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Zweites Müllsammelschiff: Die „SeeKuh“ bekommt Nachwuchs

Die gemeinnützige Umweltorganisation One Earth – One Ocean e.V. (OEOO) aus München und Kiel, die seit über acht Jahren an der Umsetzung ihres Konzepts einer „Maritimen Müllabfuhr“ zur Sammlung von Plastikmüll aus den Meeren arbeitet, baut ihr zweites Müllsammelschiff für den maritimen Einsatz.

2016 wurde die erste „SeeKuh“, ein speziell konzipierter Katamaran mit 10 x 12 Metern und Sammelnetzen zwischen den beiden Rümpfen, in Dienst gestellt. Sie ist das erste zertifizierte Müllsammelschiff weltweit, dient daneben aber auch der Forschung zu Mikroplastik sowie der Aufklärung. Inzwischen wurde das Sammelkonzept der SeeKuh 1.0 weiterentwickelt, sodass der Verein nun ein neues Schiff bauen wird, das vor allem für die weltweite Sammlung von Plastikmüll in Mündungsgebieten und an Küsten vorgesehen ist. Die Fertigstellung des Spezialschiffs, das wieder von der Lübeck Yacht Trave Schiff GmbH gebaut und aus Spenden und Sponsorengeldern finanziert werden soll, ist für 2020 geplant.

Dass der Plastikmüll in den Gewässern weltweit eines der gravierendsten Umweltprobleme unserer Weltgesellschaft darstellt, muss hier wohl kaum mehr betont werden. Geschätzte über 140 Millionen Tonnen befinden sich bereits in den Meeren weltweit, jedes Jahr kommen mindestens zehn Millionen Tonnen dazu. 80 Prozent des Plastikmülls, der weltweit in die Meere gelangt, stammen von Land und werden größtenteils über Flüsse ins Meer gespült. Eine fehlende oder lückenhafte Infrastruktur zur Müllentsorgung sowie mangelndes Umweltbewusstsein sind die Gründe.

Es liegt also nahe, eine gangbare und schnell einsetzbare Lösung für die Mündungsgebiete der großen Flüsse zu konzipieren, denn hier hat sich der Müll noch nicht in der Fläche verteilt und zerkleinert. Das mehrstufige Konzept der „Maritimen Müllabfuhr“ von OEOO sieht vor, Meeresmüll mit speziellen Sammelschiffen einzusammeln und anschließend bestmöglich wiederzuverwerten beziehungsweise einen Teil davon in Öl und Energie umzuwandeln.

Utopien helfen nicht weiter

„Ich freue mich, dass wir mit der SeeKuh 1.0 und der Maritimen Müllabfuhr in den letzten Jahren Bekanntheit nicht nur im deutschen Sprachraum, sondern auch in Asien erreicht und mediale Unterstützung erfahren haben, ist doch das Thema Plastikmüll heute allgegenwärtig. Doch es fehlt noch immer an tragfähigen und umsetzbaren Konzepten, die es uns ermöglichen, schnell gegen Plastik im Meer vorzugehen. Utopien helfen hier nicht weiter“, erklärt Günther Bonin, Gründer der Organisation One Earth – One Ocean e.V., der erst kürzlich wieder für seine Arbeit mit einem Spezialpreis von Gruner & Jahr ausgezeichnet wurde. „Unser Konzept ist durchdacht, es ist ein pragmatischer Lösungsansatz, der erprobt und laufend optimiert wird. So basiert die neue Generation der SeeKuh auf den Erfahrungen, die wir mit der SeeKuh 1.0 in den letzten Jahren in der Ostsee und vor Hong Kong gesammelt haben.“

Förderbandtechnik statt absenkbare Netze

So soll das Sammelsystem der zukünftigen SeeKühe nicht mehr auf absenkbaren Netzen basieren, sondern auf einer Förderbandtechnik. Über die Einweiser am Bug des Katamarans wird der Meeresmüll auf das in der Mitte angebrachte Förderband geleitet. Das Steigband fördert das Material auf ein horizontales Sortierband. Alles, was nicht ins Meer gehört, wird vom Sortierpersonal in Transportsäcke, sogenannte Big-Bags, aussortiert. Unbedenklicher organischer Abfall fällt am Ende des Förderbandes durch eine Öffnung im Deck zurück ins Wasser. Im hinteren Bereich wird die Seekuh 2.0 über eine Lagerfläche für die vollen Big-Bags verfügen. Auch diese Seekuh-Variante ist modular entworfen, sodass eine Demontage und ein Transport in See-Containern an jeden Ort der Welt möglich sind.

Mit Hilfe der Förderbandtechnik kann kontinuierlich Meeresmüll, bis zu einer Tiefe von circa einem Meter, gesammelt werden und der manuelle Aufwand sei wesentlich geringer als bei Einsatz der Netztechnik, sagt OEOO. Dadurch erwartet sich der Verein eine höhere Effizienz. Gleichzeitig sei die Aussortierung von organischem Material und gegebenenfalls von tierischem Beifang möglich. Die SeeKuh 2.0 ist mit zwölf Metern etwa so lang, aber zwei Meter schmaler als ihre ältere Schwester. Damit lässt sie sich in zwei bis drei Übersee-Container verstauen. Der Tiefgang liegt bei 0,8 Meter, das Gewicht beträgt sechs Tonnen. Sie hat den Angaben zufolge eine Reinigungsleistung von circa 30.000 Kubikmeter pro Stunde und soll zukünftig in Flussmündungen und Küstengebieten mit geringem Tiefgang eingesetzt werden.

Mit Schleppverbund und einer Art Trichter

Um auch besonders große Flächen effektiv absammeln zu können, hat OEOO eine weitere Sammeltechnik für die SeeKuh 2.0 entwickelt, eine Art Schleppverbund. Zwei motorisierte Boote, zum Beispiel lokale Fischereifahrzeuge oder konventionelle Arbeitsboote, ziehen dabei die SeeKuh 2.0 durch das verschmutzte Operationsgebiet. Zwischen den Schleppbooten und der SeeKuh werden Schwimmbarrieren angebracht. So entsteht ein Trichter, durch den der Meeresmüll in Richtung des Förderbandes der SeeKuh 2.0 geleitet wird. Durch den Tandembetrieb beidseitig der Verschmutzungsquelle kann ein Durchqueren und damit verbundenes Aufwirbeln des Meeresmülls verhindert werden. Bei dieser Variante benötigt die SeeKuh keinen eigenen Antrieb.

Nur ein Modul der Maritimen Müllabfuhr

Mit der „Maritimen Müllabfuhr“ zeigt OEOO einen bereits erprobten Lösungsansatz für eines der größten globalen Umweltprobleme auf. Dabei ist die SeeKuh nur ein Modul des Konzepts zum Einsammeln des Meeresmülls. Dieser Müll soll anschließend wiederverwertet beziehungsweise zum Teil auch in Öl umgewandelt werden.

Dies soll zukünftig auf den „SeeElefanten“ passieren, umgebauten großen Multi-Purpose-Schiffen mit über 100 Metern Länge, die den Plastikmüll, den unterschiedliche Sammelschiffe vorher aus dem Meer gesammelt haben, mit Kränen übernehmen. Direkt an Bord wird der Müll mit in das Schiff integrierter und bereits heute technisch bewährter Anlagen- und Recyclingtechnik aufbereitet, sortiert und verarbeitet. Hochwertig recycelbare Kunststoffe wie PET werden aussortiert und zu sortenreinen Kunststoffballen gepresst. Diese werden in den Stoffkreislauf zurückgebracht. Daneben sollen in Zukunft auch Energie und Öl aus dem Plastikmüll gewonnen werden.

So könnte mit relativ einfachen, preiswerten und bewährten Mitteln die Sammlung von Plastikmüll in den Meeren in Angriff genommen und aktiv bekämpft werden – vor allem an den Müll-Hotspots weltweit. Plastikmüll kann so aus der Natur entfernt werden, ehe er sich zu Mikroplastik zerkleinert beziehungsweise in die Tiefe absinkt und für die nächsten Jahrhunderte die Umwelt schädigt. OEOO hat eine professionelle Machbarkeitsstudie für das Konzept der „Maritimen Müllabfuhr“ und speziell des „SeeElefanten“ erstellt, die in Kürze der Öffentlichkeit präsentiert werden sollen.

Quelle: One Earth – One Ocean e. V. (OEOO)

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