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Lösungen für die unterirdische Infrastruktur

Stuttgarter Runde 2023 – Expertenforum zur Kanalsanierung:

Die Branche traf sich zum Erfahrungsaustausch und Networking – persönlich und in gewohnter Nähe. Nach zwei Corona-Jahren und einem teils virtuellen Veranstaltungsmodus konnte die 12. Stuttgarter Runde 2023 – Expertenforum zur Kanalsanierung am 29. März im Kursaal Bad Cannstatt endlich wieder als reine Präsenz-Veranstaltung stattfinden, was von den vertretenen Unternehmen, Ingenieurbüros, Kommunen und Behörden – insgesamt etwa 140 Teilnehmer, davon 20 Aussteller in diesem Jahr – begrüßt wird. Auch der gesellige Vorabendtreff bot reichlich Gelegenheit für Geschäftskontakte.

Dr. Tobias Reinhardt (Foto: DWA)

Topthemen standen wieder auf der Agenda. Dr. Tobias Reinhardt (Geschäftsführer DWA-Landesverband Baden-Württemberg) eröffnete die Stuttgarter Runde und freute sich auf spannende Gespräche mit dem Fachpublikum, den Referenten und Moderatoren. Durch das Programm mit interessanten Vorträgen und Diskussionen zu aktuellen politisch-rechtlichen Fragen und technischen Herausforderungen sowie Aussteller-Präsentationen führten Uwe Heinemann (Stadtentwässerung Esslingen am Neckar), Dr. Sissis Kamarianakis (Dr. Sissis Kamarianakis Karriere- und Kommunikationscoaching, Herten) und Simon Truckses (Stadtentwässerung Stuttgart).

Abschluss des Pilotprojekts Grundstücksentwässerung

Dr. Gabriel Fink (Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg) informierte über den Abschluss des Pilotprojekts Grundstücksentwässerung in den Gemeinden Stockach im Landkreis Konstanz, Ettlingen im Landkreis Karlsruhe und Blaustein im Alb-Donau-Kreis. Ein finaler Bericht liegt voraussichtlich Ende des Jahres vor.

Das Projekt soll helfen, den Aufwand und die Kosten für mögliche Sanierungen privater Anlagen zur Grundstücksentwässerung besser abzuschätzen. Auch gilt es, die Bürger in die Entscheidungsprozesse und zu treffenden Maßnahmen mehr einzubinden. Kommunikation und Transparenz werden großgeschrieben. Auf dieser Basis wurde das Kooperationsmodell angewendet. Von der Projektsteuerung (DWA-BW) über die Kommunen und Behörden bis hin zu Ingenieurbüros, Inspektions- und Sanierungsfirmen: Alle Beteiligten standen im engen Kontakt und Informationsaustausch miteinander.

Uwe Heinemann, Dr. Gabriel Fink, Markus Dohmann, Tobias Rottmann (v. l., Foto: DWA)

Eine Erkenntnis des Projekts: Viele Hauseigentümer wissen gar nicht, dass sie für ihre Grundstücksentwässerung verantwortlich sind. Entsprechende Anlagen müssen regelmäßig gewartet werden. Nach dem baden-württembergischen Wassergesetz müssen Eigentümer oder Erbbauberechtigte von Grundstücken ihre privaten Hausanschlüsse zum Sammeln oder Fortleiten von Schmutz- und Abwasser durch fachkundiges Personal oder geeignete Stellen überprüfen lassen. Und das auf eigene Kosten. Falls erforderlich, sind sie auch für die Sanierung ihrer Abwasseranlagen verantwortlich. Schätzungsweise mehr als 70 Prozent der privaten Abwasserkanäle, die sich auf einer Länge von circa 150.000 Kilometern erstrecken, sind sanierungsbedürftig.

Änderungen bei den Regelwerken

Tobias Rottmann (Kasselwasser, Eigenbetrieb der Stadt Kassel) erklärte die Änderungen bei den Regelwerken DWA A-190 „Qualifikation von Unternehmen für Arbeiten an der Grundstücksentwässerung“ und dem DWA Themenband zum bundesweiten Entwässerungspass. Zielsetzung ist die Vereinheitlichung der Anforderungen an die Qualifikation von Unternehmen für Planung, Bau, Unterhalt, Sanierung und Prüfung von Grundstücksentwässerungen. Bezüglich Nachweispflicht und Dokumentation neu erstellter, auf ihren ordnungsgemäßen Zustand geprüfter oder sanierter Grundstücksentwässerungen gibt es bislang keine einheitlichen Regelungen. Unterschiedliche Landeswassergesetze, Verordnungen und Ortssatzungen erschweren die Vergleichbarkeit.

Anbindung von Hausanschlüssen

Uwe Heinemann, Konrad Zieglowski, Christian Baumann, Thomas Hohmann (v. l., Foto: DWA)

Markus Dohmann (Stadt Backnang) zeigte die verschiedenen Möglichkeiten zur Anbindung von Hausanschlüssen (mittels Abzweig, Anschlussformstück, Sattelstück und Schweißen) an den Hauptkanal sowie an Schlauchlinern auf. Die DIN EN 1610 und das Arbeitsblatt DWA-A 139 regeln hier die Anforderungen: Für die Anbindung sind vorzugsweise vorgefertigte Bauteile zu verwenden. Die Tragfähigkeit der Rohrleitungen darf nicht überschritten werden und Anbindungen müssen dauerhaft dicht sein. Anschlüsse dürfen nicht über die innere Oberfläche des Rohres hinausragen. Die Sohle der Anschlüsse sollte zwischen Kämpfer und Scheitel des Hauptrohres liegen und über dem Wasserspiegel bei Trockenwetter. Anschlusskanäle müssen so hergestellt und angeschlossen werden, dass sie Bewegungen aufnehmen können. Beanspruchungen aus dem zukünftigen Betrieb müssen berücksichtigt werden. Um die Anforderungen zu erfüllen, kann es nötig sein, die Rohrleitung im Bereich der Anschlüsse zu verstärken oder einen neuen Schacht zu erstellen.

Sanierungsprojekte

Christian Baumann (Stein Ingenieure GmbH, Leonberg) veranschaulichte die Sanierung in offener Bauweise des Regenrückhaltekanals Strohgäustraße. So erhielt Stuttgarts größter Stauraumkanal direkt vor den Werkstoren von Porsche eine neue Decke. Thomas Hohmann (Weber-Ingenieure GmbH, Pforzheim) schilderte die Umgestaltung des Abstellbahnhofs Stuttgart-Untertürkheim: Die Kanalunterquerungen der Gleisanlagen wurden rückgebaut und ein Ersatzkanal sowie neuer Regenüberlauf in den öffentlichen Straßenflächen geschaffen – unterirdischer Rohrvortrieb und offene Bauweise. Vorauseilende Maßnahmen wie die Erkundung von Baugrundhindernissen und eine engagierte Öffentlichkeitsarbeit sorgten hier für einen reibungslosen Ablauf.

Arbeitsschutz

„Wer von Ihnen hat für die standardisierten Tätigkeiten aller ihrer Mitarbeitenden eine Gefährdungsbeurteilung mit konkreten Vorgaben zur Gefahrenminimierung und wirksamen Schutzmaßnahmen?“, fragte Konrad Zieglowski (Wissenswerk Zieglowski, Renningen) in die Stuttgarter Runde. Sein Vortrag hatte rechtliche Grundlagen des Arbeitsschutzes und Verantwortlichkeiten zum Thema und lieferte Denkanstöße, wie sich Fehler vermeiden lassen.

Unternehmen und ihr Leistungsspektrum

Auf dem „Marktplatz der Aussteller“ nach der Mittagspause präsentierten die Unternehmen ball-b, EJ Deutschland, Hermes Technologie und Rehau Industries ihr Leistungsspektrum. ball-b bietet Köderschutzboxen für die gesetzeskonforme und erfolgreiche Rattenbekämpfung im Kanal und an der Oberfläche, die nicht in Kontakt mit (Ab)Wasser kommen. Zugangslösungen zu unterirdischen Infrastrukturen bilden das Kerngeschäft von EJ. Zur Hochwasservorsorge führt der Hersteller überflutungssichere Schachtabdeckungen im Sortiment. Wasserstress lässt sich vermeiden.

Hermes Technologie stellte „Kanaltec 4.0“ für den Fräsroboter vor. Das System ermöglicht die Sanierung gravierender Schäden mit starken Wassereinbrüchen und vorher nicht erkennbaren Hohlräumen. Unabhängig davon, ob sich ein Liner im Altrohr befindet oder die Rohranschlüsse aus Beton, Steinzeug und Stahl bestehen, können mit Kanaltec 4.0 Stutzen mit starkem Wassereintritt ohne Vorabdichtung bei Fremdwasser saniert werden.  

Ausstellerforum der 12. Stuttgarter Runde 2023 (Foto: DWA)

Rehau Industries informierte über sein „Awadock Liner“-Anschlusssystem an linersanierte Hauptrohre. Nach den Angaben des Herstellers gehen über 20 Prozent der Schäden im Kanalnetz auf defekte Anschlüsse zurück. Eine verheerende Folge ist einströmendes Fremdwasser. Oft ist es nicht mehr als Regenwasser, trotzdem muss jedes Fremdwasser gereinigt werden. Je mehr gereinigt werden muss, desto höher sind die Betriebskosten bei den Kläranlagen, die sich wiederum in höheren Abgabegebühren für den Endverbraucher niederschlagen. Awadock steht für ein dauerhaft dichtes Anschlusssystem.

Klebe-, Schweiß- oder Laminat-Verbindungen?

In der Kanalsanierung werden unterschiedliche thermoplastische und duroplastische Kunststoffe eingesetzt. Der Vortrag von Felix Strobel (Siebert + Knipschild GmbH, Haar bei München) ging auf das Fügen von Kunststoffrohren ein. Welcher Kunststoff eignet sich für dauerhaft dichte Klebe-, Schweiß- oder Laminat-Verbindungen? Überblickt wurden anhand von Beispielen auch das Muffen- und Stumpfschweißen und die DVS-Ausbildungslehrgänge zum Kunststoffschweißfachmann.

Krisenmanagement im Hochwasserfall

Markus Becker (Berthold Becker Büro für Ingenieur- und Tiefbau GmbH, Bad Neuenahr-Ahrweiler) erinnerte mit dramatischen Bildern an die Flutkatastrophe von 2021 in West- und Mitteleuropa. Die Schadensbeseitigung dauert bis heute an. Was haben Kanalnetzbetreiber daraus gelernt? Im Hochwasserfall ist Krisenmanagement gefragt!

Fehlerquellen bei der Kanalinspektion

Thomas Palaske (Ingenieurbüro Dörschel, Inning am Ammersee) befasste sich schließlich mit typischen Fehlerquellen bei der Kanalinspektion. Risikofaktoren bei der Bestandsaufnahme und Zustandserfassung für das Kanalinformationssystem (KiS) im Rahmen von Kanalinstandhaltungsarbeiten sind: der Mensch (Qualifikation, Erfahrung, Kenntnis der Regelwerke), die Vorgaben (Pläne, Objektlisten, Eintragungen, Leistungsverzeichnisse, Qualität der Filme/Auflösung und Dokumentations-Besonderheiten), die Technik (Zustand der Fahrzeuge, Stand der Technik, Ausrüstung, Software und Datensicherheit) und die Bedingungen vor Ort (Zugänglichkeit der Objekte, Regenereignisse/Wetter, Abwasserlenkung und Rückstau, Dimensionen, Bögen und Abmessungen, Hindernisse und Ablagerungen zum Beispiel durch Fräsarbeiten, Behinderungen durch andere Baustellen).

Der Vortrag zum Ausklang der 12. Stuttgarter Runde 2023 beleuchtete außerdem die Einsatzpotenziale, Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Kanalinspektion. Weitere Erfahrungsberichte werden noch zeigen, ob dafür Regelwerke erforderlich sind. Auch in der Kanalsanierungsbranche ist KI ein Thema.

Die 13. Stuttgarter Runde  findet am 11. April 2024 statt. Veranstalter der Fachtagungsreihe ist der DWA-Landesverband Baden-Württemberg in Partnerschaft mit der Landeshauptstadt Stuttgart.

Quelle: DWA

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