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Gütegesicherte Sekundärbrennstoffe: Die Branche traf sich wieder in Münster

Am 24. November 2022 fand die Mitgliederversammlung der Gütegemeinschaft Sekundärbrennstoffe und Recyclingholz e. V. (BGS) auf dem Gut Havichhorst in Münster statt.

In der Mitgliederversammlung führte Michael Sudhaus, Vorstandsvorsitzender des BGS in seinem Geschäftsbericht aus, dass der Verein die coronabedingten Einbrüche bei den gütegesicherten Mengen aus 2020 wieder aufgeholt hat. In 2022 ist die gütegesicherte Menge entgegen dem Trend mit 557.000 Mg/a auf einen Höchststand gestiegen. Dieses ist auch darauf zurückzuführen, dass die Albbrennstoff GmbH in 2022 das Anerkennungsverfahren durchlaufen hat und als weiteres Unternehmen mit dem RAL-Gütezeichen 724 ausgezeichnet wurde. Für 2023 werden deutlich steigende Mengen an gütegesicherten Brennstoffen erwartet

Dr. Thomas Glorius berichtete aus dem BGS-Güteausschuss. Der BGS e. V. ist intensiv in die Normungsarbeiten  auf  ISO-Ebene involviert. Es  sind bereits 13 ISO-Standards für Solid Recovered Fuels veröffentlicht. Darüber hinaus wird zurzeit eine ISO-Norm zur Bestimmung des Recyclingindexes (ISO/CD 4349 – Solid recovered fuels – Determination oft the Recycling Index for co-processing) erarbeitet. Hier wurden auch Ergebnisse des BGS eingebracht. Aktuell findet für diese Norm ein internationaler Ringtest statt. Auf nationaler Ebene wurde die DIN-Norm für die Echtzeitanalyse von Sekundärbrennstoffen als deutsche Version erarbeitet. Diese Norm wurde zudem als neues Arbeitspaket in die ISO-Working Group 4 eingebracht.

In der EU-Taxonomie bislang nicht berücksichtigt

Darüber hinaus hat sich der Güteausschuss auch mit der EU-Taxonomie befasst, mit der Kapitalströme in nachhaltigere Bereiche gelenkt werden sollen. Die Herstellung von Sekundärbrennstoffe wurde in der EU-Taxonomie bislang nicht berücksichtigt, obwohl sie in Bezug auf die Klimafreundlichkeit von Zementwerken eine sogenannte „ermöglichende Aktivität“[1] darstellt. Das heißt, dass eine klimafreundlichere Herstellung von Zement durch diese Aktivität überhaupt erst ermöglicht wird und somit einen substanziellen Beitrag zum Umweltziel „Klimaschutz“ leistet.

Der BGS e. V. hat hier eingebracht, dass die Nachhaltigkeit der Herstellung von gütegesicherten Sekundärbrennstoffen zukünftig anerkannt wird, wenn bei einer regelmäßigen Qualitätsüberwachung der biogene Anteil, der Emissionsfaktor und der Recyclingindex von externer Stelle zertifiziert werden.

Prof. Dr.-Ing. Sabine Flamme (FH Münster) berichtete über die Öffentlichkeitsarbeiten der Geschäftsstelle. Die BGS- Imagebroschüre wurde inhaltlich überarbeitet und kann online oder als Papierversion über die Geschäftsstelle bezogen werden. Zudem hat der BGS seine Aktivitäten auf der Plattform LinkedIn ausgebaut. In 2023 wird der Verein sich mit einem Stand bei den Kreislaufwirtschaftstagen Münster in der Halle Münsterland am 28. Februar bis 1. März präsentieren.

Im formalen Teil der Mitgliederversammlung wurde Andreas Malinowski (Pader Entsorgung GmbH & Co. KG) zum neuen Rechnungsprüfer gewählt. Er übernimmt dieses Amt für die nächsten zwei Jahre gemeinsam mit Lambert Freitag (AGR-DAR GmbH). Michael Sudhaus, Dr. Martin Oerter, Andreas Denker, Stephan Eing, Matthias Einsele, Patrick Hasenkamp, Reinhard Kortmann und Torsten Zuber wurden für drei weitere Jahre im Vorstand bestätigt.

Im Zeichen einer nachhaltigen Energie und Rohstoffversorgung

Im Anschluss an die Mitgliederversammlung fand erneut eine Fachtagung statt, in diesem Jahr unter dem Motto „Gütegesicherte Sekundärbrenn- und -rohstoffe – Im Zeichen einer nachhaltigen Energie und Rohstoffversorgung“.

Dr. Martin Oerter (Cimalux) hob in seinem Vortrag den Beitrag gütegesicherter Sekundärbrennstoffe für die Energiesicherung für Zementwerke hervor. Er verdeutlichte, dass die kontinuierliche und langfristige Verfügbarkeit geeigneter Ersatzbrennstoffe ein wichtiger Faktor für die CO2-Minderungsstrategien in der Zementindustrie ist. Dabei gewährleistet die Gütesicherung eine fortlaufende Kontrolle der Brennstoffeigenschaften bereits während der Aufbereitung. Die Gütesicherung erleichtert auch die Kommunikation und das Vertrauen zwischen dem Brennstoffaufbereiter und dem Abnehmer. Dabei sollte die Bestimmung des biogenen Anteils zukünftig fester Bestandteil der Gütesicherung sein.

Über die neuesten Entwicklungen der ISO/CD 4349 „Feste Sekundärbrennstoffe – Verfahren zur Bestimmung des Recycling-Index für das Co-Processing“ und die Bedeutung für die Gütesicherung von Sekundärbrennstoffen berichtete Sigrid Hams (BGS e. V.). Zukünftig können mit der Norm, die aktuell im Übergang zu einem Committee Draft ist und ab Herbst 2022 über einen internationalen Ringversuch validiert wird, zwei verschiedene Recyclingindices bestimmt werden. Beim R-index4  werden mit Aluminium, Calcium, Eisen und Silicium die Hauptelemente des Rohmehls, welches über die Sekundärbrennstoffasche anteilig ersetzt wird, berücksichtigt. Beim R-index9 werden zusätzlich Kalium, Magnesium, Natrium, Schwefel und Silicium einbezogen. Recyclingindices für gütegesicherte Sekundärbrennstoffe lagen zwischen fünf und zehn Masse-Prozent (R-index4) bzw. zwischen sechs und zwölf Masse-Prozent (R-index9). Zukünftig sollen diese im Rahmen der RAL-Gütesicherung mit ausweisbar sein.

Die Anrechnung eines Recyclinganteils bei der Mitverbrennung in Zementwerken im Kontext des Verpackungsgesetzes war Schwerpunkt des Vortrags von Jörg Scheibel (Revisa Cycle Proof GmbH). So kann der Nachweis einer stofflich verwerteten Menge aus der Mitverbrennung, der auf Basis eines Gutachtens in Kombination mit Messdaten geführt werden kann, zum Beispiel die Verwertungsquoten bei den dualen Systemen erhöhen. Einen wesentlichen Baustein für den Nachweis bilden die Daten aus der Gütesicherung nach dem RAL- Gütezeichen 724 – Sekundärbrennstoffe.

Den Sekundärbrennstoffqualitäten für das chemische Recycling widmete sich Christian Haupts (Carboliq GmbH). Da die kunststofferzeugenden Unternehmen ab 2025 circa 1,2 Mio. Mg und ab 2030 circa 3,4 Mio. Mg an recycelten Kunststoffen durch chemisches Recycling gewinnen wollen, sind hier starke Kapazitätszuwächse auch in Deutschland zu erwarten. Bislang liegen mit eher gemischten Abfallfraktionen aber nur geringe Erfahrungen vor. Da diese Einsatzstoffe sich aufgrund ihrer Zusammensetzung stark in der Ausbeute und im Energiebedarf unterscheiden und auch im Handling unterschiedlich sind, ist für das chemische Recycling eine Evaluation der Eingangsmaterialien erforderlich. Daher ist auch die Integration des chemischen Recyclings in die Normungsarbeit auf EU- ISO-Ebene wünschenswert.

Der Nachmittag der BGS-Fachtagung stand im Zeichen der EU-Taxonomie. Der Fokus des Vortrags von Sven Schönborn (BDI e. V.) lag auf der Integration von Nachhaltigkeitskriterien in das Finanzwesen durch die EU-Taxonomie, mit der Kapitalströme in nachhaltigere Bereiche gelenkt werden sollen. Dabei berücksichtigt eine nachhaltige Finanzierung sechs verschiedene Nachhaltigkeitskriterien (z. B. Klimaschutz oder Biodiversität) in Ergänzung zur üblichen Risiko-Ertrags-Betrachtung bei einer Finanzierungsentscheidung. Eine Wirtschaftsaktivität ist gemäß EU-Taxonomie ökologisch nachhaltig, wenn sie einen wesentlichen Beitrag zu mindestens einem der sechs Nachhaltigkeitsziele leistet, die Erreichung der übrigen fünf Nachhaltigkeitsziele hierdurch nicht erheblich beeinträchtigt wird und der festgelegte soziale Mindestschutz eingehalten wird. Die Umsetzung der Taxonomie in der Kreditwirtschaft wurde von Frank Knura (Sparkasse Münsterland Ost) und die Bedeutung der Taxonomie für die Entsorgungswirtschaft von Jens Loschwitz (BDE e. V.) erläutert.

Quelle: BGS e. V.

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