Die deutschen Unternehmen schauen pessimistischer auf das laufende Jahr. Die neue Konjunkturumfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, dass ein Viertel der Unternehmen eine sinkende Produktion erwartet. Im Bausektor überwiegen die schlechten Aussichten sogar – zudem wollen Unternehmen dort weniger investieren, der Personalbestand schrumpft.
Der Abwärtstrend in der deutschen Wirtschaft setzt sich fort: Die Belastungen durch die Corona-Pandemie, die unsichere geopolitische Lage infolge des Krieges in der Ukraine, steigende Energiekosten und allgemeine Preissteigerungen belasten deutsche Unternehmen weiterhin. Für die IW-Konjunkturumfrage wurden im Juni 2022 fast 2.300 Unternehmen aus ganz Deutschland befragt. Ein Viertel von ihnen rechnet in diesem Jahr damit, weniger zu produzieren als im Vorjahr. Zwar sind die Optimisten mit 37 Prozent immer noch in der Mehrheit, jedoch schrumpfte ihr Anteil seit dem Spätherbst 2021 um zwölf Prozentpunkte.
Die Bauwirtschaft im Tief, Personalmangel belastet Dienstleister, Industrie weiter in der Krise
In der Bauwirtschaft lag der Anteil der negativ gestimmten Unternehmen Ende 2021 bereits bei 20 Prozent. Nachdem ihr Anteil im Frühjahr 2022 schon auf 27 Prozent anstieg, liegt er jetzt bei 33 Prozent. Ihnen stehen nur noch 25 Prozent Optimisten gegenüber. Die Gründe sind vielfältig: Es fehlt Material, Rohstoffe und Energie werden immer teurer, es gibt kaum Personal. Die Bauwirtschaft droht, in eine Rezession abzurutschen. Auch bei den Dienstleistern verschlechtern sich die Aussichten: Die Zahl der Optimisten ging seit dem Spätherbst 2021 um fast 20 Prozentpunkte zurück. Auch sie leiden unter sehr hohen Preisen und dem Fachkräftemangel.
Aufgrund der unsicheren politischen Lage sank der Anteil der Optimisten in der Industrie zwischen Spätherbst 2021 und Frühjahr 2022 um acht Prozentpunkte, während sich die Pessimisten verdoppelten. Verglichen mit dem starken Einbruch im Frühjahr unmittelbar nach Ausbruch des Krieges erhöhte sich der Anteil der positiv gestimmten Unternehmen wieder um sieben Prozentpunkte. Wie im Frühjahr rechnen weiterhin 28 Prozent damit, in diesem Jahr weniger zu produzieren. Damit bleibt die Industrieproduktion auch in diesem Jahr deutlich unter dem Niveau vor Corona – und damit auch im Krisenmodus.
Der Süden liegt vorne, Nord-Ost mit Comeback
Unternehmen aus Bayern und dem Süd-Westen haben im regionalen Vergleich die besten Erwartungen – hier gab es durch die Autokrise vorweg auch hohe Belastungen. In Bayern erwarten 46 Prozent der Unternehmen eine steigende Produktion. Dahinter liegt der Nord-Osten mit Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Berlin. Weil diese Region viele wirtschaftliche Kontakte zu Russland und dem Ostseeraum hält, waren die dortigen Unternehmen in der Frühjahrsumfrage sehr pessimistisch gestimmt. Diese Ängste haben sich zurückgebildet und die Region liegt jetzt sogar leicht über dem bundesweiten Durchschnitt.
Unternehmen suchen Personal
Insgesamt wollen die meisten Unternehmen im Laufe des Jahres mehr Mitarbeiter beschäftigen – die Mehrheit im Bau rechnet derweil nicht damit, dass sie ihre Belegschaft aufstocken kann. Die von Personalmangel geplagten Dienstleister wollen dagegen deutlich mehr Menschen einstellen. In der Industrie blieben die Beschäftigungsaussichten ungefähr gleich. Massenentlassungen schließen die Unternehmen aus.
Investitionslücke weiter offen
Sorgen bereiten den IW-Forschern jedoch die Investitionspläne der Unternehmen. Zwar will die Mehrheit in diesem Jahr mehr investieren, jedoch geht ihr Anteil stetig zurück: In der Industrie sank er seit dem Frühjahr um neun Prozentpunkte. In der Bauwirtschaft rechnen 34 Prozent mit einem Rückgang bei ihren diesjährigen Investitionen, nur 20 Prozent planen, mehr zu investieren als im vergangenen Jahr. Nur der Dienstleistungssektor bleibt bei den Investitionsplänen stabil. „Die Investitionslücke, die während der Corona-Pandemie entstanden ist, wird in diesem Jahr nicht geschlossen“, sagt IW-Konjunkturexperte Michael Grömling. Das wird das künftige Wachstumspotenzial in Deutschland spürbar bremsen.
Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft