20 Prozent weniger Kunststoffe, ausgereiftes Recycling und der verstärkte Einsatz von Rezyklaten bei der Herstellung neuer Kunststoffprodukte. Bessere Materialtrennung und -sortierung für eine optimale Kreislaufwirtschaft im Bau- und Automobilsektor und sinnvolle gesetzliche Rahmenbedingungen für den Einsatz von Sekundärrohstoffen.
Die erweiterte Herstellerverantwortung (englisch: Extended Producer Responsibility, EPR) als Schlüssel zur Finanzierung der Sammlung und Entsorgung von Alttextilien und verpflichtende Vorgaben an nachhaltige Textilien in der neuen Ökodesign-Richtlinie der EU. Zu diesen und weiteren Themen haben sich Expert*innen des Öko-Instituts mit externen Fachleuten im Rahmen der digitalen Foren des Wissenschaftsforums „Circular Economy“ des Öko-Instituts ausgetauscht.
Forum Kunststoffe: Kreisläufe effizient schließen
Die Kunststoffwirtschaft basiert derzeit zu über 94 Prozent auf fossilen Rohstoffen. Schon heute gibt es zahlreiche Alternativen wie Biokunststoffe, Bekleidung aus Altreifen und Verpackungen aus CO2 aus Industrieabgasen – doch die Hauptaufgabe für die Zukunft der Kunststoffindustrie ist es, Kreisläufe möglichst effizient zu schließen.
Dazu bedarf es einer klaren Hierarchie für eine Circular Economy, betonte Andreas Manhart, Senior Researcher am Öko-Institut, im ersten digitalen Forum des Öko-Instituts. An erster Stelle stehe die Reduktion des Kunststoff- und Rohstoffverbrauchs, gefolgt von der Wiederverwendung und verschiedenen Recyclingverfahren, die ebenfalls einer Hierarchie folgen: werkstoffliches Recycling einschließlich Depolymerisierung und rohstoffliches Recycling, das Pyrolyse und Gasification umfasst. Erst am Ende der Kette – wenn alle anderen Möglichkeiten bereits ausgeschöpft sind – stünden das Abfangen und die Nutzung von Kohlenstoffverbindungen oder die Nutzung biogener Rohstoffe für die Kunststoffproduktion.
„Langfristig müssen wir weg vom einmaligen Recycling hin zu einer Kreislaufwirtschaft, in der Produkte möglichst lange genutzt werden, bevor sie in verschiedenen Prozessschritten und Verfahren möglichst effizient und hochwertig recycelt werden“, fasst Manhart die Herausforderungen für eine Kreislaufwirtschaft bei Kunststoffen zusammen.
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Forum Urban Mining: Schlüssel zur nachhaltigen Ressourcennutzung
Die Bewirtschaftung des anthropogenen Lagers, also der in Infrastrukturen, Gebäuden und Gebrauchsgütern gebundenen Rohstoffe, gewinnt für eine nachhaltige Ressourcennutzung zunehmend an Bedeutung. In Deutschland sind rund 52 Milliarden Tonnen Material verbaut, jährlich kommt Schätzungen nach fast eine Milliarde Tonnen Material neu hinzu. Ein Großteil der Rohstoffe ist im Bau- und Automobilsektor gebunden.
Im zweiten digitalen Forum des Öko-Instituts betonten die Expert*innen die Notwendigkeit verbesserter Recyclingtechnologien und politischer Rahmenbedingungen, um die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Vorgeschlagen werden unter anderem eine verpflichtende Demontage bestimmter Fahrzeugteile, um die Rückgewinnung von Wertstoffen zu verbessern, sowie höhere verbindliche Einsatzquoten für Rezyklate inklusive staatlicher Förderung, um deren Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. Auch eine bessere Charakterisierung und Vorsortierung von Reststoffen und Schrotten im Bausektor könne dazu beitragen, die Recyclingfähigkeit von Materialien wie Stahl oder mineralischen Baustoffen zu verbessern.
„Insgesamt muss Urban Mining sinnvoll in die Kreislaufwirtschaft eingebunden werden“, betont Dr. Johannes Klinge, Experte für Rohstoffe am Öko-Institut. „Zu dieser gehört die Reduzierung des Rohstoffeinsatzes insgesamt beispielsweise über Reparatur und verstärkte Wiederverwendung.“
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Forum Textilien: Förderung der Kreislaufwirtschaft in der EU und weltweit
Jedes Jahr werden 12 Millionen Tonnen (Mio. t) Textilien auf den Markt gebracht, von denen etwa acht Mio. t auf Deponien landen oder verbrannt werden. Im Schnitt entsorgt jede*r Europäer*in 16 Kilogramm Textilien pro Jahr.
Die Expert*innen des dritten digitalen Forums forderten politische und wirtschaftliche Maßnahmen in den Bereichen nachhaltiges Design, das auf Langlebigkeit, Reparierbarkeit und Wiederverwendung ausgelegt ist; veränderte Geschäftsmodelle, die stärker auf Wiederverwendung, Wiederverkauf oder Reparatur setzen sollten; sowie den Auf- und Ausbau von Infrastrukturen wie Sammel- und Recyclingsysteme für Alttextilien – in der EU und weltweit.
In diesem Forum kamen auch Expert*innen aus Ghana, Indien, Kolumbien und Lettland zu Wort, die über Maßnahmen für die Circular Economy von Textilien in ihren Ländern berichteten. Im Mittelpunkt der Diskussion standen Themen wie die Finanzierung beim Aufbau entsprechender Infrastrukturen, das gegenseitige Lernen und der Aufbau technischer und personeller Kapazitäten für eine Circular Economy – alles Themen, bei denen die EU diese Länder nach Meinung der Expert*innen unterstützen sollte.
„Wir brauchen klare Ziele für die Wiederverwendung und einen starken EU-weiten Konsens für Anforderungen an die Hersteller, Textilien zu sammeln und zu recyceln, die erweiterte Herstellerverantwortung, sowie ein Gebührensystem, dass die Abfallbewirtschaftung von exportierten Alttextilien in außer-europäischen Ländern mitfinanziert,“ sagt Clara Löw, Wissenschaftlerin mit Schwerpunkt Circular Economy am Öko-Institut.
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Abschlussforum „Circular Economy: Vom genialen Konzept zur breiten Umsetzung“
Eine halbtägige Tagung in Berlin bildet den Abschluss des Wissenschaftsforums und bietet eine Plattform für den Austausch über positive Zukunftsbilder sowie notwendige Rahmenbedingungen für die Umsetzung der Circular Economy. Gemeinsam mit Akteur*innen aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik sowie der Zivilgesellschaft diskutiert das Öko-Institut, wie sich die Circular Economy als tragfähiges Geschäftsmodell etablieren kann, welche Gerechtigkeitsfragen für den Strukturwandel gelöst werden müssen und wie Bürger*innen und Politik den Wandel gemeinsam gestalten können.
Quelle: Öko-Institut e.V.