„Sogenanntes Bio-Plastik täuscht Verbraucher*innen. Es hat keinen ökologischen Mehrwert und sollte insbesondere im Verpackungsbereich vermieden werden.“ Zu diesem Ergebnis kommt der Arbeitskreis Abfall und Rohstoffe des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in seinem neu veröffentlichten Papier zu Biokunststoffen.
Anders als es das Bio-Label nahelegt, habe Plastik aus nachwachsenden Rohstoffen nichts mit Bio-Lebensmitteln zu tun. Die Ökobilanz sei nicht besser als bei herkömmlichen Kunststoffen. „’Bio‘ bedeutet, dass diese Verpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais oder Zuckerrohr hergestellt wurden oder, dass sie theoretisch kompostierbar sind. Dass ‚Bio‘-Plastik in der Realität aber zu langsam verrottet, das meiste nicht recycelt sondern verbrannt wird und die Rohstoffe in Monokulturen angebaut werden, wird von der Industrie verschwiegen. Das Label führt also absolut in die Irre“, erklärt Janine Korduan, BUND-Expertin für Kreislaufwirtschaft. Viele Bioplastik-Produkte enthielten Schadstoffe und seien aus toxikologischer Sicht nicht besser als herkömmliche Kunststoffe.
Die schlechte Umweltbilanz von Bioplastik habe verschiedene Gründe. Weil es in der Regel für Einwegprodukte hergestellt werde, lande es schnell im Müll. Dabei kämen die Rohstoffe zu seiner Herstellung überwiegend aus der industriellen Landwirtschaft und verursachten einen hohen Dünger- und Pestizideinsatz sowie Wasserverbrauch. Das alles trage zum Artensterben bei, sagt der BUND: Wenn Bioplastik in die Umwelt gelange, verrotte es nicht oder nur schlecht. Mit ihm gelangten jede Menge schädliche Chemikalien in die Umwelt. Nur etwa ein Viertel der Produkte aus einer aktuellen Studie enthielt keine toxischen Stoffe. In industriellen Kompostierungsanlagen werde es aufwändig aussortiert und verbrannt, weil es zu langsam verrotte. Viele Entsorger wollten deshalb keine Biotüten und -produkte in den Biotonnen haben.
„Für die Umwelt bringt ‚Bio‘-Plastik gar nichts“, urteilt Korduan: „Die Herstellung verbraucht viele Ressourcen und bei der Zersetzung entstehen keine Pflanzennährstoffe. Das ist kein Recycling, sondern Ressourcenverschwendung.“ Ökologisch sinnvoller wäre es aus Sicht des BUND, weniger Einweg-Verpackungen zu produzieren und konsequent auf Mehrweg zu setzen – in allen Bereichen: Getränke, Lebensmittel, Online-Handel und Business-to-Business. Nach Kenntnis der Organisation werden in Deutschland jährlich über drei Millionen Tonnen Plastikverpackungen produziert.
„Mehrweg muss selbstverständlich werden und für Verbraucher*innen immer die günstigste Lösung sein“, plädiert Janine Korduan. Die ab Januar 2023 kommende Mehrweg-Angebotspflicht werde dafür nicht ausreichen. Daher fordert der BUND eine zusätzliche bundesweite Einwegabgabe von mindestens 50 Cent pro Verpackung und 20 Cent pro Einmal-Besteck. Das Beispiel Tübingen habe gezeigt, dass eine solche Abgabe zu weniger Müll im öffentlichen Raum und mehr Mehrweg-Angeboten führt.
Hintergrund:
Aktuell laufen auf EU-Ebene wichtige Verhandlungen für die Neuregelung des Umgangs mit Verpackungen. „Im Rahmen der Verpackungsrichtlinie besteht nun die Chance, die Einwegverpackungs-Flut politisch endlich einzudämmen.“ Dafür müsste die EU aus BUND-Sicht klare politische Rahmenbedingungen setzen und dafür sorgen, dass sich einheitliche Mehrwegverpackungen durchsetzen. Aber auch auf nationaler Ebene gebe es jede Menge nachzuholen. Die im Verpackungsgesetz verankerte Mehrwegquote für Getränke von 70 Prozent müsse endlich umgesetzt und ausgeweitet werden.
Die Kompostierung von Bioplastik ist aus Sicht des BUND eine reine Entsorgung. Es entstünden keine Pflanzennährstoffe und die Produkte würden auch dabei nicht recycelt. Dies widerspreche dem Gedanken der Kreislaufwirtschaft – auch, weil so immer neue Rohstoffe und Energie für immer neue Einweg-Produkte benötigt würden.
Mehr Informationen: Der BUND-Hintergrund „’Bio’ Kunststoffe“ beleuchtet das Phänomen Biokunststoff, nennt seine kritischen Aspekte und stellt Forderungen zum Umgang mit diesen Stoffen: Link
Quelle: BUND