Müll ist überall: als gigantischer Strudel im Pazifik, Feinstaub in der Luft und Mikroplastik in der Nahrungskette. Die Gruppenausstellung „Zero Waste“ zeigt internationale Positionen zeitgenössischer Kunst, die auf die Dringlichkeit verweisen, Ressourcen zu schonen, weniger zu konsumieren und nachhaltiger zu leben.
In Installationen, Videos, Skulpturen und Fotografien untersuchen die beteiligten Künstlerinnen und Künstler globale Konsequenzen von Plastikverpackungen, Reifenabrieb, giftigen Chemikalien und Überproduktion. „Zero Waste“ wird realisiert vom Umweltbundesamt in Kooperation mit dem MdbK und kuratiert von Hannah Beck-Mannagetta und Lena Fließbach.
Täglich verwehen Fetzen der als „mar de plástico“ bekannten Gemüseplantagen in Südspanien ins Meer; Raul Walch dienen sie als Forschungsobjekt und Material für sein raumgreifendes Mobile. Während Erik Sturm aus dem Feinstaub, den er von Fensterbänken stark befahrener Straßen kratzt, Farbe herstellt, macht Vibha Galhotra die massive Luftverschmutzung in New Delhi als „Black Cloud“, einer Wolke aus schwarzen Papierdrachen, sowie in performativen Fotografien und Videos sichtbar. Dani Ploeger experimentiert in seinem Labor mit Stresstestmaschinen und stellt den von Herstellern frühzeitig herbeigeführten Alterungsprozess elektronischer High-Tech-Geräte bloß.
Allgegenwärtige Wegwerfprodukte und Reinigungsmittel verarbeitet Eliana Heredia zu einer grafisch anmutenden Installation. Mit seinen großformatigen Fotografien untersucht Tue Greenfort Feuer in Müllverbrennungsanlagen. Die Leipziger Künstlerin Klara Meinhardt gießt Styroporverpackungen von Haushaltsgeräten in Beton ab. Die Nachhaltigkeit von Kleiderspenden stellt Christoph Medicus mit seiner interaktiven Installation infrage. Nadine Fecht präsentiert sowohl großformatige Zeichnungen, in denen ganz subtil täglicher Großstadtmüll auftaucht, als auch eine ortsspezifische Installation, die aus den Griffverstärkungen von Plastiktüten besteht.
Die Videoarbeit des Künstlerduos Irwan Ahmett und Tita Salina zeigt, wie ein Motorradkonvoi mit gelben Trauerfahnen einen kleinen Fisch aus einem vermüllten Gewässer in Jakarta in einen kristallklaren Fluss überführt. Wolf von Kries fotografiert im Winter „Konglomerate“, die von Autos abfallen und aus Benzin, Schmutz und gefrorenem Wasser bestehen, oder knüpft seinen Tascheninhalt aus Kleinstmüll wie Bonbonpapier oder Eintrittskarten am Ende jeden Tages zu einer stetig wachsenden Kette. Wie sich vier Passagiere mit einen alten Buick, dem zuvor Motor, Elektronik und Getriebe entnommen wurden, mit einem eingebauten Pedalsystem abgasfrei vorwärtsbewegen, zeigt Michel de Broins Videodokumentation.
Dem internationalen Lebensmittelhandel, in dem ein Apfel vom anderen Ende der Welt günstiger angeboten werden kann als vom Bauern um die Ecke, nimmt sich der junge südafrikanische Fotograf Alexander Oelofse ebenso an wie der Verschmutzung der Weltmeere. In ihren grotesk-verstörenden Videoarbeiten prangert Mika Rottenberg die Arbeitsbedingungen innerhalb globaler Produktionsketten an und verzichtet in der Ausstellung bewusst auf die materialaufwendigen Inszenierungen ihrer filmischen Installationen.
Das brasilianisch-kanadische Künstlerduo Chico Togni und Kadija de Paula arbeitet für seine „Zero Waste“-Küche, gebaut aus im Museum vorgefundenen und recycelten Materialien, mit lokal produzierten und „geretteten“ Lebensmitteln. Swaantje Güntzel beschäftigt sich mit Weichmachern in unserem Blut, den an Plastikspielzeug und Kunststoffkleinteilen verendeten Albatrossen sowie den Folgen von Mikroplastik in kosmetischen Produkten.
Mit der Virtual Reality-Brille werden die Betrachter von Bianca Kennedy und The Swan Collectives‘ interaktivem Film zu Insekten – der bevorzugten und als nachhaltig angepriesenen Nahrungsquelle der Menschen in diesem Zukunftsszenario. Der Protest gegen eine rein auf Gewinnmaximierung und Wachstum ausgerichtete Wirtschaft wie auch gegen die maßlose Ressourcenverschwendung auf Kosten von Umwelt und Klima wird immer lauter. Gleichzeitig gibt es eine Bewegung hin zu einer minimalistischen Lebensweise, bewusster Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit.
Nicht nur ein kritischer Blick auf den Zustand der Erde
Ob Re- und Upcycling, das eigene Konsumverhalten, neue Technologien oder schlicht Müllvermeidung: Die Ausstellung möchte nicht nur einen kritischen Blick auf den aktuellen Zustand unserer Erde werfen, sondern Lösungsansätze diskutieren, zu alternativen Handlungsmöglichkeiten anregen und Visionen für die Zukunft entwerfen.
Mittels selbst auferlegter klimafreundlicher Regeln hinterfragt das Projekt auch den verschwenderischen Umgang mit Ressourcen in der Kunstwelt sowie den CO2-Fußabdruck dieser Ausstellung. So vermeidet „Zero Waste“ materialaufwendige Installationen, Transporte und Reisen über weite Distanzen für kurze Aufenthalte und kooperiert mit lokalen Akteuren. Der Erlös des zur Ausstellung erscheinenden Katalogs mit Installationsansichten fließt gänzlich in den Versuch von Andreas Greiner, die CO2-Produktion der Ausstellung zu berechnen und durch das Pflanzen entsprechend vieler Bäume zu kompensieren.
„Zero Waste“ präsentiert Arbeiten von Irwan Ahmett & Tita Salina, Michel de Broin, Nadine Fecht, Vibha Galhotra, Tue Greenfort, Andreas Greiner, Swaantje Güntzel, Eliana Heredia, Bianca Kennedy & The Swan Collective, Wolf von Kries, Christoph Medicus, Klara Meinhardt, Alexander Oelofse, Kadija de Paula & Chico Togni, Dani Ploeger, Mika Rottenberg, Erik Sturm und Raul Walch.
Begleitprogramm
„Zero Waste“ wird von einem umfangreichen Veranstaltungsprogramm mit Aktivisten und Wissenschaftlern begleitet. Dialogische Führungen mit Experten unterschiedlicher Fachgebiete und eine Filmvorführung mit Diskussion erweitern die Ausstellung ebenso wie das interaktive „Black-Cloud“-Drachenfliegen von Vibha Galhotra, die „Zero Waste“-Küche von Kadija de Paula und Chico Togni sowie DIY-Workshops und Repair Cafés mit lokalen Partnern für Kinder und Erwachsene. Das Programm wird ergänzend mit freundlicher Unterstützung des Fonds Soziokultur e.V. realisiert.
Kunst und Umwelt
Das Ausstellungsprojekt realisiert das Umweltbundesamt innerhalb seiner Programmreihe „Kunst und Umwelt“ und in Kooperation mit dem Museum der bildenden Künste Leipzig. Wie können und wollen wir in Zukunft leben, ohne unsere Lebensgrundlage zu zerstören? Wie können wir lernen, neue Wege zu denken? Und wie kommen wir vom Wissen zum Handeln? Kunst und Kultur können einen wesentlichen Beitrag zum gesellschaftlichen Verständigungsprozess über Zukunftschancen und nachhaltige Entwicklung in unserer Gesellschaft leisten. Seit Mitte der achtziger Jahre pflegt das Umweltbundesamt mittels der Reihe „Kunst und Umwelt“ den Dialog mit Kunstschaffenden. Diskussionsrunden, geführte Rundgänge, Künstlergespräche und Workshops für die Öffentlichkeit und die Mitarbeitenden runden das Angebot ab. Kooperationen mit Kultureinrichtungen werden eingegangen und gepflegt.
Presserundgang: Donnerstag, 26.03.2020, 11 Uhr
Eröffnung: Donnerstag, 26.03.2020, 18 Uhr
Öffnungszeiten und Eintritt
Di und Do-So 10-18 Uhr, Mi 12-20 Uhr, Mo geschlossen
Feiertage 10-18 Uhr (auch Oster- und Pfingstmontag)
Tagesticket 10 € /ermäßigt 7 €
bis zum vollendeten 19. Lebensjahr Eintritt frei
am 1. Mittwoch im Monat Eintritt frei
Kontakt und Informationen
Museum der bildenden Künste Leipzig
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel. 0 341 216 999 42, mdbk@leipzig.de
Quelle: Umweltbundesamt