Durch den Klimawandel könnten natürlicherweise in Böden vorkommende giftige Metalle mobiler werden, Ökosysteme destabilisieren und über die Landwirtschaft verstärkt in die menschliche Nahrungskette gelangen. Das haben Wissenschaftler des UFZ und der Universität Tübingen in einer experimentellen Studie untersucht, in deren Fokus das Verhalten von Cadmium stand. Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Nature Communications Earth & Environment veröffentlicht.
Bis zum Jahr 2100 wird ein weltweiter Temperaturanstieg von zwei bis vier Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau prognostiziert, begleitet von einer Verdoppelung des heutigen Kohlendioxidgehalts der Atmosphäre. Die Niederschlagsmengen könnten in Deutschland etwas zurückgehen, sich jedoch anders übers Jahr verteilen. „Der Klimawandel und die Metalle versetzen die Mikroorganismen im Boden, in ihrer Gesamtheit als Bodenmikrobiom bezeichnet, unabhängig voneinander in Stress. Wir wollten nun die bisher wenig bekannten kombinierten Effekte dieser Einflüsse untersuchen“, berichtet Marie Muehe. Giftige Metalle gebe es in jedem Boden auf unserer Erde, doch spielten sie in gebundener Form kaum eine Rolle für die Bodenlebewesen und den Pflanzenanbau. Anders sei es, wenn die Metalle mobilisiert werden. „In unserer Studie haben wir das Paradebeispiel eines giftigen im Boden vorkommenden Metalls untersucht, das Cadmium“, sagt sie. Cadmium wirke auf alle Lebewesen giftig, weil es physiologische Prozesse in den Zellen hemmt.
Komplexe Wechselwirkungen
Im Experiment hat das Forschungsteam Säulen mit verschiedenen landwirtschaftlich genutzten Böden gefüllt. „Wir haben diese Böden im Labor eine reguläre Wachstumsperiode in Deutschland durchlaufen lassen, aber unter den angenommenen Klimabedingungen des Jahres 2100“, erklärt der Erstautor der Studie, Sören Drabesch, von der Universität Tübingen und dem UFZ.
Im Ergebnis stellte das Forschungsteam fest, dass die Mobilität des Cadmiums unter den künftigen Klimabedingungen bei sommerlichen Temperaturen in leicht sauren Böden gegenüber heutigen Bedingungen um etwa 40 Prozent zunimmt. „Es ist dann in höheren Konzentrationen im Porenwasser des Bodens zu finden und beeinflusst das Bodenmikrobiom, beziehungsweise das Aktivitätsmuster verschiedener Mikroorganismen“, sagt Sören Drabesch. „Bestimmte Mikroorganismen werden aktiver, verwerten mehr Stickstoff und versauern das Bodenmilieu dadurch weiter.“ In manchen Böden steigen die Cadmiumwerte so stark, dass das Bodenmikrobiom darunter leidet und das Ökosystem seine Funktionsweise anpassen muss. Hingegen hätten sich bei ursprünglich leicht alkalischen Böden keine vergleichbaren Probleme gezeigt. Dort sei auch unter veränderten Klimabedingungen das Cadmium nicht stärker mobilisiert worden.
Die Studie zeige, wie komplex die Wechselwirkungen zwischen dem Klimawandel, den Stoffen im Boden und den Bodenmikrobiomen seien, sagt Marie Muehe. „Die Ökosysteme, eben auch die landwirtschaftlichen Ökosysteme, könnten in Zukunft massiv durch erhöhte Mengen an mobilem Cadmium gestört werden. Dadurch könnten sich auch die durch die Landwirtschaft entstehenden Treibhausgasemissionen ändern und das mobile Cadmium in Nutzpflanzen gelangen, was dann gesundheitsschädlich für den Menschen sein könnte.“ Diese Entwicklungen müssten weiter beobachtet werden.
Publikation: Sören Drabesch, Oliver J. Lechtenfeld, Esmira Bibaj José Miguel Leon Ninin, Juan Lezama Pachecco, Scott Fendorf, Britta Planer-Friedrich, Andreas Kappler, E. Marie Muehe: Climate induced microbiome alterations increase cadmium bioavailability in agricultural soils with pH below 7. Nature Communications Earth and Environment, https://doi.org/10.1038/s43247-024-01794-w
Quelle: Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ)