Im Projekt BioDur hat das Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung (IFAM) mit drei Industriepartnern neue Wege erforscht, um überwiegend biobasierte Klebstoffe herzustellen, die ähnliche Eigenschaften wie synthetische Epoxidharz- oder Polyurethanklebstoffe aufweisen. Besonders erfolgreich war eine Anwendung im Kosmetikbereich als haut- und umweltfreundlicher Klebstoff für künstliche Fingernägel.
Das Vorhaben wurde im Rahmen des Förderschwerpunktes „Klebstoffe und Bindemittel“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) von 2014 gefördert. Das BMEL will mit diesem Förderschwerpunkt einen Beitrag zum Konzept der biobasierten Wirtschaft leisten und petrochemische Rohstoffe in Klebstoffen durch nachwachsende Rohstoffe ersetzen.
Epoxidharze ermöglichen hochfeste Klebverbindungen in vielen industriellen Produkten. Bei ihrer Herstellung wird allerdings Bisphenol A verwendet. Dieser Substanz, die unter dem Verdacht steht, gesundheitsschädigend zu sein, drohen künftig Anwendungsbeschränkungen. Ziel des Projektes BioDur war es deshalb, unbedenkliche, biobasierte Klebstoffsysteme auf der Basis epoxidierter Pflanzenöle zu entwickeln. Außerdem untersuchten die Forscher die Möglichkeit, anteilig biobasierte Polyurethanklebstoffe herzustellen.
Ein typischer 2-Komponentenklebstoff besteht aus einem Epoxidharz und einem Härter. In BioDur setzten die Forscher auf epoxidierte Pflanzenöle als Ersatz für die Epoxidharze und auf oligomere Polyester aus Milchsäure, um die mechanischen Eigenschaften einzustellen. Lediglich der notwendige Härtungskatalysator ist petrochemisch basiert. Epoxidierte Pflanzenöle stehen bereits zur Verfügung, sie sind physiologisch unbedenklich.
Anteil nachwachsender Rohstoffe bei 99 Prozent
Neu im Projekt entwickelt wurden die Milchsäure-Polyole. Die Forscher nutzten oligomere Poly(L-lactid)diole, die zu den sogenannten Telechelen zählen. Als solche werden niedermolekulare Polymere mit reaktionsfreudigen Gruppen an beiden Kettenenden bezeichnet. Die im Vorhaben eingesetzten Telechele sind bislang kommerziell nicht verfügbar. Aus industriell verfügbarem und biotechnologisch produziertem Dilactid gewonnen, könnten sie eine ideale Basis für biobasierte Klebstoffe darstellen. Die Forscher entwickelten eine entsprechende Klebstoff-Rezeptur mit 30 Prozent (Massenanteil) oligomerer Milchsäure mit einer mittleren Molmasse von 1000 Da in epoxidiertem Öl mit hohem Oxirangehalt. Der Anteil nachwachsender Rohstoffe an dieser Formulierung lag bei 99 Prozent.
Aussichtsreiche Anwendungen
Beispielhaft erprobten die Forscher die Rezeptur dann als Klebstoff für künstliche Fingernägel. Herkömmliche Klebstoffe in diesem Anwendungsbereich müssen aufgrund umweltschädlicher und hautsensibilisierender Eigenschaften gekennzeichnet sein. Die BioDur-Rezeptur erfüllte die Anforderungen an einen kennzeichnungsfreien, hautfreundlichen Klebstoff, was auch durch den Verzicht auf schwermetallhaltige Hilfsmittel erreicht wurde. Weitere Pluspunkte waren die guten Haftungseigenschaften, die hohe Chemikalienbeständigkeit und Lagerstabilität. Als einziges Manko stellte sich die gelbe Farbe heraus – ein vollständig farbloser Klebstoff gelang noch nicht. Insgesamt sehen die Forscher bei einer weiteren Optimierung der Rezeptur große Marktchancen im Kosmetikbereich, aber auch für zahlreiche Anwendungen von Strukturklebstoffen.
In einem weiteren Arbeitspaket ersetzte das Wissenschaftlerteam erdölbasierte Polyether in 2- Komponenten-Polyurethan(PUR)-Klebstoffen durch Milchsäure-Polyole. Die so hergestellten Formulierungen eigneten sich allerdings aufgrund der für eine industrielle Fertigung zu langsamen Aushärtung nicht für den Einsatzbereich Holzwerkstoffe und Möbel. Den Ersatz von Polyesterpolyolen in PUR-Klebstoffen halten die Forscher aber für aussichtsreich und wollen hier weitere Untersuchungen durchführen.
„Polymilchsäure ist inzwischen so preisgünstig, dass daraus hergestellte Telechele das Potenzial haben, synthetische Polyole in Klebstoffen mittelfristig zu ersetzen. Am schnellsten könnte der Wechsel bei kationisch polymerisierenden biobasierten Klebstoffen erfolgen, da bereits ein sehr gutes Eigenschaftsprofil demonstriert werden konnte. Die von uns entwickelten Produkte haben erstmals gezeigt, dass der Wechsel grundsätzlich machbar ist“, erklärt Projektkoordinator Professor Andreas Hartwig vom IFAM.
Quelle: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR)