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Höhere Rezyklatqualität durch neue Sortiertechnologien?

Aktuell wird der Einsatz neuer Verfahren wie künstlicher Intelligenz, Tracermarkierungen oder auch digitaler Wasserzeichen diskutiert. Aber auch die gängigen Sortiertechnologien werden immer besser. Welche Chancen ergeben sich durch die innovativen Sortiertechnologien? Und brauchen wir diese überhaupt?

Diesen Fragen wurde in der DGAW-Online-Veranstaltung „Innovative Sortiertechnologien im Fokus“ Anfang November mit über 130 Teilnehmern nachgegangen. Beate Kummer moderierte die Veranstaltung und gab eine kurze Einführung in das Thema.

Zu Beginn stellte Naemi Denz die intelligenten Lösungen der Steinert GmbH vor. Durch die Fusion mehrerer Sensoren unterstützt durch Künstliche Intelligenz können zum Beispiel Kartuschen aussortiert werden, die aufgrund der für das Recycling schädlichen Inhaltsstoffe abgetrennt werden sollen. Bei der KI-Technologie werden die klassischen Sensoren durch Objekterkennung auf der Grundlage von Datenbanken ergänzt. Dies erfordert keine neuen Scanner, sondern kann mit der klassischen Steinert-Sortiertechnologie erfolgen. Auch die Sortierung von schwarzen Kunststoffen mittels NIR-Sensoren ist heute mit Steinert-Technologie kein Problem mehr. Die Lösung liegt in der Anordnung des NIR-Sensors in der Maschine. Dies ist vor allem für Kunststoffe im Bereich Altfahrzeuge relevant.

Am Ende des Vortrags stellte Naemi Denz die Robotertechnologie von Steinert vor, die durch hochauflösende Kamera-basierte NIR-Technologie eine automatisierte Nachsortierung und Qualitätssicherung erlaubt. Im Bereich der Markierungen ist Steinert Mitglied der Initiative R-Cycle, die im Gegensatz zu Digimarc (Lizenzgebühren) einen offen zugänglichen Standard aufbauen will.

Technologie der Fluoreszenzmarker: Eine wesentlich höhere Ausbeute und Sortenreinheit ist möglich

Jochen Moesslein, Polysecure GmbH, sprach anschließend über die Technologie der Fluoreszenzmarker, die zur Markierung der Verpackungen eingesetzt werden, um diese spezifiziert (z. B. Trennung Food/Non-Food) zu erkennen und auszusortieren. Tracer können auch eingesetzt werden, um unerwünschte Materialien wie Verbunde abzutrennen („Negativsortierung“). Die in geringen Mengen auf Verpackungen (z. B. in der Druckfarbe, einmalige Anwendung/abwaschbar im Deinkingprozess) oder in Verpackungen (im Polymer für mehrere Lebenszyklen) eingebrachten Fluoreszenzmarker werden in einem Laservorhang zur Emission angeregt und erzeugen eine sehr spezifische Fluoreszenz, wobei Schmutz, Deformation und Lage keinen Einfluss haben. Für den Einsatz der Technologie in Sortieranlagen ist eine stärkere Vereinzelung im Vergleich zur heutigen Sortierung erforderlich, jedoch ist eine wesentlich höhere Ausbeute und Sortenreinheit der sortierten Fraktionen möglich. Ferner kann nach definierbaren – eben genau den für eine hohe Recyclingquote erforderlichen – Fraktionen sortiert werden. Nach Aussagen von Moesslein kann mit Tracer-Based-Sorting eine Detektionsrate von rund 98 Prozent erreicht werden.

Trennung nach unterschiedlichen Kriterien

Claudius Jäger, Digimarc GmbH, stellte im Folgenden die digitalen Wasserzeichen vor, mit Hilfe derer ähnlich einem unsichtbaren Barcode vielfältige Informationen auf Verpackungen aufgebracht werden können. Durch eine Identifizierung auf SKU-Level (GTIN) kann eine Trennung nach unterschiedlichen Kriterien erzielt werden(z. B. Food/Non-Food, Shrink-Sleeves, gefährlicher Inhalt, schwarze Materialien, etc.).

Derzeit wird die Zuverlässigkeit des Systems und die Detektions- sowie Auswurf-Leistung in der Sortieranlage in mehreren Versuchsphasen geprüft. Im September erreichte die Add-On  Unit von Pellenc, die im kommenden Jahr auch industriell eingesetzt wird, eine Detektionsquote von 98 Prozent und eine Auswurfquote von 95 Prozent. Aktuell laufen die Sortierversuche in Phase 2 in einer Pilotanlage in Kopenhagen, um diese Ergebnisse im semi-industriellen Umfeld zu validieren. Im kommenden Jahr startet Phase 3 mit Tomra und Pellenc an fünf Standorten in Frankreich und Deutschland. Anschließend sollen funktionsfähige Prototypen in kommerziellen Sortier- und Recyclinganlagen unter normalen Betriebsbedingungen in großem Maßstab eingesetzt werden; zu den Partnern gehören unter anderen Suez, PreZero, Indorama, Tomra, Borealis, Zimmermann, Paprec. Digimarc ist einer der über 130 Partner des Projekts Holy Grail 2.0, das alle Partner entlang der Wertschöpfungskette einer Verpackung vereint, um das Verpackungsrecycling zu optimieren.

Die Faktoren „Sortiertiefe“, „Sortierqualität“ und „wirtschaftlicher Anlagendurchsatz“ stellen konkurrierende Ziele dar

Stefan Böhme, Böhme GmbH, betreibt seit 26 Jahren eine LVP-Sortieranlage und erläuterte die aktuellen Herausforderungen sowie die Sortierergebnisse der Anlage: Die Fraktionen bestehen aus verschiedenen polymeren Kunststoffen, Getränkekartons, Weißblech, Aluminium und PPK. Die stoffliche Recyclingquote beträgt am Beispiel der aktuellen Woche 52,7 Prozent, der Rest wird thermisch verwertet. Höhere Zuführungsquoten zur stofflichen Verwertung scheiterten jedoch nicht an der Technik zur Erkennung einzelner Stoffe sondern an der tatsächlichen Zusammensetzung des zur Verfügung stehenden Sammelgemischs. Die drei Faktoren „Sortiertiefe“, „Sortierqualität“ und „wirtschaftlicher Anlagendurchsatz“ stellen dabei konkurrierende Ziele dar, innerhalb derer man sich heute bei der Sortierung bewegen muss.

Die Vorteile der neuen Technologien liegen in der besseren Nachverfolgbarkeit der Objekte sowie in der eindeutigen Identifikation, die neue Märkte eröffnet. Zugleich sagte Böhme, dass die Sortierung nicht durch die derzeit angebotene Technik limitiert sei, sondern durch den Markt beziehungsweise die Qualität der Fraktionen. Einen Ersatz der vorhandenen Technologien wird es aus seiner Sicht durch die neuen Verfahren nicht geben, vielmehr eine Ergänzung der vorhandenen Technik. Denn zusätzlich sortierte Fraktionen müssten in ausreichender Menge und Kontinuität auf entsprechende Nachfrage treffen. Hierzu  müsste auch die Inputqualität der LVP-Fraktion steigen.

Ein Vorteil könnte in der Trennung von Food/Non-Food Verpackungen liegen, da diese gegebenenfalls Rezyklate liefert, die wieder in Lebensmittelverpackungen eingesetzt werden können.

Weitere Chancen könnten sein:

  • Gezieltes Ausschleusen qualitätsmindernder Inhalte
  • Farbsortierung
  • Konditionierung gemäß einer „Rezeptur“
  • Qualitätstransparenz

In der Schlussrunde wurden Wünsche zur Verbesserung der Sortierung genannt: Darunter recyclingfähigere Verpackungen, bessere Trennung und Aufklärung der Verbraucher, intensivere Zusammenarbeit der Beteiligten entlang der Wertschöpfungskette, stoffstromorientierte Zielsetzungen statt starrer Quoten, Technologieoffenheit, Nachfragesteigerung für Rezyklate.

Die DGAW hat seit Jahren aufgezeigt, dass Recyclingquoten der falsche Weg seien, um das Recycling zu steigern und fordert vielmehr Substitutionsquoten, wie sie jetzt im EU-Aktionsplan umgesetzt wurden.

Quelle: DGAW

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