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Neue Verfahren für biobasierte Fett- und Acrylnitrile und Polyamide entwickelt

Hohe Ausbeuten, milde Reaktionsbedingungen, neue Produkteigenschaften: Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat über seinen Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) drei Vorhaben im Bereich „Grüne Chemie mit nachwachsenden Rohstoffen“ gefördert, die sehr vielversprechende Ergebnisse aufweisen.

In den Projekten wurden Verfahren zur Gewinnung von Fettnitrilen, Acrylnitrilen und Polyamiden entwickelt – drei Verbindungen, die als chemische Vorprodukte, als Textilfasern bzw. als Werkstoffe wirtschaftliche Bedeutung haben. Alle drei Verfahren weisen Vorteile gegenüber den bislang etablierten, konventionellen Syntheserouten auf: Sie können bei milderen Reaktionsbedingungen ablaufen, benötigen keine speziellen Aufreinigungsschritte oder Lösungsmittel oder wandeln die Ausgangsstoffe mit zum Teil sehr hohen Umsetzungsraten in die Zielprodukte um. In zwei der drei Vorhaben spielt die Biokatalyse mit Enzymen eine Schlüsselrolle. In allen drei Fällen stellen pflanzliche Rohstoffe die Ausgangsbasis dar und ersetzen die sonst üblichen petrochemischen Rohstoffe.

Die drei Projekte im Einzelnen:

Fettnitrile

Biokatalytische Verfahren haben bei der Herstellung von Basis- und Spezialchemikalien heute noch keine große Bedeutung. Dass sie hier durchaus Vorteile und wirtschaftliches Potenzial mitbringen können, zeigt das von der Universität Bielefeld entwickelte Verfahren zur Gewinnung von Fettnitrilen. Diese Vorprodukte benötigt man unter anderem zur Herstellung von Dispersionsmitteln, Emulgatoren und Schmierstoffen. Bereits 2011 lag der weltweite Fettnitril-Verbrauch bei 800.000 Tonnen. Die Bielefelder WissenschaftlerInnen gewannen die Zielverbindungen ausgehend von aus nachwachsenden Rohstoffen zugänglichen Fettaldehyden.

Nach deren Umsetzung mit der Bulkchemikalie Hydroxylamin setzten sie als Biokatalysator das Enzym Aldoximdehydratase (OxdB) ein. Das Verfahren ist das bislang Einzige, das bei milden Bedingungen (u. a. Raumtemperatur) und ohne Verwendung von toxischen Cyaniden eine ökonomische Produktion von Fettnitrilen erlaubt. Weitere Vorteile: Die Nutzung verschiedener Herstellungsrouten für die Fettaldehyde als Ausgangssubstanzen ermöglichen ein breites Produktspektrum an Fettnitrilen. Eine Aufreinigung der Zwischenstufen ist ebenso entbehrlich wie der Einsatz zusätzlicher Lösungsmittel. Besonders interessant gerade auch für eine perspektivische Nutzung in der Industrie ist die Effizienz des Verfahrens: Auch bei einer sehr hohen Substrat-Konzentration von 1,4 Kilogramm Aldoxim pro Liter Reaktionsmedium wurde das Substrat zu 93 Prozent zum gewünschten Produkt n-Oktannitril umgesetzt. Bei einer Substratbeladung von 655 Gramm pro Liter erzielten die Forscher eine Ausbeute von 97,5 Prozent.

Acrylnitrile

Ebenfalls auf Biokatalyse setzten die Dralon GmbH und die Enzymicals AG in einem gemeinsamen Projekt. Ihnen gelang die Herstellung von Acrylnitril aus nachwachsenden Rohstoffen und dessen Polymerisierung und Verspinnung zu Polyacrylnitril(PAN)-Fasern. Die Qualität der biobasierten PAN-Fasern war mit der von PAN-Fasern aus fossilen Rohstoffen weitgehend identisch, nur beim „Weißgrad nach Berger“ gab es noch leichte Unterschiede. Die im Projekt entwickelte Syntheseroute basiert auf bereits kommerziell eingesetztem Bio-Ethylenoxid. Auf einer der wenigen Synthesestufen zum Acrylnitril kamen enzymatische Biokatalysatoren aus der Klasse der Hydrolasen zum Einsatz. Vorteil des Verfahrens: Acrylnitril lässt sich auf diesem Syntheseweg, vermutlich auch ohne Lösungsmittel, mit einer sehr hohen Atomeffizienz, also nahezu ohne Nebenprodukte, aus den Ausgangsstoffen erzeugen. Das Hauptnebenprodukt ist Wasser, welches ohnehin im Gesamtprozess der Faserherstellung benötigt wird.

Dralon und Enzymicals suchen aktuell nach einem Partner für ein Konsortium, um das Verfahren wirtschaftlich zu bewerten und schrittweise vom technischen Labor- in den industriellen Maßstab zu skalieren. Der Partner müsste am Produktionsstandort idealerweise über die erforderlichen Sicherheitsstandards verfügen, um mit den entsprechenden Ausgangsstoffen im industriellen Maßstab arbeiten zu dürfen.

Polyamide

In einem dritten Vorhaben synthetisierten Forschende der beiden Fraunhofer-Institute für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik (IGB) und für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) mit 3-Carenlactam erfolgreich einen neuen biobasierten Monomer-Baustein für Polyamide. Die Polymerisation dieser Monomere führte zu Polyamiden mit ganz neuen thermischen Eigenschaften. Insbesondere die hohe Glasübergangstemperatur und der hohe Schmelzpunkt lassen einen Einsatz in thermisch hochbelasteten Bereichen und den Ersatz von Metall möglich erscheinen. Als Ausgangsstoff dienten Terpene, die als Reststoffe der Papierherstellung aus Holz in großer Menge anfallen.

Auch dieses neue Verfahren könnte im Hinblick auf seine Effizienz interessant für einen industriellen Einsatz sein. Denn es kann als sogenannte 1-Topf-Synthese in einem einfachen Rührkessel bei milden Temperaturen zwischen 15°C und 60°C ablaufen, anspruchsvolle Aufreinigungsschritte der Zwischenstufen sind nicht erforderlich. Die durchschnittliche Ausbeute über die vier chemischen Stufen und die Aufreinigung des Endproduktes lag bei 74 Prozent.

Alle drei Vorhaben wurden vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert. Die Abschlussberichte stehen auf www.fnr.de zur Verfügung.

Quelle: Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V.

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