Das gestern (19. November 2025) veröffentlichte Digital-Paket („Digital-Omnibus“) der EU-Kommission ist aus Sicht des TÜV-Verbands ein Schritt in die richtige Richtung. Neben der Konsolidierung des europäischen Datenrechts bringt der Vorschlag vor allem Nachschärfungen bei der europäischen KI-Verordnung („AI Act“), um rechtliche Unsicherheiten zu beseitigen und Vereinfachungen zu ermöglichen.
Der TÜV-Verband begrüßt vor allem, dass die Verfahren zur Benennung unabhängiger Prüfstellen für die Prüfung von Hochrisiko-KI-Systemen vereinfacht werden sollen. Noch ist allerdings weiterhin unklar, wie genau die behördliche Benennung erfolgen soll. Dies gilt insbesondere für diejenigen Produkte, welche bereits heute einer verpflichtenden Drittprüfung unterliegen wie Medizinprodukte.
„Wir plädieren dafür, bestehende Benennungen als Basis zu nehmen und um den KI-Aspekt zu erweitern, im Sinne einer Scope-Erweitung der Prüfstellen“, sagt Johannes Kröhnert, Leiter des Brüsseler Büros des TÜV-Verbands. Damit könnten zeitaufwendige Neubenennungen vermieden sowie der schnelle Aufbau einer robusten KI-Prüfinfrastruktur und der rechtzeitige Markteintritt von innovativen Produkten sichergestellt werden. Für eine zeitnahe Benennung brauche es neben klaren und umsetzbaren Kriterien auch ausreichend Personal und Know-how in den zuständigen nationalen Behörden. Auch hierbei sei der europäische Gesetzgeber weiter gefordert.
Moderate Verschiebung der Anwendungsfristen erlaubt mehr Vorbereitungszeit
Laut dem aktuellen Vorschlag sollen die zentralen Hochrisiko-KI-Anforderungen mit einer Verschiebung der Fristen von maximal zwölf bzw. sechszehn Monaten in Kraft treten. „Wir begrüßen es, dass sich die EU-Kommission trotz des großen politischen Drucks nur für eine moderate Verschiebung der Anwendungsfristen entschieden hat“, sagt Kröhnert. „Die etwas verlängerte Übergangsfrist verschafft allen Wirtschaftsakteuren mehr Spielraum für die Vorbereitung, ohne die von KI-Systemen ausgehenden Risiken aus den Augen zu verlieren.“
Eine längere Verschiebung hätte Europas Anspruch untergraben, zum weltweit führenden Standort für sichere und vertrauenswürdige KI zu werden. Kröhnert: „Die nun gewonnene Zeit sollte vor allem dafür genutzt werden, um den Aufbau nationaler Marktaufsichts- und Prüfstrukturen konsequent voranzutreiben.“
Qualität sichern: Warum es jetzt auf die Prüfstrukturen ankommt
Ein zentraler Hebel für eine wirksame Umsetzung der KI-Verordnung liegt in den sogenannten Benennungsverfahren – also in der behördlichen Kompetenzfeststellung unabhängiger Prüfstellen, die Hochrisiko-KI-Systeme wie Medizinprodukte oder Maschinen vor der Markteinführung auf Sicherheit und Rechtskonformität prüfen. „Ohne behördlich anerkannte Prüfstellen kann der AI Act nicht umgesetzt werden“, mahnt Kröhnert.
Während sich Prüfstellen wie die TÜV-Organisationen seit mehreren Jahren auf die Prüfungen von KI-Systemen vorbereiten, bestehe die Gefahr, dass die notwendigen behördlichen Strukturen nicht Schritt halten. Aus Sicht des TÜV-Verbands ist daher jetzt Tempo gefragt. Kröhnert: „Nur wenn Verfahren, Zuständigkeiten und Anforderungen schnell geklärt werden, kann sich das neue Regelwerk in der Praxis bewähren und Vertrauen in KI-Systeme wachsen.“
Quelle: TÜV-Verband



