Um den drohenden Kollaps der hochwertigen Erfassung und Verwertung von Alttextilien und Altschuhen abzuwenden, legt der bvse-Fachverband Textilrecycling (FTR) konkrete Lösungsansätze in einem 7-Punkte-Positionspapier vor, und hat sich damit an Dr. Silke Karcher, Leiterin der Unterabteilung T II Kreislaufwirtschaft im Bundesumweltministerium und an den Umweltausschuss des Bundestages gewandt.
„Unser etabliertes System ist nicht nur alternativlos – es ist ein europäisches Vorbild. Ein Zusammenbruch wäre weder ökologisch noch ökonomisch verkraftbar und muss mit allen Mitteln verhindert werden“, warnt bvse-Vizepräsident und Vorsitzender des Fachverbands Textilrecycling, Stefan Voigt.
Das etablierte System der hochwertigen Erfassung und Verwertung von Alttextilien und Altschuhen in Deutschland ist alternativlos und beispielhaft in Europa. Es sorgt für die komfortable und hochwertige Erfassung und Verwertung von Alttextilien der Bürger. Hier werden im Jahr 2025 voraussichtlich circa 1,5 Millionen Tonnen Alttextilien erfasst.
Das System ist angeschlagen und vom Zusammenbruch bedroht. Diverse Insolvenzen von Dienstleistern sorgen bereits jetzt für Entsorgungsprobleme in vielen Regionen Deutschlands. Ein Kollaps des Systems ist sehr wahrscheinlich nicht zu reparieren und muss unter allen Umständen vermieden werden. Ein Zusammenbruch des Systems würde zu einem steilen Anstieg der thermisch zu entsorgenden Abfallmengen führen und enorme Kosten verursachen. Ein eklatanter Widerspruch zur gewünschten Umsetzung des geschlossenen Kreislaufs für Textilien und ein eklatanter Widerspruch zur gesetzlich vorgegebenen Vermeidung von Abfällen (siehe KrWG / §6).
„Ein Ersatz durch Rücknahmesysteme der Hersteller oder vereinzelte Abgabestellen in Wertstoffhöfen kann hier nur sehr wenig ausgleichen und nur einen Bruchteil der benötigten Sammelkapazitäten bereitstellen“, macht Voigt klar. Folgende Lösungsansätze schlägt der Fachverband Textilrecycling (FTR) vor, um einen bevorstehenden Kollaps der hochwertigen Erfassung und Verwertung von Alttextilien und Altschuhen zu verhindern:
1. Zuzahlungen für die Branche dringend nötig
Abgegrenzt von der zu erwartenden Einführung der erweiterten Herstellerverantwortung (EPR) für Textilien benötigt das seit Jahren bestens etablierte System der Altkleidererfassung und Verwertung eine sofortige Interimslösung einer finanziellen Unterstützung seitens des Staates. Die öffentlich rechtlichen Entsorgungsträger müssen umgehend der ihnen zugewiesenen Verantwortung für eine hochwertige Getrenntsammlung von Textilien gerecht werden und die erbrachten Leistungen der im System tätigen Unternehmen entsprechend vergüten. Die Zeitlinie bis zur Umsetzung einer EPR in Deutschland, die reell nicht vor 2027 / 2028 kommen wird ist ohne sofortige Unterstützung kaum überbrückbar!
2. Angemessene Bezahlung der Dienstleistung der Abfallentsorgung im Bereich der Alttextilien
Da ein Verwertungserlös für den Teil der tragbaren Textilien und Schuhe kaum noch zu erzielen ist und die Kosten für Erfassung der Textilien deutlich über dem aktuellen Marktpreis von Originalware liegen, muss der Aufwand für diese Dienstleistung entsprechend nachvollziehbar bezahlt werden, gegebenenfalls durch eine transparente Abrechnung der Dienstleistungskosten inklusive Entsorgungskosten nicht textiler Abfälle und einer transparenten Abrechnung der Erträge.
3. Priorisierung des Gesetzgebungsprozesses zur Einführung des EPR für Textilien und Schuhe
Keine weiteren Verzögerungen beim Start des Gesetzgebungsprozesses. Dieser muss unmittelbar erfolgen, noch vor der Sommerpause. Abhängig von einer notwendigen finanziellen „Sofortlösung“ wird die jetzige Sammelstruktur in Deutschland eine mögliche Wartezeit von bis zu 30 Monaten nicht überleben. Es ist notwendig kurzfristige Änderungen im Markt herbeizuführen da die weltweite Markt- und Kostenentwicklung die Branche überrollt.
4. Vertragliche, regelmäßige Preisanpassungen gemäß mittlerem EUWID
Durch diese „Indexbindung“ wären regelmäßige Preisanpassungen auch bei laufenden Verträgen möglich, sofern die Kosten für die Sammlung übernommen und im Gegenzug die Verwertungserlöse auf Basis des mittleren EUWID ausgeschüttet werden.
5. Möglichkeiten schaffen für kostenfreie Übernahme der Fehlwürfe und Störstoffe
Angesichts des permanent und drastisch steigenden Anteils an Fremdstoffen in und um den Containern ist dies zwingend notwendig. Der Anteil der nicht zu verwertenden Textilien und Schuhe in den Containern beträgt so schon annähernd 50 Prozent und belastet die ausführenden Unternehmen schon genug.
6. Gleichstellung aller Beteiligten im Sammel- und Verwertungssystem
Es darf keinerlei Bevorzugung von bestimmten Akteuren geben, wie beispielsweise kürzlich von verschiedenen Seiten für kommunale und karitative Akteure gefordert. Dies zerstört sicherlich das empfindliche Gesamtsystem und würde zu weiteren Insolvenzen gewerblicher Akteure führen, die den Großteil des Systems darstellen.
7. Deutliche Verbesserung der Bürgerinformation zur Abfallvermeidung durch den ÖrE und der Kommunen
Illegale Abfallentsorgung durch die Bürger hat ein Maß angenommen, welches für katastrophale Erscheinungsbilder in Kommunen führt. Hier muss durch deutlich bessere Aufklärungsarbeit, beispielsweise durch verbesserte Abfallratgeber, darauf hingewirkt werden, dass es an den Standorten der Sammelbehälter für Textilien zu weniger Missbrauch und Ablagerungen kommt.
Das Positionspapier des Fachverbands finden Sie hier zum Download.
Quelle: bvse