Anzeige

Die industrielle Symbiose als Grundpfeiler der Kreislaufwirtschaft

Die industrielle Symbiose kann definiert werden, als die Zusammenarbeit zwischen zwei unabhängigen Unternehmen mit dem Ziel, durch den Austausch von Materialien, Energie und/oder Nebenprodukten Wettbewerbsvorteile zu erzielen.

Die ersten Definitionen eines solchen Prozesses gehen auf das Jahr 1947 zurück, als Renner das Konzept der industriellen Symbiose einführte und es wie folgt beschrieb „das Zusammenwirken von zwei oder mehr ungleichen Industrien“. Dieses Phänomen bietet also eine Alternative zur linearen Wirtschaft, indem es den Materialien, die für die Müllabfuhr bestimmt sind, ein zweites Leben ermöglicht.

Die europäische industrielle Symbiose
Nach Ansicht der Europäischen Kommission ist die industrielle Symbiose eines der ersten Ziele, die erreicht werden müssen, um den Übergang von der linearen zur Kreislaufwirtschaft zu vollziehen. Dabei ist es wichtig, die Effizienz bei der Nutzung von Primärmaterialien und Energie zu steigern, um die Kreislauffähigkeit von Ressourcen und Materialien zu erhöhen. Die synergetische Zusammenarbeit von Unternehmen ist vor allem aus zwei Gründen äußerst wichtig. Zum einen können sie Abfallmaterialien ein zweites Leben geben, und zum anderen kann die Zusammenarbeit von Unternehmen den Druck auf die Ressourcen verringern.

Foto: pixabay.com

In jüngster Zeit wird der Wandel der Kreislaufwirtschaft von Regierungen und Volkswirtschaften vorangetrieben und gefördert. So trägt die Europäische Kommission durch die Erhöhung von Recyclingzielen zur Entwicklung der industriellen Symbiose bei. Konkret sollen bis Ende 2030 80 % der Verpackungen und 70 % der Siedlungsabfälle recycelt werden. Nach Angaben der Europäischen Union wird ein solcher Übergang außerdem zur Schaffung von rund 580 Tausend neuen Arbeitsplätzen beitragen.

Stufeneinteilung der industriellen Symbiose
Nach Borin (2015) ist die Verwirklichung der industriellen Symbiose im Wesentlichen von den folgenden 4 Phasen abhängig:

  1. Prüfung von Input versus Output
    Die erste Phase besteht darin, zu bewerten, ob die Zusammenarbeit des Unternehmens möglich und machbar ist. Die Unternehmen führen verschiedene Analysen und Schätzungen durch, um den jeweiligen Bedarf und das Angebot ihrer Abfallstoffe zu definieren und zu quantifizieren.
  1. Definition des Austauschmaterials
    Um die Produkteigenschaften zu definieren, beschreiben die Unternehmen die Austauschstoffe nach bewerteten chemischen, ökologischen, ökonomischen und juristischen Parametern. Die Analyse von Abfallstoffen ist ein komplexes Verfahren, das hauptsächlich aus zwei miteinander verbundenen Bewertungen besteht: der Abfallklassifizierung und der Charakterisierung.  Die erste Analyse beinhaltet die Bestimmung und Anwendung eines Abfallcodes, um die damit verbundene Gefahrenbewertung zu bestätigen. Das Europäische Abfallverzeichnis (AVV) enthält Informationen zur Abfallklassifizierung einschließlich der Europäischen Abfallartenkatalog (EAK), bei denen jedem Abfallmaterial eine Reihe von Zahlen und Buchstaben zugeordnet ist. Im Anschluss an die Bestimmung des entsprechenden Codes können die Unternehmen zur zweiten Bewertungsmethode übergehen, die als Abfallcharakterisierung bezeichnet wird. Diese Analyse ist wesentlich detaillierter und wird durchgeführt, um den Verbrauchern zu helfen, ausreichende Informationen über den Abfall zu erhalten, den sie kaufen. Insbesondere enthält diese Bewertung detaillierte Informationen darüber, wie der Abfall entsorgt werden kann. Zum Beispiel die Zusammensetzung des Abfalls in Verbindung mit den verwendeten Primärmaterialien, den durchgeführten Produktionsprozessen, den möglichen Verunreinigungen, und den entsprechenden Sicherheitsdatenblättern. Mit anderen Worten: Die Abfallcharakterisierung ermöglicht es den Käufern, eine Art „Abfall-ID“ zu erhalten. Wenn wir die beiden Analysen vergleichen, können wir einen Unterschied in Bezug auf Schwierigkeit und Verfahren machen. Die Abfallklassifizierung ist in der Tat ein einfacher linearer Prozess, für den es eine einzige Methode gibt. Die Abfallcharakterisierung hingegen kann je nach Verwertungsanlage und/oder künftigem Verwendungszweck des recycelten Materials nach unterschiedlichen Verfahren durchgeführt werden. Es sollte hervorgehoben werden, dass die beiden Analysen völlig unterschiedlich sind. Daher ist es notwendig, die beiden Nomenklaturen zu trennen, um die Abfallklassifizierung nicht mit der Charakterisierung zu verwechseln.
  1. Standort
    Die geografische Lage der Produktionsstätten ist ein grundlegender Parameter für die Verwirklichung von Kooperationen im Sinne einer industriellen Symbiose. Die Nähe zwischen den Produktionsstandorten erhöht die logistische und wirtschaftliche Effizienz der Kooperationen. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass eine größere Nähe zwischen den Standorten zu einer höheren Transaktionseffizienz führt, da die kulturellen Barrieren minimiert werden.
  1. Wirtschaftliche Aspekte
    In der letzten Phase geht es um die wirtschaftliche Bestimmung des Materials. Die Analyse umfasst eine Kostenbewertung zusammen mit einer Angabe zur technologischen Verfügbarkeit. Dank dieser wirtschaftlichen Angaben sind die Unternehmen in der Lage, die sich aus der Zusammenarbeit ergebenden Auswirkungen zu verstehen. Insbesondere können sie die durch die verringerten Abfallentsorgungskosten erzielten Gewinne quantifizieren, wobei auch negative externe Effekte und das soziale Wohlergehen berücksichtigt werden.

Ein Modell für die industrielle Symbiose: Cyrkl
Cyrkl ist der größte europäische Marktplatz für Abfälle, auf dem Unternehmen aus verschiedenen Sektoren industrielle Produktionsabfälle anbieten oder kaufen können, um ihre Umweltauswirkungen zu verringern und gleichzeitig ihre Entsorgungskosten zu senken.

Der Marktplatz von Cyrkl trägt aktiv dazu bei, die industrielle Symbiose zwischen Unternehmen sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene zu fördern. Die Plattform zielt darauf ab, Unternehmen dabei zu unterstützen und zu ermutigen, nachhaltiger zu handeln, indem sie ihnen eine Win-Win-Lösung anbietet, d. h. eine Lösung, die für beide Parteien von Vorteil ist.

Abb.: Cyrkl

Bei einer genaueren Analyse der Plattform können wir Parallelen zwischen Cyrkl, das als Kanal zwischen Industrieunternehmen fungiert, und den von Borin (2015) vorgeschlagenen vier Phasen feststellen.

  1. Input-Output-Sammlung
    Dank der Suchfunktion bietet Cyrkl den Unternehmen die Möglichkeit, nach bestimmten Sekundärrohstoffen zu suchen und diese nach der gesuchten Menge zu filtern. Darüber hinaus hilft Cyrkl den Unternehmen, die ein bestimmtes Produkt suchen, direkt dabei, dieses innerhalb von 48 Stunden zu finden. Wer die gewünschten Materialien nicht selbst findet, kann das Formular „Anfrage stellen“ ausfüllen, und ein engagierter Experte hilft bei der Suche nach dem gesuchten Material.
  1. Festlegung des Austauschmaterials
    In der zweiten Phase geht es darum, dass der Verkäufer sein Angebot veröffentlicht. Zunächst müssen sich die Unternehmen auf der Plattform registrieren, um ihre Produkte anbieten zu können. Die Registrierung auf der Plattform ermöglicht es Cyrkl, die Verkäufer zu überprüfen und die Qualität der angebotenen Materialien zu gewährleisten. Das verkaufende Unternehmen ist dafür verantwortlich, das Austauschmaterial zu definieren, und je höher die inhaltliche Spezifität ist, desto höher ist die Möglichkeit des Abgleichs.
  1. Standort
    Mit Hilfe des Standortfilters ermöglicht Cyrkl seinen Mitgliedern, die Herkunft von Sekundärrohstoffen zu visualisieren und den Herkunftsort der Materialien zu beobachten. Die Lokalisierung der Anbieter bietet den Käufern die Möglichkeit, eine informierte und nachhaltige Auswahl zu treffen und dabei auch ihre wirtschaftlichen Interessen zu berücksichtigen.
  1. Wirtschaftliche Aspekte
    Schließlich können die Verkäufer die Preise für die Materialien unter Berücksichtigung ihrer Gewinne und der Entsorgungskosten selbst bestimmen, und die Käufer können eventuelle Käufe auf der Grundlage einer spezifischen Kostenanalyse bewerten.

Autorin: Martina Campora, übersetzt aus dem Englischen von Jasmin Bermadinger.
Quelle: Cyrkl

Referenzen
Arcese, G., Notarnicola, B., Tassielli, G., Renzulli, P. A., & Di Capua, R., 2018, “Simbiosi industriale per il recupero e il riutilizzo di cascami energetici: un modello di riferimento”, XXVIII Congresso Nazionale di Scienze Merceologiche, p. 35.
Borin C., Gordini A., Vigo D., 2015, “Mathematical optimization for the strategic design and extension of district heating network, 2015 ENEA, p. 41.
Cutaia, L., Morabito, R., 2012, “Ruolo della Simbiosi industriale per la green economy”, Energia, Ambiente e Innovazione.
Dipartimento per le Politiche Europee, 2014, “Rifiuti, obiettivo riciclo al 70% entro il 2030”, disponibile online su https://www.politicheeuropee.gov.it/it/comunicazione/notizie/rifiuti-obiettivo-riciclo-al-70-entro-il-2030/
ENEA, “Economia circolare e simbiosi industriale”, disponibile online su https://www.espa.enea.it/settori-di-intervento/economia-circolare-e-simbiosi-industriale.html
Mancuso, E., & Luciano, A., 2014 “Experiences of Industrial Symbiosis in Italy”. Proceedings of conferences promoted by ENEA at Ecomondo (Rimini).
Renner, G. T., 1947. Geography of Industrial Localization. Economic Geography 23 (3), 167-189
TUA | Testo Unico Ambiente Consolidato, 2022, “Classificazione e caratterizzazione dei rifiuti: quadro normativo”, disponibile online su https://www.certifico.com/ambiente/documenti-ambiente/257-documenti-riservati-ambiente/5794-classificazione-e-caratterizzazione-dei-rifiuti-quadro-normativo
Anzeige

KÖNNTE SIE AUCH INTERESSIEREN

Schlagzeilen

Anzeige

Fachmagazin EU-Recycling

Translation