Verfahren für Biogasanlagenbetreiber derzeit jedoch unwirtschaftlich.
Die Ansäuerung von Wirtschaftsdüngern ist ein Verfahren zur Senkung von Ammoniakemissionen. Im Vorhaben AcidDigSoil untersuchten Forschende, welche Auswirkungen angesäuerte Wirtschaftsdünger auf Biogasanlagen, Boden und Erträge haben. Im Ergebnis ist das Verfahren zur Emissionsminderung gut wirksam. Es führt jedoch zu wirtschaftlichen Verlusten bei der Biogasproduktion. Auch im Pflanzenbau wiegt die höhere Stickstoffverfügbarkeit der Gärreste die Kosten für die Ansäuerung nicht auf.
An AcidDigSoil waren die Universität Kiel und die Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LFA) beteiligt. Das Vorhaben wurde vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über den Projektträger Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) gefördert. Die beiden Abschlussberichte stehen auf fnr.de unter den Förderkennzeichen 2220NR053A bzw. 2220NR053B zur Verfügung.
In Dänemark hat sich die Ansäuerung von Gülle im Stall, im Lager und bei der Ausbringung bereits ebenso etabliert wie die Ansäuerung von Biogasgärresten. Das Ziel ist die Reduktion von Ammoniak-Emissionen. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben zur Begrenzung von Luftschadstoffen besteht diesbezüglich auch in Deutschland Handlungsbedarf. Gleichzeitig spielen Wirtschaftsdünger im Biogassektor hierzulande eine wichtige Rolle als Substrat und sollen dort nach dem Willen der Politik noch stärker zum Einsatz kommen. Zudem sind sie wichtige Dünger. Vor diesem Hintergrund wurde das Projekt AcidDigSoil durchgeführt.
Für Betreiber von Biogasanlagen ist das Ergebnis ernüchternd:
Der Einsatz angesäuerter Gülle ist technisch möglich, jedoch unwirtschaftlich. Die zur Ansäuerung eingesetzte Schwefelsäure mindert nicht nur den Methanertrag; in den Versuchen im Projekt sank er bei Schweinegülle im Mittel um 20 Prozent, bei Rindergülle um 27 Prozent. Außerdem stiegen die Schwefelwasserstoffkonzentrationen im Biogas stark an, womit überproportional hohe Mengen an Eisenpräparaten zur Entschwefelung nötig wurden. Gleichzeitig fiel die Schwefelkonzentration im Gärrest gegenüber Gärresten aus nicht-angesäuerter Gülle um das 4- bis 5-fache höher aus.
„Die erhöhten Schwefelfrachten müssen in der Düngebilanz berücksichtigt werden, sie können schnell zu einem Überschreiten der Düngeempfehlungen führen. In unseren Versuchen wurden diese bis zu 7-fach überschritten. Dieser Überschuss ist eine der wesentlichen Herausforderungen dieses Verfahrens,“ erklärt Professor Eberhard Hartung von der Universität Kiel.
Zwar lässt sich prinzipiell auch Essigsäure zur Ansäuerung einsetzen, die die Methanerträge sogar um rund ein Fünftel erhöhte. Allerdings liegt der Preis für Essigsäure beim etwa Achtfachen von Schwefelsäure, diese Mehrkosten lassen sich nur teilweise durch die höheren Methanausbeuten wieder hereinholen. Tierhaltende Betriebe, die keine eigene Biogasanlage betreiben, werden aus Kostengründen mit großer Wahrscheinlichkeit Schwefelsäure einsetzen.
Positiver fielen die Ergebnisse zu Boden und Nährstoffeffizienz aus:
Es wurden keine nachteiligen Auswirkungen auf das Bodenmikrobiom festgestellt, auch zu einer Bodenversauerung oder einer Änderung des Phosphathaushaltes kam es nur minimal. Zudem ging weniger Ammonium durch die Ausgasung von Ammoniak verloren und die Umsetzung des Ammoniums zu Nitrat verlief langsamer, ein entsprechender Trend war bis fünf Monate nach der Ausbringung nachweisbar. Dadurch lassen sich potenziell Mineraldünger einsparen.
Die Gärreste aus angesäuerter Gülle haben die gleichen pH-Werte wie die aus nicht-angesäuerter Gülle. Um Emissionen zu mindern, ist es deshalb erforderlich, die Gärreste zur Ausbringung erneut anzusäuern. Dies testete die LFA mit Schleppschlauchtechnik in Weizen, Raps und Mais. Im Weizen reduzierte die Absenkung des pH-Wertes auf pH 5,5 die Ammoniakemissionen um über 80 Prozent. In allen Versuchsjahren stieg zudem der Rohproteingehalt der Weizenkörner, während eine Steigerung des Kornertrages nur in zwei von drei Jahren und nur in geringerem Maße belegbar war.
Unter Witterungsbedingungen, die hohe Emissionen fördern, lag die maximale Absenkung der NH3-Emissionen in Mais und Raps durch Ansäuerung bei ca. 70 Prozent. Beim Mais stiegen zudem die Erträge und Stärkegehalte, während sich im Raps bei der Ausbringung vor der Aussaat keine positiven Ertragseffekte feststellen ließen. In beiden Kulturen konnte die Einarbeitung der Gärreste mit einem Güllegrubber die Emissionen allerdings noch stärker reduzieren. Beim Mais war der Grubber zugleich auch die ertragsstärkste Variante.
Die LFA resümiert, dass Pflanzenbauer die Mehrkosten der Ansäuerung nach aktuellem Stand noch nicht durch die Einsparung bei Mineraldüngern und eventuelle Mehrerträge oder Qualitätssteigerungen der Ernteprodukte kompensieren können.
Insgesamt führt das Verfahren damit aufgrund der Kosten für Säure und Eisenpräparate, sinkender Methanerträge und hoher Schwefelfrachten im Gärrest bei zu geringen Vorteilen durch die höhere Stickstoffeffizienz zu Verlusten im Bereich der Biogasproduktion. Da es für den Emissions-, Umwelt- und Klimaschutz jedoch seine hohe Wirksamkeit belegt hat, wären Fördermaßnahmen für eine emissionsgeminderte Ausbringung eine Möglichkeit, eine stärkere Etablierung in der Praxis zu erreichen.
Hintergrund:
Ammoniak (NH3) ist eine gasförmige Stickstoffverbindung, die unter anderem bei der Ausbringung von Wirtschaftsdüngern wie Flüssig- und Festmist sowie Gärresten emittiert. In der Atmosphäre reagiert sie mit anderen Gasen zu Ammoniumsalzen und gelangt in Form von Schwebstäuben mit Niederschlägen in Gewässer und Böden. Die Folgen sind Eutrophierung (Überdüngung) und Versauerung mit negativen Auswirkungen auf die Biodiversität. Die ammoniumsalzhaltigen Feinstäube gelten zudem als gesundheitsschädlich für den Menschen. Ein kleiner Teil des Ammoniaks wird außerdem in das besonders klimaschädliche Lachgas umgesetzt.
Handlungsdruck zur Senkung der Ammoniakemissionen erzeugt die NEC-Richtlinie der EU (National Emission Ceilings Directive), die 2018 in nationales Recht umgesetzt wurde. Demnach müssen die Emissionen hierzulande ab 2030 um 29 Prozent unter denen des Bezugsjahrs 2005 liegen.
Quelle: FNR