglied der Kohlekommission und berichtete, wie Netzstabilität und Versorgungssicherheit ohne Kohle in Zukunft gewährleistet werden sollen. Die schwierige, aber erfolgreiche Suche nach einem Kompromiss in der Kohlekommission zwischen Umweltverbänden, Politik und Industrie müsse jetzt in konkretes Handeln und Gesetze umgesetzt werden, forderte er.
Bei der anschließenden Diskussionsrunde waren sich die Teilnehmer einig: Die Aluminiumindustrie ist ein wesentlicher Faktor in der Wertschöpfungskette und ihre Wettbewerbsfähigkeit hängt von den Rahmenbedingungen und der langfristigen Planungssicherheit ab. Darum müsse Energie sicher und bezahlbar sein. Zudem gelte es, die Wertschöpfungsketten in ihrer Tiefe zu erhalten, damit auch in Zukunft in der vollen technologischen Breite die Produktion am Standort Deutschland stattfinden könne.
Qualifizierung und Bildung
Die Themenblöcke 2 und 3 des Branchendialogs fokussierten sich auf die Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf die Aus- und Weiterbildung. Marius Baader berichtete über „Digitalisierung auf der Überholspur“. Er sieht in der Digitalisierung der Arbeitswelten Chance und Herausforderung zugleich. Digitalisierung bedeute zunächst Veränderung, habe großen Einfluss auf Produkt, Nutzung und Fertigung und bestimme somit unsere Wertschöpfungsketten. Die Digitalisierung verändere vieles grundlegend, biete aber auch große Chancen, Wirtschaft und Gesellschaft zu modernisieren und eröffne den Menschen durch Teilhabe an diesem Prozess vielfältige Möglichkeiten für neue Berufe und Beschäftigung.
Gabi Schilling, Projektleiterin bei „Arbeit 2020 in NRW“, zeigte anschließend an Praxisbeispielen, wie Betriebsräte und Industrieunternehmen aus Nordrhein-Westfalen gemeinsam Digitalisierung in den Betrieben so gestalten, dass die Interessen von Beschäftigten im Zentrum stehen.
Starke Partner können am ehesten Fortschritte erzielen
Zum Abschluss wurden in mehreren „Flüsterecken“ die Themen des Branchendialogs individuell diskutiert. Alle Teilnehmer waren sich einig, dass der Sozialpartnerschaftliche Branchendialog für beide Seiten vorteilhaft ist. Ein partnerschaftliches Miteinander von Unternehmens- und Arbeitnehmervertretern in der Aluminiumindustrie stärke den wirtschaftlichen Erfolg der Branche und sichere Arbeitsplätze.
Starke Partner können am ehesten Fortschritte erzielen – so das Fazit der Teilnehmer. Dazu brauche es eine hohe Akzeptanz für die deutsche Aluminiumindustrie in der Bevölkerung. Hieran werde man in Zukunft gemeinsam arbeiten und neue Projekte vereinbaren, um so die Aluminiumindustrie in der Öffentlichkeit positiv darzustellen.
Quelle: Gesamtverband der Aluminiumindustrie e.V. (GDA)