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E-Scooter leisten momentan keinen Beitrag zur Verkehrswende

Elektrische Tretroller, wie sie aktuell in Innenstädten zum Verleih angeboten werden, sind zurzeit kein Gewinn für die Umwelt: Erste Zahlen zeigen, dass sie oft den umweltfreundlicheren Fuß- und Radverkehr ersetzen. Zudem ist die Lebensdauer der Leih-Roller und Akkus offenbar gering. Dabei haben die Roller durchaus das Potenzial, Mobilität nachhaltiger zu machen: wenn sie Autofahrten ersetzen.

Aktuelles Fazit des UBA (Auszug):

E-Scooter, auch E-Stehroller oder E-Tretroller genannt, sind seit Juni 2019 in Deutschland für den Straßenverkehr zugelassen und etwa im Berliner Stadtzentrum bereits zahlreich als Leihfahrzeuge verschiedener Anbieter anzutreffen. Erste Erkenntnisse, wie die Roller genutzt werden und wie umweltfreundlich sie sind, hat das Umweltbundesamt (UBA) auf seiner Website zusammengestellt. Dazu Informationen über die Entsorgung und Empfehlungen, worauf Kommunen bei der Zulassung von Verleih-E-Scootern achten sollten.

Ein Fazit: Als Leihfahrzeug in Innenstädten, wo ÖPNV-Netze gut ausgebaut und die kurzen Wege gut per Fuß & Fahrrad zurückzulegen sind, bringen die Roller eher Nachteile für die Umwelt – und drohen als zusätzlicher Nutzer der bereits unzureichend ausgebauten Infrastruktur das Zufußgehen und Fahrradfahren unattraktiver zu machen. E-Scooter sind nur dann umweltfreundlich, wenn sie Auto- oder Motorrad-Fahrten ersetzen und keine weiteren zusätzlichen Fahrten mit kraftstoffbetriebenen Fahrzeugen stattfinden. Wird der E-Scooter anstatt der eigenen Füße oder des Fahrrades benutzt, ist das schlecht für Umwelt und Gesundheit.

Wie umweltfreundlich sind die Akkus der E-Scooter?

Größtenteils handelt es sich bei den Akkus in E-Scootern um Lithium-Ionen-Akkus. Vor allem aufgrund ihrer hohen Energiedichte werden diese beispielsweise auch für den Antrieb von E-Bikes/Pedelecs oder Elektro-Pkw genutzt. Akkus dieser Art können Kobalt, Nickel, Kupfer, Aluminium und andere teilweise kritische Rohstoffe enthalten, deren Abbau häufig mit Belastungen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt einhergeht. Der Abbau von Kobalt in Afrika und Lithium in Südamerika erfolgt nicht immer umwelt- und menschengerecht. In den nächsten Monaten wird das UBA im Rahmen der Vorhaben ÖkoRess II und KlimRess 15 detaillierte Fallstudien veröffentlichen, darunter eine zum Lithiumabbau in Chile und eine zum Kobaltbergbau in der DR Kongo.

Eine UBA-Fallstudie zu Lithium zeigt, dass das Hauptumweltproblem bei der Lithiumgewinnung aus Salaren (Salzseen) der Wasserverbrauch durch die offene Verdunstung in Becken ist. Diese Problematik wird auch in einem „Policy-Brief“ zu Lithium und Kobalt aus dem EU-Projekt „Strade“ beschrieben. Allerdings wird derzeit intensiv an Wasserrückgewinnungstechnologien für die Lithiumgewinnung gearbeitet, wodurch die Umweltauswirkungen reduziert werden können.

Die UBA-Fallstudie zum Kobaltbergbau zeigt schwerwiegende negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt: von der Kontamination von Grund- und Oberflächenwasser mit Chemikalien und Schwermetallen, über Wassernutzungskonkurrenzen mit lokalen Gemeinden, bis hin zu Emissionen von kontaminierten Stäuben in die Luft. Diese Umweltwirkungen haben zu gesundheitlichen Auswirkungen bei den Bergbauarbeitern, lokalen Gemeinden und Schäden an Ökosystemen (z. B. Fischsterben) geführt, was auch zum Verlust von Einkommens- und Versorgungsmöglichkeiten (Fischerei) geführt hat. Neben den Umweltwirkungen beschreibt der „Strade Policy Brief“ auch direkte negative Wirkungen des Kobaltbergbaus auf die Menschen, zum Beispiel kommt es bei der Kobaltgewinnung im Kleinbergbau auch zu Kinderarbeit.

Aufgrund der hohen Umweltrelevanz der Akkuherstellung ist die Lebensdauer des Akkus für die Klima- und Umweltwirkungen des E-Scooters ein entscheidender Parameter: Eine lange Lebensdauer des E-Scooters und seines Akkus verringert die Umweltauswirkungen pro gefahrenem Kilometer. Wird das Ende der Nutzungsphase erreicht, kann die Lebensdauer der Akkus möglicherweise durch eine weitere Nutzung in stationären Energiespeicher-Anwendungen verlängert werden (Second Life-Konzepte). Am Ende der Lebensdauer müssen alle Akkus dem Recycling zugeführt werden – beispielsweise über Sammelstellen. Mit der Rückgewinnung dieser Stoffe kann unter anderem die umweltbelastende Primärgewinnung vieler Rohstoffe reduziert werden.

Wenn E-Scooter reell Pkw-Fahrten ersetzen, werden die sonst durch das Auto verursachten CO2-Emissionen und Luftschadstoffe vermieden. Für die Herstellung des E-Scooters und des Akkus müssen jedoch auch die dabei entstehenden Emissionen in die Gesamtrechnung einbezogen werden. Für E-Scooter-Akkus liegen dazu noch keine spezifischen Berechnungen vor, aber Zahlen für Pedelec-Akkus können hier einen ersten Ansatz liefern: Bei der Herstellung eines durchschnittlichen Pedelec-Akkus entstehen circa 27,5 bis 37,5 Kilogramm CO2-Emissionen. Für 100 Kilometer mit dem Pkw muss man durchschnittlich 19,7 Kilogramm CO2-Emissionen ansetzen. Das heißt vereinfacht gerechnet, dass bereits nach durchschnittlich 165 Kilometer die CO2-Emissionen der Akku-Herstellung beglichen sind, wenn statt dem Pkw ein Pedelec benutzt wird.

Noch ist unklar, wie viele Pkw-Kilometer durch die Aktivitäten der sogenannten „Juicer“ entstehen, die die E-Scooter nachts mit Pkw oder Kleintransportern zum Aufladen zu Ladepunkten transportieren. Nur wenn E-Scooter nicht mehr zusätzliche Wege mit Benziner- oder Diesel-betriebenen Fahrzeugen generieren als sie bei ihrer Nutzung einsparen, können sie überhaupt als umweltfreundlich bezeichnet werden. Allerdings gibt es erste Ansätze, bei denen die Verleiher planen, ihre Roller mit austauschbaren Akkus auszustatten, sodass nicht mehr der gesamte E-Scooter zum Aufladen bewegt werden muss. Der Ursprung des Stromes ist für die Umweltbilanz des Rollers weniger entscheidend, viel mehr sind Herstellung und Lebensdauer wesentlich. Natürlich ist Strom aus regenerativen Quellen zu bevorzugen.

Wie sind E-Scooter und ihre Akkus richtig zu entsorgen?

E-Scooter fallen als Elektrogeräte grundsätzlich in den Anwendungsbereich des „Gesetzes über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten“ (ElektroG), welches Hersteller schon vor dem Inverkehrbringen dazu verpflichtet, die E-Scooter bei der stiftung elektro-altgeräte register (stiftung ear) zu registrieren. Dadurch wird unter anderem die Finanzierung der späteren Entsorgung der Elektroaltgeräte sichergestellt.

Nach dem ElektroG haben Besitzer von Elektroaltgeräten diese einer getrennten Erfassung zuzuführen und dürfen sie nicht über den Hausmüll entsorgen. Altgeräte aus privaten Haushalten können kostenlos an den kommunalen Sammelstellen (z. B. Wertstoffhöfe) abgegeben werden. Einige Kommunen bieten auch eine kostenlose sperrmüllbegleitende Altgeräteabholung an. Auch bei großen Händlern, etwa Elektromärkten, können alte E-Scooter – mindestens beim Neukauf eines Gerätes der gleichen Geräteart – kostenlos zurückgegeben werden. Bei Verleihern von E-Scootern sind grundsätzlich die Hersteller verpflichtet, zumutbare Möglichkeiten zur Rücknahme zu schaffen und diese im Anschluss ordnungsgemäß zu entsorgen. Verbraucher sollten den Akku vor der Entsorgung des E-Scooters herausnehmen, wenn er einfach zu entnehmen ist, und ihn in die Altbatteriesammlung geben. Denn vor allem lithiumhaltige Batterien, die noch im Gerät sind oder beispielsweise falsch im Restmüll oder auf dem Schrottplatz entsorgt wurden, können sich verstärkt am Ende ihrer Lebensdauer aufgrund von Defekten entzünden und einen Brand auslösen.

Das UBA warnt davor, ausgediente E-Scooter an gewerbliche Sammler abzugeben (z. B. Schrottsammler und -händler, welche oft mit Postwurfsendungen werben). Diese sind nicht zur Elektroaltgeräte-Sammlung und Rücknahme berechtigt. Es besteht unter anderem die Gefahr, dass die Altgeräte am Lebensdauerende nicht umweltgerecht entsorgt werden. Ausgediente Akkus von E-Scootern werden kostenfrei und unabhängig von Marke und Bauform von den Vertreibern (Händlern) zurückgenommen, die Industriebatterien in ihrem Sortiment führen. Beispielsweise kann das der Händler von E-Scootern oder E-Bikes/ Pedelecs sein, sofern er Ersatz-Akkus für die Roller beziehungsweise E-Bikes/ Pedelecs vertreibt. Auch ausgewählte kommunale Sammelstellen nehmen Industriebatterien kostenfrei zurück. Sofern der komplette E-Scooter entsorgt werden soll, sollte der Akku – soweit möglich – vorher entnommen werden, um ihn separat erfassen zu können.

Wenn die E-Scooter ordnungsgemäß zur Entsorgung abgegeben werden, werden sie umweltgerecht in zertifizierten Erstbehandlungsanlagen behandelt. Dabei werden unter anderem die noch enthaltenen Akkus entnommen. Speziell im Bereich des Recyclings von lithiumhaltigen Altbatterien sind in Deutschland aktuell sechs Unternehmen tätig.

Das vollständige UBA-Fazit

Quelle: Umweltbundesamt

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