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Rohstoffe aus dem Bestand retten: Was die GWG anders machen will

Die GWG Städtische Wohnungsgesellschaft München mbH hat für ihr Entwicklungsgebiet im Münchner Stadtteil Ramersdorf das Umweltberatungsinstitut EPEA ins Boot geholt, eine Tochter der in Stuttgart ansässigen Bauberatung Drees & Sommer SE. Die Kreislaufspezialisten katalogisieren sämtliche Materialien und Baustoffe und prüfen deren Wiederverwertbarkeit.

„Aufgrund der Gebäudesubstanz ist eine Sanierung der Immobilien nicht möglich“, sagt Rositsa Doneva, Teamleiterin Klimaschutz der GWG. „Zudem wollen wir mehr Wohnfläche schaffen und in den nächsten Jahren insgesamt 900 Wohnungen bauen. Die alten Häuser müssen daher modernen und energetisch optimierten Gebäuden weichen.“ Um aber möglichst viele Rohstoffe aus dem Bestand zu retten, setzt die GWG auf eine umfassende Stoffstromanalyse. Stark vereinfacht geht es dabei um den Weg eines Stoffes von seiner Gewinnung über seine Verarbeitung bis hin zu seiner Wiederverwertung oder Entsorgung. „Durch die Stoffstromanalyse können wir überhaupt erst abschätzen, welche Bauteile wir in unseren eigenen Neubauvorhaben wieder einsetzen können, welche Materialien sich für eine Baustoffbörse eignen oder ob sogar eine Hersteller-Rücknahme sinnvoll ist“, beschreibt Doneva das Vorhaben.

Entwickelt wurde die Stoffstromanalyse von Andrea Heil und Matthias Heinrich, die bei EPEA kreislauffähiges Bauen und Urban Mining vorantreiben. Im Rahmen der Analyse hat das Team für die GWG Türrahmen, Fensterglas, Metall, Holz und sogar alte Müllhäuschen katalogisiert und Möglichkeiten zur Weiterverwendung aufgezeigt. Matthias Heinrich: „Die Baubranche verschlingt hierzulande etwa 90 Prozent der geförderten mineralischen Rohstoffe und verursacht gleichzeitig mehr als die Hälfte des Abfallaufkommens. Wertvolle Materialien landen bei Umbau oder Abriss auf dem Müll, während bei Neubauvorhaben teilweise dieselben Materialien teuer bezahlt werden.“ Das will die GWG nun ändern.

Vom Fenstergitter zur Startrampe

Grundsätzliche Erkenntnisse aus der Stoffstromanalyse: „Sofern sie keine Schadstoffe enthalten, lassen sich beinahe alle Baustoffe wiederverwenden oder zumindest höherwertig recyceln. Zudem zeigt die Analyse mögliche Verwertungswege für die vorhandenen Bauteile auf“, erklärt Andrea Heil. „Nehmen wir zum Beispiel die Fenster“, führt Rositsa Doneva aus. „Davon haben wir insgesamt 147. Sofern sie den aktuellen energetischen Anforderungen entsprechen, könnten wir sie ohne Probleme nach der Sanierung erneut einsetzen. Falls nicht, können sie immer noch ein zweites Leben bekommen – etwa als Trennwände im Innenbereich oder bei Gewächshäusern.“

Auch eine ausgefallenere Nutzung ist denkbar, wenn man sich beispielsweise die ehemaligen Kellerfenstergitter der Augsburger Stadtbücherei als Vorbild nimmt. Sie dienen heute als Startrampen einer Mountainbike-Strecke am Bodensee. Neben Fenstern sind auch Türen, Dachziegel oder Treppengeländer oftmals viel zu schade für den Bauschuttcontainer und besser auf Baustoffbörsen aufgehoben, wo sie schnell und unkompliziert neue Besitzer finden können, meint EPEA.

Materialpass für Gebäude

Gerade bei älteren Gebäuden ist es oft mühselig, alle relevanten Daten zusammenzusuchen. „In der Regel kommt man nicht umhin, sich alles ganz genau vor Ort anzuschauen. Es gibt Fälle, in denen muss auch stichprobenartig ein Loch in die Wand gebohrt werden, um zu prüfen, was wirklich dahinter ist“, weiß Heinrich. In Zukunft soll hier ein digitaler Ressourcenpass Abhilfe schaffen, eine Art Klimaführerschein fürs Gebäude. Darin soll genau dokumentiert werden, welche Produkte und Materialien eingesetzt werden, wie groß ihr ökologischer Fußabdruck ist und welchen Wert sie haben.

Die Kreislaufspezialisten von EPEA erstellen bereits seit mehreren Jahren solche Ausweise für Neubauten: Das Bürogebäude The Cradle in Düsseldorf, das Wohnhochhaus Moringa in Hamburg und die neue Drees & Sommer-Firmenzentrale, OWP 12 genannt, sind – wenn es irgendwann zum Umbau oder Abriss kommt – bereits ausgewiesen wiederverwertbar. Auch für die GWG wird es einen Praxis-Leitfaden geben, der neben dem Urban Mining auch kreislauffähige Konzepte für den Neubau beinhaltet. „Unser Anspruch ist, dass der Gebäuderessourcenpass nicht eine Formalie gegenüber Behörden und Banken wird, sondern einer lebenszyklusorientierten und ressourcenschonenden Bewirtschaftung dienen kann“, schließt Rositsa Doneva.

Quelle: Drees & Sommer SE

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