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Deutschland drohen die Unternehmer auszugehen

DIHK-Report zeigt: Lücke in der Nachfolge seit 2019 fast verdoppelt.

Der Erhebung zufolge, die auf mehr als 50.000 persönlichen Kontakten, Beratungs- und Informationsgesprächen der Industrie- und Handelskammern (IHKs) beruht, sind passende Nachfolger* insgesamt Mangelware: Seit dem Vorkrisenjahr 2019 hat sich die Lücke zwischen Altinhabern und potenziellen Nachfolgern fast verdoppelt. Aktuell besteht sogar die Gefahr, dass mehr als die Hälfte der Nachfolgesuchen erfolglos bleiben.

In den Beratungen der IHKs stehen deutschlandweit gut 9.600 fortzuführenden Unternehmen lediglich 4.000 Interessenten gegenüber. Mehr als ein Viertel der betroffenen Unternehmer denkt bereits an eine komplette Schließung. Hochgerechnet stehen demnach in den nächsten zehn Jahren bis zu 250.000 Betriebe auf der Kippe.

Wirtschaftliche Basis bricht weg

„Dabei geht es auch um Tausende gesunde, erfolgreiche Unternehmen. Das macht mich besonders betroffen“, sagt DIHK-Präsident Peter Adrian anlässlich der Vorstellung des Reports. „In Deutschland bricht uns damit immer mehr von unserer wirtschaftlichen Basis weg“, warnt er. „Das können wir uns nicht leisten. Wir verlieren dadurch Innovationsimpulse und Wachstumskraft. Wir müssen endlich das Ruder herumreißen, damit Unternehmertum wieder attraktiv wird.“

Im Gastgewerbe und im Handel ist die Lage besonders angespannt. Hier übersteigt das Angebot an Unternehmen die Nachfrage sogar um mehr als das Dreifache, in der Verkehrsbranche sogar um das Vierfache. Aber auch bei den Dienstleistern und in der IT-Branche sind gut doppelt so viele Unternehmen im Angebot, wie sich Interessenten in der IHK-Beratung melden.

Werden keine Nachfolger gefunden, gehen die negativen Folgen häufig deutlich über den Betrieb hinaus: Verschwindet ein Industriebetrieb mit Spezialangeboten in Ermangelung eines Nachfolgers vom Markt, kann darunter eine ganze Wertschöpfungskette leiden. Etliche IHKs sehen durch die schwierige Situation in Handel und Gastgewerbe die Gefahr von immer mehr Leerständen und verwaisten Lagen in Innenstädten. Und wenn etwa ein eigentlich gut gehender Gasthof auf dem Lande schließt, geht auch ein Ort der Begegnung verloren. Durch das Wegbrechen solcher Strukturen kann am Ende die Standortqualität einer ganzen Region leiden.

Rezession hinterlässt Spuren

Eine große Rolle für die Nachfolgeprobleme spielt die demografische Entwicklung in Deutschland. Allerdings lässt sich damit allein die immer größere Übernahmelücke nicht erklären. Mittlerweile mehr als zwei Jahre Rezession hinterlassen immer deutlicher ihre Spuren auch im Mittelstand. Die schleppende Konjunktur und ein schwieriges Geschäftsumfeld machen es den Unternehmen vielfach schwieriger, Nachfolgende zu finden. Höhere Preise für Energie, Beschäftigte und Rohstoffe treiben die Gesamtkosten.

Hinzu kommen steigende Belastungen durch komplizierte Regelungen und Bürokratie und die Verunsicherung über die wirtschaftliche Zukunft. Und: Der Mangel an Fachkräften erschwert nicht nur die Neuausrichtung von Unternehmen, er macht es auch für eigentlich geeignete Nachfolge-Interessierte einfacher, gute Konditionen in risikoärmeren Arbeitnehmertätigkeiten auszuhandeln.

IHK-Engagement wirkt

Perspektivisch gibt es einen Hoffnungsschimmer. Das intensive Engagement der IHKs vor Ort lohnt sich. Es kommen zuletzt wieder etwas mehr Interessenten für eine Unternehmensübernahme in die Beratung. Die IHKs berichteten zudem vermehrt von Nachfolgekandidaten aus der Industrie, die aktuell eine Alternative zum Angestelltenverhältnis in krisengeplagten Branchen suchen. „Das alles kann jedoch gute wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen als Push-Faktoren für Unternehmertum in unserem Land nicht ersetzen“, betont Peter Adrian.

Die Weichen richtig stellen

Der DIHK-Präsident plädiert zudem dafür, unmittelbar bei den Prozessen zur Unternehmensnachfolge anzusetzen. „Wer ein Unternehmen übernimmt, braucht Zeit für den Betrieb, Geschäftspartner und Kunden. Daher müssen alle mit der Unternehmensnachfolge verbundenen Regelungen und Verwaltungsprozesse so einfach wie möglich sein.“

Künftig sollten „beide Seiten den Betriebsübergang nur noch bei einer einzigen staatlichen Stelle anzeigen müssen“, so sein Vorschlag. „Auch für bauliche Veränderungen und die Weiternutzung von Kunden- und Lieferantendaten brauchen wir praxisgerechte, einfache Lösungen.“

Und: „Ein befristeter genereller Bestandsschutz bei gerade übernommen Unternehmen – analog zur Idee von ‚Gründerschutzzonen‘ – würde an vielen Stellen helfen“, ist der DIHK-Präsident sicher. „Dann kann sich die Neuinhaberin beziehungsweise der Neuinhaber erst einmal ganz auf die Neuausrichtung des Unternehmens konzentrieren, anstatt sich um einen Wust an Genehmigungen, Neukonzessionierungen und Bauanträgen zu kümmern.“

Den kompletten Report gibt es hier zum Download.

Quelle: DIHK

*Wann immer das generische Maskulinum verwendet wird, dient dies ausschließlich der besseren Lesbarkeit. Gemeint sein können aber alle Geschlechter (Die Redaktion).
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