Zum Auftakt der Fachmesse RecyclingAKTIV/TiefbauLIVE (RATL) in Karlsruhe haben fünf Branchenverbände aus Bau-, Abbruch- und Recyclingwirtschaft ein gemeinsames Positionspapier mit dem Titel „Fünf Forderungen der Baubranche, Abbruch- und Recycling-Wirtschaft an die Politik“ vorgestellt.
Unterzeichnet wurde es vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse), dem Deutschen Abbruchverband e.V. (DA), dem Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg e.V. (GaLaBau BW), dem VDMA Fachverband Abfall- und Recyclingtechnik sowie dem Verband der Baubranche, Umwelt- und Maschinentechnik e.V. (VDBUM).
Die Verbände appellieren gemeinsam an Bund und Länder, die Kreislaufwirtschaft im Bausektor endlich politisch ernst zu nehmen, die Ersatzbaustoffverordnung praxisgerecht zu novellieren und wirksame Maßnahmen gegen die zunehmende Brandgefahr in Recyclingbetrieben auf den Weg zu bringen.
„Unsere Mitgliedsunternehmen sind die praktischen Umsetzer der Kreislaufwirtschaft in Deutschland – sie sanieren und bauen die Infrastruktur, gewinnen wertvolle Rohstoffe zurück und leisten tagtäglich aktiven Klimaschutz. Doch die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen erschweren dieses Engagement zunehmend. Wir brauchen endlich Gesetze, die Nachhaltigkeit ermöglichen – nicht verhindern“, erklärten die fünf Verbände gemeinsam bei der Vorstellung des Positionspapiers in Karlsruhe.
Kreislaufwirtschaft stärken, Ersatzbaustoffverordnung praxistauglich gestalten
Ein zentrales Anliegen der Verbände ist die Stärkung der Kreislaufwirtschaft im Bausektor. Sie kritisieren, dass die Bundesregierung im Koalitionsvertrag nur vage Formulierungen zum Thema aufgenommen habe. „Von einer echten Kreislaufstrategie kann bislang keine Rede sein“, betonte bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock. Dabei verfüge die Branche längst über beeindruckende Erfolgsbilanzen: „Recycling- und Verwertungsquoten von bis zu 90 Prozent zeigen, dass unsere Unternehmen vorangehen. Aber sie werden durch zu enge Regelungen wie die Ersatzbaustoffverordnung in ihrer Arbeit behindert.“
Die 2023 in Kraft getretene Ersatzbaustoffverordnung (EBV) sei grundsätzlich ein wichtiger Schritt hin zu bundeseinheitlichen Standards, habe aber in der Praxis erhebliche Mängel offenbart. So führe insbesondere die umfangreiche Dokumentationspflicht für jede Tonne Recyclingmaterial zu unzumutbaren bürokratischen Belastungen. „Wenn Kleinabnehmer künftig jede einzelne Tonne dokumentieren müssen, wird Recycling unattraktiv gemacht. Das kann nicht im Sinne der Gesetzgebung sein“, warnte Rehbock. Auch der faktische Ausschluss von Recyclingmaterialien in öffentlichen Ausschreibungen sei ein massives Hemmnis: „Es ist ein Skandal, dass öffentliche Auftraggeber den Einsatz von Sekundärrohstoffen häufig ausschließen, obwohl Sekundärrohstoffe im Wettbewerbsgesetz explizit genannt werden.“
Die Verbände fordern daher eine Novellierung der Ersatzbaustoffverordnung noch im Jahr 2025, die insbesondere die Ergebnisse des EBV-Planspiels 2.0 aufgreift und eine umfassende Abfallenderegelung schafft. Diese soll für alle mineralischen Ersatzbaustoffe und Materialklassen die Anerkennung als Produkt ermöglichen. Zudem müsse eine Verpflichtung öffentlicher Auftraggeber zum bevorzugten Einsatz von Sekundärbaustoffen verankert werden.
„Wir lehnen die Ersatzbaustoffverordnung nicht ab – im Gegenteil: Sie ist notwendig, um Vertrauen in Recyclingbaustoffe zu schaffen. Aber sie braucht dringend Nachbesserungen, damit sie in der Praxis funktioniert und nicht zu einem Innovationshemmnis wird“, betonte Rehbock.
Brandgefahr in der Recyclingwirtschaft erreicht existenzbedrohende Dimension
Ein weiterer Schwerpunkt des Positionspapiers betrifft die dramatisch wachsende Zahl von Bränden in Recyclinganlagen, die nach Einschätzung der Verbände inzwischen eine der größten Bedrohungen für die Entsorgungs- und Recyclinginfrastruktur Deutschlands darstellt.
„Es brennt im wahrsten Sinne des Wortes“, sagte bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock. „Nahezu täglich kommt es in Entsorgungsfahrzeugen oder auf Recyclinghöfen zu Bränden, ausgelöst durch falsch entsorgte Lithium-Ionen-Akkus und Batterien. Die Schäden gehen mittlerweile in die Milliarden – und viele Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand.“
Es besteht die konkrete Gefahr, dass sich Versicherungsunternehmen aufgrund der hohen Schadenssummen zunehmend aus der Risikodeckung zurückziehen. Damit drohe die Schließung vieler Anlagen, die Teil der kritischen Infrastruktur sind. „Wenn Recyclingbetriebe keinen Versicherungsschutz mehr erhalten, ist auch die Entsorgungssicherheit gefährdet“, so Rehbock weiter.
Die Verbände fordern dringend regulatorische Gegenmaßnahmen für mehr Prävention in der Sammelkette, insbesondere Maßnahmen, die die produktverantwortlichen Hersteller einbinden, sodass diese endlich ihrer Verantwortung gerecht werden. Denkbar seien die Einführung eines Batteriepfandes und weitere Lösungen, die die Absicherung der Recycling- und Entsorgungswirtschaft im Brandfall gewährleisten. Darüber hinaus mahnen sie eine Kennzeichnungspflicht für Batterien und batteriebetriebene Altgeräte an, die Verbraucherinnen und Verbraucher auf die Gefahren bei falscher Entsorgung hinweist, sowie ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten oder zumindest ein wirksames Pfand hierfür.
Rehbock: „Wir fordern, dass Hersteller endlich Verantwortung übernehmen. Sie profitieren vom Verkauf batteriebetriebener Produkte – dann müssen sie auch an den Kosten und Risiken der Entsorgung beteiligt werden.“
Weitere Forderungen: Entbürokratisierung, flexible Arbeitszeiten, verlässliche Transportwege
Neben diesen Schwerpunkten adressiert das Positionspapier auch strukturelle Hindernisse, die die Wettbewerbsfähigkeit der Branche gefährden.
Planungssicherheit und Entbürokratisierung
Die Verbände kritisieren langwierige Genehmigungs- und Vergabeverfahren, fehlende Planungssicherheit und überbordende Bürokratie. Öffentliche Auftraggeber müssten das geplante Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität (SVIK) gemeinsam mit der Wirtschaft umsetzen.
„Die Mittel des SVIK können nur sinnvoll wirken, wenn Bund, Länder und Kommunen mit der Bauwirtschaft langfristig planen“, heißt es im Papier. Gefordert werden eine weitere Reduzierung des Beauftragtenwesens, funktionale Ausschreibungen, vereinfachte Genehmigungsverfahren und die Beibehaltung der Fachlosvergabe.
Flexiblere Arbeitszeitregelungen
Angesichts der wechselnden Einsatzorte in Bau- und Recyclingbetrieben verlangen die Verbände mehr Flexibilität im Arbeitszeitgesetz. Viele Beschäftigte wollten ihre Arbeit an einem Tag abschließen, dürften es aber gesetzlich nicht. „Es geht uns nicht um Wild-West-Methoden, sondern um mehr Eigenverantwortung und Planungssicherheit für Betriebe und Beschäftigte“, betonen die Verbände.
Effiziente Schwertransporte
Auch beim Transport großer Maschinen, Bauteile und Windkraftkomponenten sehen die Verbände erheblichen Reformbedarf. Genehmigungsverfahren müssten digitalisiert und bundesweit vereinheitlicht werden, um zeitkritische Prozessketten nicht zu gefährden.
„Gemeinsam praktikable Lösungen finden“
Die fünf Verbände wollen ihr Positionspapier nun an Bundes- und Landespolitiker übermitteln. Sie sehen darin eine Einladung zum Dialog. „Wir stehen der Politik mit unserer Expertise zur Verfügung. Gemeinsam lassen sich praxistaugliche Wege finden. Ohne unsere Branchen gibt es keine funktionierende Infrastruktur, keine Ressourcenschonung und keine echte Kreislaufwirtschaft – ohne uns geht es nicht!“
Zum Herunterladen: Positionspapier
Quelle: bvse