Geplante Neuregelung der EU-Altfahrzeugverordnung: Ab dem Jahr 2030 sollen bei neuen Fahrzeugen mindestens 25 Prozent aller Kunststoffbauteile aus Rezyklat bestehen – davon sollen wiederum mindestens 25 Prozent aus Altfahrzeugen stammen.
Haltegriffe, Kofferraumabdeckungen und Mittelkonsolen: Viele Fahrzeugteile sind aus Kunststoff gefertigt. Gegenüber Metall hat dies viele Vorteile – unter anderem ist Kunststoff deutlich leichter, was sich nicht zuletzt auf den Treibstoff- und Energieverbrauch von Autos positiv auswirkt. Die Entsorgung beziehungsweise die Rückführung von Kunststoffen in den Wertstoffkreislauf gestaltet sich jedoch deutlich schwieriger, nicht zuletzt, weil die einzelnen Fahrzeugteile aus unterschiedlich zusammengesetzten Kunststoffkomponenten bestehen.
Ein neues Forschungsvorhaben am IKK – Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik der Leibniz Universität Hannover (LUH) strebt unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Hans-Josef Endres erstmals einen Vergleich der gängigen Recyclingmethoden an. Die Volkswagenstiftung fördert das Projekt „Remotive – Zirkularität mit recycelten und biogenen Rohstoffen“ vier Jahre lang mit insgesamt 1,3 Millionen Euro. Projektpartner sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Institut für nachhaltige Chemie (INSC), Leuphana Universität Lüneburg, unter der Leitung von Prof. Dr. Klaus Kümmerer.
Aktualität gewinnt das Forschungsvorhaben zudem durch die Pläne der Europäischen Union zu einer Verordnung, die die Verwertung von Altfahrzeugen neu regeln soll. Demnach sollen ab dem Jahr 2030 bei neuen Fahrzeugen mindestens 25 Prozent aller Kunststoffbauteile aus Rezyklat bestehen – davon sollen wiederum mindestens 25 Prozent aus Altfahrzeugen stammen. Künftig bestehen also mehr als sechs Prozent aller Kunststoffbauteile eines Autos aus alten Automobilbauteilen.
Drei übergeordnete Verfahren im Vergleich
Beim Recycling von Kunststoffen gibt es drei übergeordnete Verfahren: die chemischen, die lösungsmittelbasierten und die mechanischen. Allen drei Recyclingmethoden ist gleich, dass die Kunststoffe vorher möglichst sortenrein getrennt werden müssen, um qualitativ hochwertiges Rezyklat zu erhalten. Dies ist vergleichsweise aufwendig, aber notwendig, denn viele Bauteile, wie etwa eine Mittelkonsole, bestehen nicht nur aus unterschiedlichen Kunststoffen, sondern aus vielen verschiedenen Kunststoffkomponenten und zusätzlich noch aus anderen Materialien wie Metall, Faserverbundwerkstoffen oder Klebstoff.
Da die Kunststoffe in Fahrzeugen meist schwarz sind, fällt eine Trennung per gängigem spektroskopischen Verfahren aus, denn aufgrund der eingesetzten Farbstoffe werden die Teile nicht richtig erfasst. Stattdessen ist eine Demontage von Hand notwendig, andernfalls kann es bei der Weiterverarbeitung leicht zu Schäden kommen – etwa durch metallische Kontaminationen wie Klammern, die das Spritzgießwerkzeug beschädigen, oder aber auch durch die giftigen Dämpfe, die entstehen können, wenn bestimmte Kunststoffe wie Polyvinylchlorid (PVC) bei höherer Temperatur zusammen mit anderen Kunststoffen verarbeitet werden.
„Remotive“ führt nun erstmals an automobilen Bauteilen einen Vergleich aller drei Recyclingmöglichkeiten durch, um unter anderem deren Effizienz und Effektivität, Umweltbilanz und Kosten gegenüberzustellen. Am IKK stehen mechanische Recyclingmethoden im Mittelpunkt, die im Wesentlichen auf der mehrstufigen Reinigung in einem Recycling-Extruder und anschließender Weiterverarbeitung des so entstandenen Granulats für Spritzgießanwendungen basieren.
Das Forschungsteam am INSC betrachtet nachhaltige und grüne Ansätze für chemische und lösungsmittelbasierte Verfahren. Das Ziel ist es, die Grenzen, Möglichkeiten und Synergien der Recyclingansätze zu untersuchen und daraus Erkenntnisse für ein funktionales Produktdesign abzuleiten, um in Zukunft ein optimiertes und nachhaltiges Recycling zu ermöglichen.
Weitere Informationen zum IKK gibt es unter: https://www.ikk.uni-hannover.de
Die Volkswagenstiftung fördert Remotive innerhalb des Profilbereichs Gesellschaftliche Transformation. In diesem Bereich geht es um Forschung, die mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung Wissensbestände zu Transformationsprozessen erweitert und kritisch reflektiert.
Quelle: Leibniz Universität Hannover