In der Europäischen Union sind dem Europäischen Rechnungshof (ERH) zufolge fast drei Millionen Standorte potenziell kontaminiert, hauptsächlich durch industrielle Tätigkeiten sowie durch Abfallbehandlung und -entsorgung. Zudem befinden sich sechs von zehn Oberflächengewässern wie Flüsse und Seen in keinem guten chemischen und ökologischen Zustand.
Dafür werden entgegen dem Verursacherprinzip, wonach die Verursacher die Kosten ihrer Verschmutzung tragen müssen, immer wieder Steuerzahler* zur Kasse gebeten. Das hat der Europäische Rechnungshof (ERH) in einem Bericht festgehalten, der in der Vorwoche veröffentlicht wurde. Die Prüfer betonen, dass dabei öffentliche Gelder – anstelle von Umweltverschmutzer – zur Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen wie Maßnahmen für Luftreinigung und die Beseitigung von Kontaminationen verwendet werden.
Hohe Kosten durch „verwaiste Verschmutzung“
Oft liege dem Bericht zufolge die Kontamination von Standorten so lange her, dass Verursacher nicht mehr existieren, nicht identifiziert oder haftbar gemacht werden können. Diese „verwaiste Verschmutzung“ ist einer der Gründe, warum die EU-Sanierungsprojekte finanzieren mussten, die von den Umweltverschmutzern hätten bezahlt werden müssen.
„Um die Green Deal-Ambitionen der EU effizient und fair umzusetzen, müssen Umweltverschmutzer für die von ihnen verursachten Umweltschäden aufkommen“, sagte Viorel Ștefan, das für den Bericht zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. „Allerdings sind die europäischen Steuerzahler bisher viel zu oft gezwungen, die Kosten zu tragen, welche die Verursacher hätten zahlen müssen.“
Das Verursacherprinzip ist eines der Schlüsselprinzipien der EU-Umweltgesetzgebung und -politik, wird jedoch uneinheitlich und in unterschiedlichem Ausmaß angewendet, wie die Prüfer festgestellt haben. Während die Richtlinie über Industrieemissionen die umweltschädlichsten Anlagen abdeckt, machen die meisten Mitgliedstaaten die Industrie immer noch nicht haftbar, wenn zulässige Emissionen Umweltschäden verursachen. Die aktuelle Richtlinie verlangt von der Industrie auch nicht, die Kosten der Folgen der Restverschmutzung in Höhe von mehreren Hundert Milliarden Euro zu tragen.
Öffentliche EU-Gelder gegen das Verursacherprinzip verwendet
Auch im Abfallrecht der EU ist das Verursacherprinzip verankert, beispielsweise durch die „erweiterte Herstellerverantwortung“. Die Prüfer stellten fest, dass häufig erhebliche öffentliche Investitionen erforderlich sind, um die Finanzierungslücke zu schließen. Auch werden öffentliche EU-Gelder gegen das Verursacherprinzip verwendet, beispielsweise wenn die Behörden in den Mitgliedstaaten es versäumt haben, Umweltvorschriften durchzusetzen und die Verursacher für die Schäden zahlen zu lassen. Zudem zahlen die Haushalte am meisten für Verschmutzungen des Wassers, obwohl sie nur Prozent des Wassers verbrauchen. Darüber hinaus sei laut dem ERH bei Verschmutzungen aus diffusen Quellen, insbesondere aus der Landwirtschaft, das Verursacherprinzip nach wie vor schwierig anzuwenden.
Bei unzureichender finanzieller Absicherung der Unternehmen wie durch eine Umwelthaftpflichtversicherung bestehe laut den Prüfern die Gefahr, dass die Kosten für die Umweltsanierung am Ende von den Steuerzahlern getragen werden. Bisher verlangen nur sieben Mitgliedstaaten (Tschechische Republik, Irland, Spanien, Italien, Polen, Portugal und die Slowakei) eine finanzielle Sicherheit für einige oder alle Umweltverbindlichkeiten. Auf EU-Ebene sind solche Garantien jedoch nicht verpflichtend, was in der Praxis dazu führt, dass die Steuerzahler bei Insolvenz eines Unternehmens, das Umweltschäden verursacht hat, einspringen und für die Sanierungskosten aufkommen müssen.
Ein erheblicher Teil des EU-Haushalts ist für die Erreichung der klima- und umweltbezogenen Ziele der Europäischen Union bestimmt. Im Zeitraum 2014 bis 2020 waren rund 29 Milliarden Euro aus der Kohäsionspolitik der EU und dem LIFE-Programm speziell auf den Umweltschutz ausgerichtet.
Quelle: EU Umweltbüro
*Wann immer das generische Maskulinum verwendet wird, dient dies lediglich der besseren Lesbarkeit. Gemeint sein können aber alle Geschlechter (Die Redaktion).