Jeder zweite Landkreis von Wasserstress betroffen.
In immer mehr Regionen Deutschlands wird das Grundwasser knapp. Das ist das zentrale Ergebnis einer gestern veröffentlichten Studie des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Die Untersuchung, die das Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) im Auftrag des BUND durchgeführt hat, zeigt: In 201 von 401 Landkreisen wird mehr Grundwasser entnommen, als sich durch Niederschläge neu bilden kann. Besonders betroffen sind nicht nur die bekannten Trockenregionen im Osten Deutschlands, sondern auch Ballungszentren wie die Rheinschiene und Regionen in Niedersachsen.
Die Studie zeigt auch: Die Klimakrise verschärft das Problem. 94 Landkreise sind von akutem Grundwasserstress betroffen. Hier sind die Grundwasserstände in den letzten Jahren signifikant gesunken. In nahezu allen Bundesländern haben die Grundwassermessstellen neue Tiefststände verzeichnet.
Verena Graichen, BUND-Geschäftsführerin Politik: „Deutschland verliert Wasser. Unsere Studie belegt, dass Grundwasserstress kein regionales Randproblem mehr ist. Unsere Grundwasserreserven werden systematisch übernutzt. Dürreperioden und Extremwetterlagen, die eine Folge der Klimakrise sind, verschärfen die Lage weiter.“
Übernutzung durch Trinkwasser, Industrie, Bergbau und Landwirtschaft
Die Studie analysiert erstmals flächendeckend, wo und von wem Grundwasser in Deutschland genutzt wird. Über die Hälfte des Grundwassers wird für die Versorgung mit Trinkwasser entnommen. Mittels Fernleitungen wird es teils mehrere hundert Kilometer weit in größere Städte transportiert. Aber auch Bergbau, verarbeitendes Gewerbe und Landwirtschaft spielen eine Rolle – Braunkohletagebau senkt durch das Abpumpen riesiger Wassermengen die Grundwasserspiegel. Auch die chemische Produktion, etwa in Ludwigshafen, benötigt erhebliche Mengen Grundwasser. In landwirtschaftlich intensiv genutzten Regionen wie dem Heidekreis sorgt Bewässerung für sinkende Pegelstände. Auch wenn die Landwirtschaft bisher nur einen kleineren Anteil am Gesamtverbrauch hat: In den letzten Trocken- und Dürrejahren ist ihr Bedarf gestiegen. In einigen Landkreisen werden schon heute beträchtliche Mengen an Grundwasser zur Bewässerung genutzt.
Handlungsempfehlungen: Transparenz, Entgelte, Schutz vor Verschmutzung
Die Nationale Wasserstrategie der Bundesregierung sieht viele wirksame Maßnahmen vor, die zeitnah umgesetzt werden sollten. Der BUND fordert:
Weniger verbrauchen und fair verteilen: Deutschland kommt nicht umhin, seinen Verbrauch zu drosseln. Nutzungen müssen priorisiert werden, damit Mensch und Natur verlässlich mit Wasser versorgt werden. Zu einem gerechten Wasser-Zugang gehört, dass alle einen fairen Preis zahlen. Aktuell sind die Entgelte Ländersache, (Groß-) Nutzungen mancherorts kostenfrei.
Sauber halten: Ewigkeitschemikalien wie PFAS, Pestizide, Nährstoffe und Arzneimittel machen es für Wasserversorger immer schwerer und teurer, hochwertiges Trinkwasser zur Verfügung zu stellen. Die Herstellung und Nutzung dieser Stoffe muss eingeschränkt werden.
Wasservorräte stärken: Humusreiche Böden, naturnahe Wälder und Flüsse, strukturreiche Auen, nasse Moore und sogenannte Schwammstädte helfen, dass der Boden die Niederschläge wieder besser halten kann. Gezielte Fördermaßnahmen sind nötig, um Widerstandsfähigkeit und Renaturierung dieser Ökosysteme zu stärken.
Graichen: „Wasser ist unsere Lebensgrundlage. Es wird verschmutzt und ist knapp. Höchste Zeit, dass die Regierung aktiv wird und unser Grundwasser schützt. Der Verbrauch muss runter. Und Landschaften müssen so wiederhergestellt werden, dass sie Trockenperioden und Starkregen abfedern.“
Langfassung der Studie
Kurzfassung der Studie
Quelle: BUND