Studie des Capgemini Research Institute: Sieben von zehn Verbrauchern in Deutschland möchten ihr Konsumverhalten ändern, um umweltbewusster zu handeln. Fast die Hälfte glaubt, dass Unternehmen noch nicht genügend Maßnahmen umsetzen, um Kreislaufwirtschaft zu ermöglichen. Besonders mangelnde Kennzeichnung von Produkten (60 Prozent) und hohe Reparaturkosten (55 Prozent) hindern Verbraucher daran, nachhaltiger einzukaufen.
Steigendes Umweltbewusstsein und Sorge über Verschwendung und erschöpfte Ressourcen führen dazu, dass immer mehr Verbraucher auf nachhaltigeren Konsum setzen. Mehr als sieben von zehn Verbrauchern in Deutschland möchten ihr eigenes Konsumverhalten entsprechend ändern. Das geht aus einer neuen Studie des Capgemini Research Institute mit dem Titel „Circular economy for a sustainable future: How organizations can empower consumers and transition to a circular economy” hervor. Dafür wenden sich Verbraucher zunehmend an Unternehmen, die auf das Prinzip der Kreislaufwirtschaft setzen. Fast die Hälfte glaubt jedoch, dass Unternehmen derzeit noch nicht genug für Recycling, Wiederverwertung und Abfallreduktion tun.
Hohe Nachfrage nach zirkulären Produkten
Für die Studie hat das Capgemini Research Institute mehr als 8.000 Verbraucher in 14 Ländern weltweit befragt, darunter 757 Personen in Deutschland. Sie zeigt, dass Verbraucher nachhaltiger konsumieren möchten, indem sie beispielsweise ihren gesamten Konsum reduzieren (54 Prozent), langlebigerer Produkte kaufen (72 Prozent), oder Produkte reparieren und warten lassen, um deren Lebensdauer zu verlängern (70 Prozent). 67 Prozent erwarten, dass Unternehmen ihre Produkte verantwortungsbewusst bewerben und keinen übermäßigen Konsum fördern.
Aus früheren Untersuchungen von Capgemini geht hervor[1], dass Unternehmen es bisher versäumt haben, das Modell der Kreislaufwirtschaft zu etablieren, mit dem Materialkreisläufe möglichst geschlossen werden. Gleichzeitig wenden sich immer mehr Verbraucher jenen Unternehmen zu, die ein solches nachhaltiges Geschäftsmodell entwickelt haben. Dies gilt insbesondere für Bereiche, für die Konsumenten bereits ein hohes Bewusstsein entwickelt haben, wie Lebensmittel- und Plastikabfälle. So haben 44 Prozent der Verbraucher in den letzten zwölf Monaten ihre Ausgaben bei Lebensmittel- und Getränkeherstellern erhöht, welche sich auf Recycling, Wiederverwertung und Abfallvermeidung konzentrieren. 40 Prozent der Verbraucher haben dies im Bereich der Körper- und Haushaltspflegeprodukte getan.
Insgesamt glauben jedoch 49 Prozent, dass Unternehmen noch weitere Maßnahmen im Bereich Recycling, Wiederverwertung und Abfallreduktion ergreifen müssen. Fehlende Handlungsbereitschaft kann sich zudem zu einem Reputationsproblem für Unternehmen entwickeln: Mehr als die Hälfte (51 Prozent) der Verbraucher hat derzeit kein Vertrauen in die Nachhaltigkeitsversprechen von Unternehmen.
Hindernisse abbauen: Schwerpunkt liegt aktuell in der Nachnutzungsphase
Im Hinblick auf Komfort, Zugang und Kosten fühlen sich Verbrauchern darin beeinträchtigt, nachhaltigere Konsumentscheidungen zu treffen. Drei von fünf (60 Prozent) geben als Begründung an, dass Produktkennzeichnungen keine ausreichenden Informationen, etwa über Herkunft, Wiederverwertbarkeit oder recycelten Inhalt, beinhalten. Für 55 Prozent stellen hohe Kosten für die Reparatur von Produkten eine Hürde dar. Und mehr als die Hälfte (53 Prozent) gibt an, dass sie keine Kompromisse bei der Bequemlichkeit eingehen wollen.
Um die Lebensdauer von Produkten zu verlängern, gibt es bereits regulatorische Bemühungen wie die EU-Initiative „Recht auf Reparatur“. Zusätzlich sollten Unternehmen weitere Maßnahmen ergreifen, um ihr Produktportfolio nachhaltiger zu gestalten und umweltbewussten Konsum zu ermöglichen. Derzeit konzentrieren sich die Verbraucher in ihrem Verhalten vor allem auf die Phase nach der Nutzung. So geben beispielsweise 58 Prozent der Verbraucher an, dass sie Lebensmittelabfälle trennen – in Deutschland sogar 69 Prozent. Aber nur 48 Prozent der deutschen Befragten kaufen Lebensmittel ein, bei denen möglichst wenig Verpackungsmaterial verwendet wird. Dies könnte auf eine beschränkte Auswahl an nachhaltigen Produkten hindeuten, die Konsumenten tatsächlich zur Verfügung stehen. Zwar ist verantwortungsvolle Entsorgung ein Schlüssel zur Kreislaufwirtschaft, doch es bedarf weiterer Bemühungen, um sicherzustellen, dass Abfall gar nicht erst entsteht.
„Die Kreislaufwirtschaft ist der Schlüssel zu nachhaltigem Wachstum. Schon jetzt tragen die Verbraucher mit ihrem Verhalten ihren Teil dazu bei, doch sie können nur aus einem gering bestehenden Angebot auswählen. Es liegt daher an Industrieunternehmen, Produkte mit einem nachhaltigeren Lebenszyklus zu entwickeln“, kommentiert Kiri Trier, Sustainability Solutions Lead bei Capgemini Invent in Deutschland.
„Dafür müssen sie einen tiefgreifenden Wandel in drei Bereichen einleiten: die Minimierung des CO2-Impacts ihrer bestehenden Produkte und Dienstleistungen, ein Produktdesign, welches das Prinzip der Kreislaufwirtschaft von Beginn an berücksichtigt, sowie die Etablierung einer nachhaltigen Geschäftsstrategie für den gesamten Betrieb. Unternehmen, die diese Transformation erfolgreich umsetzen, werden zu den Marktführern von morgen zählen und können sich die Loyalität ihrer Kunden sichern. Auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit ist die Kreislaufwirtschaft eine Investition in die Art und Weise, wie wir in Zukunft wirtschaften wollen.“
Handlungsempfehlungen, um ein Geschäftsmodell auf Basis der Kreislaufwirtschaft zu etablieren
Im Gegensatz zum linearen Wirtschaftsmodell „Take-Make-Waste“ ist die Kreislaufwirtschaft regenerativ und zielt darauf ab, Wachstum schrittweise vom Verbrauch endlicher Ressourcen abzukoppeln. Für Verbraucher bedeutet dies, langlebige Produkte zu kaufen, die recycelbar sind oder aus recycelten Materialien hergestellt wurden, sie durch effektive Wartung und Reparatur lange in Gebrauch zu halten, oder am Ende ihrer Lebensdauer so zu entsorgen, dass wenig oder kein Abfall entsteht. Um die Erwartungen von Verbrauchern zu erfüllen, sollten Unternehmen Produkte und Geschäftsmodelle entwickeln, die bereits durch ihr Design Abfälle vermeiden, sowie ihren Rohstoffverbrauch reduzieren und die Rückgabe und Weiterverwertung von Produkten und Verpackungen einplanen.
Capgemini hat zentrale Maßnahmen identifiziert, die Unternehmen ergreifen können, um erfolgreiche Initiativen für die Kreislaufwirtschaft zu implementieren:
- Produktentwicklung nach den Prinzipien des Kreislaufdesigns
- Radikales Überdenken von Geschäftsmodellen
- Wertschöpfungsketten überdenken, um den Kreislauf zu schließen
- Nachhaltige Praktiken für Verbraucher ermöglichen
- Organisatorische Voraussetzungen schaffen, die den Übergang zum Kreislaufwirtschaftsmodell unterstützen
- Nutzung neuer Technologien zur Förderung einer Kreislaufwirtschaftsstrategie
- Kollaboration, um den Fortschritt zu beschleunigen
Methodik
Das Capgemini Research Institute hat weltweit fast 8.000 Verbraucher in 14 Ländern zu ihrem Interesse und ihrer Akzeptanz des Kreislaufwirtschaftsprinzips sowie zu ihren Erwartungen an Unternehmen aus den Bereichen Automobil, Konsumgüter und Einzelhandel (einschließlich Lebensmittel, Körper- und Haushaltspflegeprodukte, Mode und Kleidung, Möbel, Unterhaltungselektronik und Haushaltsgeräte) befragt. Außerdem hat Capgemini Interviews mit 20 Experten aus Industrie, Hochschulen, Start-ups und Think-Tanks geführt, die im Bereich der Kreislaufwirtschaft tätig sind.
Über Capgemini
Capgemini ist ein führender Partner für Unternehmen bei der Steuerung und Transformation ihres Geschäfts durch den Einsatz von Technologie. Den eigenen Angaben zufolge ist die Gruppe jeden Tag durch ihren „Purpose“ angetrieben, die Entfaltung des menschlichen Potenzials durch Technologie zu fördern – für eine integrative und nachhaltige Zukunft. Capgemini versteht sich als verantwortungsbewusste und diverse Organisation mit einem Team von über 300.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in fast 50 Ländern. Eine über 50-jährige Unternehmensgeschichte und tiefgehendes Branchen-Know-how seien ausschlaggebend dafür, dass Kunden Capgemini das gesamte Spektrum ihrer Geschäftsanforderungen anvertrauten: von Strategie und Design bis hin zum Geschäftsbetrieb. Dabei setzt das Unternehmen auf die sich schnell weiterentwickelnden Innovationen in den Bereichen Cloud, Data, KI, Konnektivität, Software, Digital Engineering und Plattformen. Der Umsatz der Gruppe lag im Jahr 2020 bei 16 Milliarden Euro.
Über das Capgemini Research Institute
Das Capgemini Research Institute ist Capgeminis hauseigener Think-Tank in digitalen Angelegenheiten. Das Institut veröffentlicht Forschungsarbeiten über den Einfluss digitaler Technologien auf große Unternehmen. Das Team greift dabei auf das weltweite Netzwerk von Capgemini-Experten zurück und arbeitet eng mit akademischen und technologischen Partnern zusammen. Das Institut hat Forschungszentren in Indien, Singapur, Großbritannien, und den USA.
[1] Die Capgemini-Studie „Sustainability in Consumer Product and Retail“ 2020 zeigt, dass nur 18 Prozent der Führungskräfte aus den Bereichen Konsumgüter und Einzelhandel in Initiativen zur Kreislaufwirtschaft investiert haben. Die Automobilindustrie ist reifer: Laut der Studie „The Automotive Industry in the Era of Sustainability“ gaben 52 Prozent der Automobilunternehmen an, dass die am häufigsten eingesetzte Nachhaltigkeitsinitiative die Unterstützung und Förderung einer Kreislaufwirtschaft ist.
Quelle: Capgemini Germany