CO2-Emissionen der französischen Industrie sinken um 43 Millionen Tonnen

Wissenschaft untersucht 252 Industrieunternehmen im Europäischen Emissionshandelssystem (EU-ETS).

Der CO2-Preis ist in Frankreich ein wirksames Instrument, um die Emissionen im verarbeitenden Gewerbe zu senken. Laut einer neuen Studie haben französische Produzenten in den ersten acht Jahren nach Einführung des EU-ETS den Ausstoß schädlicher Treibhausgase um geschätzte 15 Prozent gesenkt (2005-2012: 5,4 Mio. Tonnen pro Jahr, geschätzt). In der Summe übertrifft das den CO2-Ausstoß, den Schweden in einem Jahr emittiert (38 Mio. Tonnen). Die Kosten, um die neue Klimaschutzregelung einzuhalten, hatten keine Auswirkungen auf die Produktion.

Zu diesen Ergebnissen kommt eine Untersuchung vom EPoS Economic Research Center der Universitäten Bonn und Mannheim. Die Studie wird im Review of Economic Studies unter dem Titel „Does Pricing Carbon Mitigate Climate Change? Firm-Level Evidence from the European Union Emissions Trading Scheme“ veröffentlicht.

„Die Einführung des EU-Emissionshandelssystems hat in Frankreich im Verarbeitenden Gewerbe zu bemerkenswerten Ergebnissen geführt“, kommentiert Ulrich Wagner vom EPoS Economic Research Center. „Wichtig ist, dass die Senkung der CO2-Emissionen nicht auf Kosten von schwächerer Leistung oder Auslagerung erfolgt ist, um die europäische Klimapolitik zu umgehen.“

Umweltfreundlichere Technologien senken Energiekosten

Für die Hersteller erhöhen sich durch den CO2-Preis die Produktionskosten und könnten zu einer verminderten Wirtschaftstätigkeit führen. Dass dies nicht der Fall war, ist für die Wissenschaftler überraschend. Eine Erkenntnis der Studie ist, dass die französischen Unternehmen in energiesparende Technologien investierten und damit ihre Energierechnungen senken konnten. Das half dabei, die Kosten für die Teilnahme am ETS auszugleichen, die durch die Investitionen oder den Kauf von Emissionsberechtigungen entstehen.

Unbegründete Kritik am EU-Emissionshandelssystem

Das ETS wird als das wichtigste EU-Instrument erachtet, um die Treibhausgasemissionen von Energieunternehmen, energieintensiven Industrieanlagen und Fluglinien zu reduzieren. Es deckt rund 10.000 Anlagen ab – etwa 40 Prozent der EU-Emissionen. Kritiker haben diese marktbasierte Regulierung als ökologisch ineffektiv und wirtschaftlich verheerend bezeichnet. „Wir haben Unternehmensdaten in einer bislang einzigartigen Detailtiefe analysiert und zeigen, dass solche Behauptungen unbegründet sind“, erklärt Wagner. „Die Senkung der Schadstoffemissionen in den ersten acht Jahren des ETS hatte keine nachteiligen Auswirkungen auf die Beschäftigung oder die Wertschöpfung.“

Das EU-ETS ist der weltweit erste und größte Kohlenstoffmarkt und funktioniert nach dem Prinzip des „Cap & Trade“. Für bestimmte Treibhausgase wird eine Emissions-Obergrenze festgelegt. Die Unternehmen erhalten oder kaufen Emissionsberechtigungen, die untereinander gehandelt werden können.

ETS als Treiber des technologischen Wandels

„Wir belegen den kausalen Zusammenhang zwischen dem Cap & Trade-System im Industriesektor und der Umweltwirksamkeit“, sagt Wagner. „Trotz weit verbreiteter Bedenken, was die wirtschaftlichen Kosten von Klimaschutzmaßnahmen anbelangt, ging die Einführung des ETS generell nicht mit einer Absenkung der Produktion einher. Stattdessen haben viele Unternehmen in neue Technologien investiert, die den Energieverbrauch und die Kohlenstoffintensität der Produktion gesenkt haben. Daher ist die Bepreisung von Schadstoffen offenbar ein gutes Instrument, damit Unternehmen potentielle Kosteneinsparungen und Effizienzgewinne durch grüne Technologien verwirklichen.“

Die Studie wird in der internationalen Peer-Review-Zeitschrift Review of Economic Studies veröffentlicht. Online ist die vollständige Studie bereits über diesen Link abrufbar. Eine Liste aller Diskussionspapiere des SFB ist hier zu finden.

Die Autoren:

  • Jonathan Colmer, Assistant Professor, Abteilung Volkswirtschaftslehre, University of Virginia
  • Ralf Martin, Professor für Volkswirtschaftslehre, Imperial College London
    Mirabelle Muûls, Associate Professor, Abteilung Volkswirtschaftslehre, Imperial College London
  • Ulrich J. Wagner, Professor für Volkswirtschaftslehre, Universität Mannheim und Mitglied des EPoS Economic Research Center

Der Sonderforschungsbereich Transregio 224 EPoS

Der 2018 eingerichtete Sonderforschungsbereich Transregio 224 EPoS, eine Kooperation der Universität Bonn und der Universität Mannheim, ist eine langfristig angelegte Forschungseinrichtung, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird. EPoS befasst sich mit drei zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen: Wie kann Chancengleichheit gefördert werden? Wie können Märkte angesichts der Internationalisierung und Digitalisierung der Wirtschaftstätigkeit reguliert werden? Und wie kann die Stabilität des Finanzsystems gesichert werden?

Quelle: Universitäten Bonn und Mannheim (Gemeinsame Pressemitteilung)

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