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Höhere Gesundheits- und Umweltbelastung durch Bremsstaub?

Dr. rer. nat. Jürgen Göske und Dipl.-Ing. Univ. Werner Kachler über ihre empirische Untersuchung zur Feinstaubbelastung. Ihr Fazit: Bremsstaub stellt für den Menschen eine extrem hohe Belastung dar.

„Wir kommen im Alltag mit einer Vielzahl von Feinstauben in Berührung“, erklärt Göske, der zusammen mit Kachler den Bundesfachbereich Naturwissenschaften im Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e.V. (BVS) leitet. „Wir wollten anhand von zehn verschiedenen Proben visuell dokumentieren, wie groß die Feinstaubbelastung ist. Im Kontext der zunehmenden Diskussion um die sogenannte Feinstaubbelastung wollten die beiden Wissenschaftler im eigenen Firmenlabor eine Versuchsreihe starten. Generell bekannt und belegt ist, dass die Feinstaubbelastung seit Jahren kontinuierlich zunimmt. Insbesondere steht derzeit die Autoindustrie mit ihren produzierten Diesel-Fahrzeugen in der Kritik.

Zehn Proben mit verblüffendem Ergebnis

Folie wird abgezogen und der Probenträger mit Klebegummi am entsprechenden Ort positioniert (Foto: Zentrum für Werkstoffanalytik Lauf GmbH)

Die beiden Naturwissenschaftler wollten die Feinstaubbelastung visuell dokumentieren und kamen zu erstaunlichen Ergebnissen. Werner Kachler: „Wir haben in situ Proben gesammelt: Von Staub beim Kuchen backen, Zigarettenrauch-Ausatmen, Rasenmähen, von der Windschutzscheibe eines Autos, dem Bremsstaub eines Autos, dem Staub beim Schneiden von Betonsteinen auf einer Baustelle, dem Staub beim Kehren des Weges, dem Tonerstaub beim Wechseln einer Kartusche eines Laserdruckers und den Dieselabgasen beim alten und neuen Euro 4. Die Proben wurden mittels einer doppelseitigen Klebefolie und einer Halterung direkt am jeweiligen Objekt genommen. Der Probenträger konnte somit direkt die Feinstaube aufnehmen. In erster Linie ging es uns nicht um die Anzahl der Proben, also die Quantität, sondern um die Qualität. Wir wollten herausfinden, wie sich die Proben bei der anschließenden Analyse unterscheiden.“

Die zehn gesammelten Proben haben Kachler und Göske unter dem Rasterelektronenmikroskop untersucht – mit einem verblüffenden Ergebnis. Göske: „Im Vergleich zum Feinstaub der Dieselproben ist der Bremsstaub eines Autos – unabhängig vom Typ oder ob Diesel, Benziner oder Elektro – weitaus höher. Vom Verständnis muss man wissen, dass eine physische Feinstaubbelastung von der Größe der Feinstaubpartikel abhängig ist. Partikel unter 0,1 μm gehen quasi über die Lunge direkt in den Blutkreislauf des Körpers, ohne dass der Mensch dies bemerkt.“

Wie eine Art Schmirgelpapier

Dieselanlage „neuer Euro 4“ (Foto: Zentrum für Werkstoffanalytik Lauf GmbH)

Riecht man beispielsweise Rauch oder bekommt man feine Sandkörner in die Nase, so erfolgt in der Regel eine körperliche Reaktion wie das Ausweichen an eine andere Stelle oder die schützende Abschirmung der Nase. Bei Teilchen in der Größenordnung unter 0,1μm oder kleiner, sprich im Nanobereich, nimmt der Körper die Feinstoff-Penetration nicht mehr wahr. „Sehen wir uns jetzt die Probe beim Bremsstaub an, so wird schnell klar, dass wir uns in der Größenordnung unter 0,1μm bewegen“, stellt Kachler fest. „Bremsscheiben sind eine Hexenküche empirischer Werkstofftechnik, vom Hersteller so ausgelegt, dass sie natürlich optimal bremsen, aber auch Wärme weiterleiten und Hitze standhalten müssen. Sie fungieren zudem wie eine Art Schmirgelpapier und enthalten praktisch das halbe Periodensystem, darunter extrem schädliche Stoffe wie Nickel, Chrom und Kupfer. Dazu kommt, dass der Mikrometerbereich der Partikel oft unterschritten wird, sodass wir uns im Bereich der Nanometer bewegen. Im Vergleich zum verschrienen Diesel ist die Belastung durch den Bremsstaub extrem höher und unserer Ansicht nach auch damit viel gefährlicher.“

Im Ergebnis untermauern die Probennahmen die Forderung von Dipl.-Ing (FH) Ronald Lorenz, BVS-Bundesfachbereichsleiter Kraftfahrzeugwesen und ö.b.u.v. Sachverständiger für Kraftfahrzeugschäden und -bewertung: „Eine intelligente Ampelschaltung mit weniger Bremsungen würde zu einer besseren und nachhaltigeren Entlastung der Luft führen als die diskutierten Fahrverbote.“ Einig sind sich die Sachverständigen Kachler und Göske, dass jede Partikelsorte ein eigenes Gefahrenpotenzial birgt.

Quelle: Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e.V. (BVS)

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