Trotz erheblicher rechtlicher Bedenken im Vorfeld hat der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) die Vereinbarkeit des europäisch-kanadischen Freihandelsabkommens CETA mit europäischem Recht bekräftigt.
Anlass war eine Debatte um den Umgang mit Investitionsstreitigkeiten. Im Rahmen von CETA sollten ausländische Konzerne das Privileg erhalten, Schiedsgerichte außerhalb der europäischen Gerichtsbarkeit nutzen zu können. Auf Initiative von Belgien befasst sich das EuGH deshalb derzeit mit der Frage, ob dieser Teil von CETA europäischem Recht entspricht. Ein Urteil wird erst in einigen Monaten erwartet. Das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen trat im September 2017 vorläufig in Kraft, obwohl es bis heute von 16 Ländern, darunter Deutschland, noch nicht ratifiziert wurde.
„CETA verstößt gegen demokratische Grundsätze“
Greenpeace-Handelsexperte Jürgen Knirsch kommentiert: „Die Einschätzung des Generalanwalts ist ein herber Rückschlag für die europäische Demokratie. Aus Greenpeace-Sicht muss der Europäische Gerichtshof in seinem baldigen Urteil die Warnung von Millionen betroffenen Bürgern ernstnehmen: Ausländische Unternehmen erhalten ein unfaires Privileg, wenn ihnen im Gegensatz zu den ansässigen Unternehmen spezielle Schiedsgerichte außerhalb der europäischen Gerichtsbarkeit zur Verfügung stehen. Europäisches Recht muss über Investoreninteressen stehen. Hoffnung gibt die sogenannte Achmea-Entscheidung aus dem vergangenen Jahr, als der EuGH in einem ähnlich gelagerten Fall dem Schlussantrag des Generalanwalts explizit nicht folgte. Aus Greenpeace-Sicht müssen die Parlamente der 16 Mitgliedstaaten, die CETA noch nicht ratifiziert haben, das Urteil des Gerichtshofs abwarten. CETA verstößt in dieser Form gegen demokratische Grundsätze und darf nicht final in Kraft treten.“
Hintergrund:
Investitionsstreitigkeiten: Belgien legte am 7. September 2017 dem Europäischen Gerichtshof die Frage vor, ob „das am 30. Oktober 2016 in Brüssel unterzeichnete umfassende Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen Kanada einerseits und der Europäischen Union und ihren Mitgliedstaaten andererseits in seinem Kapitel Acht („Investitionen“) Abschnitt F („Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Investoren und Staaten“) mit den Verträgen, einschließlich der Grundrechte, vereinbar“ sei oder nicht.
Achmea-Fall: Dabei klagte ein niederländisches Unternehmen auf der Grundlage eines zwischen der Slowakei und den Niederlanden bestehenden bilateralen Investitionsschutzabkommen (BIT) auf Schadenersatz (Rechtssache C 284/16). Der EuGH entschied, dass die Bestimmungen über Schiedsgerichte, wie sie in dem BIT zwischen den Niederlanden und der Slowakei stehen, nicht mit EU-Recht vereinbar sind.
Quelle: Greenpeace