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Fahrzeugreifen vom Butterblumen-Acker

Vergangenes Wochenende informierte sich Alois Rainer, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Heimat, im Landkreis Straubing-Bogen über Züchtung und Anbau von Löwenzahn (Taraxacum koksaghyz) zur Gewinnung von Kautschuk.

Löwenzahnkautschuk gilt als vielversprechende heimische Alternative zum bislang importierten Kautschuk aus tropischen Gummibäumen. Das Naturprodukt ist unverzichtbar für die Herstellung stoßfester, flexibler und haltbarer Reifen für Flug- und Fahrzeuge. Kautschuk kommt außerdem in Medizinprodukten, Haushalts- und Alltagsgegenständen und für technische Zwecke in Industrie und Bauwesen zum Einsatz.

Bei seinem Besuch in der Gemeinde Parkstetten sagte Bundesminister Rainer: „Kautschuk aus Löwenzahn ist auf dem Weg, ein relevanter, nachhaltiger Rohstoff für die Kautschukindustrie und ein Ersatz für den Kautschuk aus tropischen Gummibäumen zu werden. Wenn wir die heimische Produktion ausbauen können, ist das gut für unseren Wirtschaftsstandort und unsere Landwirtschaft. Deshalb unterstützt mein Haus entsprechende Forschungsprojekte.“

Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (links) im Gespräch mit Dr. Fred Eickmeyer (Eskusa GmbH, Foto: FNR/Andreas Schütte)

Der in Parkstetten ansässige, auf Züchtung und Vermehrung von Sonderkulturen spezialisierte Pflanzenzuchtbetrieb Eskusa arbeitet zusammen mit der Universität Münster, dem Julius Kühn-Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen (JKI) und dem Biotechnologieunternehmen ScreenSYS GmbH an der Weiterentwicklung der Wildpflanze Löwenzahn zum nachwachsenden Industrierohstoff. Bis 2026 wollen die vier Projektpartner im Verbundvorhaben Takowind IV basierend auf ihren seit 2012 gewonnenen Forschungs- und Praxiserfahrungen die Anbau-, Züchtungs- und Vermehrungsverfahren leistungsstarker Löwenzahnkreuzungen deutlich vorantreiben. Ihr Ziel ist die Gewinnung und Vermarktung von Löwenzahnkautschuk in großem Stil. Die Arbeiten erfolgen in enger Kooperation mit der Continental GmbH.

Aktuell liegt der Kautschuk-Ertrag pro Hektar bei circa 150 Kilogramm, wie Eskusa-Gründer und Betriebsleiter Dr. Fred Eickmeyer berichtet. „Wirtschaftlich interessant wird der Anbau, wenn wir einen Ertrag von 1.000 Kilogramm Kautschuk pro Hektar erzielen. Wir sind optimistisch, dass wir dieses Ziel in absehbarer Zeit erreichen. Zu den bisherigen züchterischen Erfolgen gehört ein von drei auf 16 Prozent gesteigerter Kautschuk-Gehalt in der Löwenzahnwurze.“

Hintergrund:

Die weltweite Jahresproduktion von Naturkautschuk lag im Jahr 2022 bei 14,5 Millionen Tonnen. Hauptproduzenten sind Indonesien und Malaysia, die zusammen circa 80 Prozent der Weltjahresproduktion liefern. Die bislang einzige zur Verfügung stehende Rohstoffpflanze ist der Kautschukbaum (Hevea brasiliensis), dessen Anbau (nach Totalausfall in Brasilien) in Südostasien mit der Rodung von Regenwald, hohem Wasserverbrauch und dem Verlust von Artenvielfalt einhergeht. Innerhalb der geklonten Monokulturen bestehen hohe Krankheitsrisiken aufgrund geringer genetischer Varianz.

Derzeit wird in Deutschland auf circa 60-Hektar-Versuchsfläche Löwenzahn angebaut. Der Großteil der Flächen verteilt sich um das Forschungszentrum Taraxagum-Lab in Mecklenburg-Vorpommern; weitere befinden sich in Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Bayern. Der Reifenhersteller Continental GmbH hat Methoden zur Extraktion und Aufarbeitung des Löwenzahn-Kautschuks entwickelt und Prototypen eines Autoreifens produziert. Fahrradreifen konnten bereits in einer Kleinserie hergestellt werden.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium fördert die Entwicklung von Löwenzahnkautschuk seit 2012 über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR). In vier Projektphasen des Takowind-Vorhabens arbeitet ein Konsortium mit großem Fachwissen und umfassendem Forschungsansatz an der praxisorientierten Etablierung der Löwenzahn-Produktion.

Ein kleines Rechenexempel: Ein Autoreifen mit einem Gewicht von 10 Kilogramm enthält 2 Kilogramm Naturkautschuk. Aus 1.000 Kilogramm Löwenzahnkautschuk (dem angestrebten Ertrag von einem Hektar Anbaufläche) lassen sich demnach 500 Autoreifen herstellen.

Quelle: FNR

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