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Gummi in der Umwelt – Empa-Forschende berechnen Belastung mit Mikrogummi

Das Profil am Reifen ist abgefahren, neue Pneus müssen her – Alltag für viele Autofahrer. Doch wohin „verschwinden“ diese verlorenen Zentimeter des Reifenprofils? Sie landen als Mikrogummi hauptsächlich in Böden und Gewässern und zu einem kleinen Teil in der Luft. Und die Menge dieser Partikel in unserer Umwelt ist alles andere als gering, wie Forschende der Empa – Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt nun berechnet haben.

Mikroplastik ist in aller Munde – und wie bereits in mehreren Studien nachgewiesen, in aller Körper. Doch die Menge an Mikroplastik in Luft und Wasser ist gering im Vergleich zu einem anderen Polymer, das unsere Luft und unsere Gewässer – und entsprechend auch unseren Organismus – belastet: Mikrogummi. Das sind feinste Partikel aus Reifenabrieb, die über den Straßenbelag in Böden und in die Luft gelangen oder von Kunstrasen abgetragen werden. Forschende der Empa haben nun berechnet, dass sich in der Schweiz über die letzten 30 Jahre, von 1988 bis 2018, rund 200.000 Tonnen Mikrogummi in die Umwelt angesammelt haben. Eine beeindruckende Zahl, die bislang im Rahmen der Diskussionen rund um das Thema Mikroplastik oft vernachlässigt wurde.

Die Ursache: quietschende Reifen

Als Hauptquelle für Mikrogummi eruierten die Forschenden rund um Bernd Nowack von der Empa-Abteilung „Technologie und Gesellschaft“ Auto- und Lkw-Reifen. „Wir quantifizierten den Abrieb von Reifen, aber auch Abtrag von künstlichen Grünflächen, wie beispielsweise Kunstrasen“, erläutert Nowack. Dieser spiele aber nur eine untergeordnete Rolle, denn gerade einmal drei Prozent der ausgestoßenen Gummipartikel stammen von Gummigranulat aus künstlichen Grünflächen. Für die restlichen 97 Prozent ist Reifenabrieb verantwortlich.

Von den Partikeln, die in die Umwelt gelangen, verbleiben knapp drei Viertel in den ersten fünf Metern links und rechts der Straße, fünf Prozent in den restlichen Böden und knapp 20 Prozent gelangen in Gewässer. Das Team stützte seine Berechnungen auf Daten zum Import und Export von Reifen und modellierte dann das Verhalten von Gummi auf Straßen und in Straßenabwasser. Seit dem Jahr 2000 sind die Richtlinien für die Wiederaufbereitung von Wasser und zur Verhinderung der Verschmutzung der Böden deutlich verschärft worden. Durch Maßnahmen wie dem Bau von Straßenabwasser-Behandlungsanlagen (SABA) kann ein Teil des Mikrogummis mittlerweile aus dem Wasser entfernt werden.

Auswirkungen auf den Menschen gering

Ein Teil des Mikrogummis verteilt sich zuerst über die Luft die ersten fünf Meter links und rechts der Straße, lagert sich ab und wird teilweise wieder aufgewirbelt. Allerdings schätzt Christoph Hüglin von der Empa-Abteilung „Luftfremdstoffe / Umwelttechnik“ die Auswirkungen auf den Menschen als gering ein, wie eine Studie aus dem Jahr 2009 belegt: „Der Anteil von Reifenabrieb am eingeatmeten Feinstaub liegt auch an verkehrsnahen Standorten im tiefen einstelligen Prozentbereich.“

Mit Mikroplastik sollte Mikrogummi indes nicht in einen Topf geworfen werden, betonen die Forschenden. „Es handelt sich um unterschiedliche Partikel, die sich kaum miteinander vergleichen lassen“, erklärt Nowack. Und auch quantitativ bestünden riesige Differenzen: Nowacks Berechnungen zufolge bestehen nur sieben Prozent der in die Umwelt freigesetzten polymerbasierten Mikropartikel aus Plastik, ganze 93 Prozent aber aus Reifenabrieb. „Die Menge von Mikrogummi in der Umwelt ist riesig und somit höchst relevant“, fasst Nowack die Erkenntnisse zusammen.

Quelle: Empa – Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt

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