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Kreislaufwirtschaft ist mehr als Recycling und die Umsetzung kein Selbstzweck

Potential und Dynamik von Circular Economy als zukunftsfähiges Marktmodell.

Produzieren, konsumieren, wegwerfen. Was in fast allen Lebensbereichen dominiert, ist mit globalen Herausforderungen nicht mehr vereinbar. Das lineare Wirtschaftsmodell entwickelt sich immer mehr zum Auslaufmodell und muss dringend durch nachhaltige Prinzipien wie beispielsweise Kreislaufwirtschaft ersetzt werden. Auch zeigt der vom Bundesumweltministerium in Auftrag gegebene GreenTech-Atlas 2021 eine Dynamik in der ökologischen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft, die sowohl zu radikal veränderten Geschäftsmodellen führt, als auch zu Wachstums-Chancen für Unternehmen, die in nachhaltige Technologien und Dienstleistungen investieren. Doch was bedeutet zirkuläres Wirtschaften für Unternehmen?

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wurden im Jahr 2019 in Deutschland pro Person 72 Kilogramm Verpackungsmüll eingesammelt und damit durchschnittlich vier Kilogramm mehr als im Vorjahr. Doch nicht nur im Verpackungsbereich nimmt der Verbrauch stetig zu. Auch in anderen Bereichen ist der Konsum höher als der Rohstoffanteil der Erde. Laut Umweltbundesamt verursachen Bau- und Abbruchabfälle den größten Abfallstrom in Deutschland – im Jahr 2018 rund 54 Prozent des Brutto-Abfallaufkommens – und spielen damit eine wichtige Rolle für zirkuläres Wirtschaften.

Für Unternehmen gibt es triftige Gründe, das Prinzip der Kreislaufwirtschaft in ihre Geschäftsmodelle zu integrieren

Es liegt auf der Hand, dass Lösungen nicht in der Beseitigung des Mülls liegen. So definiert auch die Änderung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes von 2020 als wichtigste Ziele die Verringerung des Ressourcenverbrauchs, Erhöhung der Recyclingquoten und Stärkung der Abfallvermeidung. Kreislaufwirtschaft als neues Denkmodell ist also ein richtiger Lösungsansatz für nachhaltigen Ressourcenschutz. Der Circular Economy Action Plan der EU-Kommission sowie die ab 2022 anzuwendende EU-Taxonomie machen deutlich, dass der Übergang zu einer CO2-neutralen, nachhaltigen und ressourceneffizienten Circular Economy in Europa bereits im Gange ist. Im Mai 2021 beschrieb die Circular Economy Initiative Deutschland in einer neu veröffentlichten Roadmap, mit welchen konkreten Maßnahmen Deutschland eine systemische Circular Economy entwickeln und Klimaneutralität erreichen kann. Auch dadurch wird klar, dass die Umsetzung einer zukunftsfähigen Kreislaufwirtschaft kein Selbstzweck ist.

Für Unternehmen gibt es also triftige Gründe, das Prinzip der Kreislaufwirtschaft in ihre Geschäftsmodelle zu integrieren. Aktuell wird dieses Marktmodell zwar noch mit Zurückhaltung gelebt, was jedoch nicht an mangelnder Bereitschaft liegt. So gaben in einer Umfrage des Umweltcluster Bayern rund 35 Prozent der 70 Teilnehmenden eines Online-Seminars zur Circular Economy an, noch keine zirkulären Produkte oder Dienstleistungen anzubieten. Bei 20 Prozent seien diese geplant und weitere 35 Prozent bieten sie bereits an. Als Hürden bei der Entwicklung zirkulärer Produkte oder Dienstleistungen seien ein entscheidender Faktor die Kosten (50 %), gefolgt von mangelnder Zeit und fehlendem Bewusstsein (je 33 %) sowie fehlender Kompetenz und fehlendem Commitment im Unternehmen (je 27 %).

„Für die Entwicklung kreislauffähiger Produkte spielt intelligentes Design eine entscheidende Rolle“

Eine besonders hohe Hürde ist die Herstellung kreislauffähiger Produkte. So referierte der Nachhaltigkeitsberater Dr. Mateusz Wielopolski im Rahmen der vom Umweltcluster Bayern geführten Online-Seminar-Reihe „Die sieben Prinzipien der Circular Economy“ über Möglichkeiten des Circular Design und wie sich kreislauffähige Produkte in der Realität umsetzen lassen. „Für die Entwicklung kreislauffähiger Produkte spielt intelligentes Design eine entscheidende Rolle, da bis zu 80 Prozent der Umweltauswirkungen bereits bei diesem Schritt festgelegt werden. Nicht nur Performance und Ästhetik sind hier ausschlaggebend. Auch müssen Produktionsprozesse so definiert werden, dass Rohstoffe über mehrere Lebenszyklen ohne Qualitätsverluste erhalten bleiben. Eine ganz besondere Rolle spielt die Auswahl geeigneter Materialien und wie diese miteinander verbunden sind beziehungsweise wieder voneinander getrennt werden können. Materialien in durchgängigen, konsequenten und gesunden Kreisläufen zu führen, stellt jedoch hohe Anforderungen an ihre Herstellung. Um kreislauffähige Produkte zu entwickeln, müssen alle Fragen bereits vor der Entwicklungsphase beantwortet werden.“

Kreislaufwirtschaft bedeutet also mehr als nur Recycling. Es ist ein gesamtheitlicher interdisziplinärer Ansatz, der Know-how über Prozesse, Technologien und Materialien verbindet. Der Fokus liegt auf langer Nutzungsdauer und Reparatur. Abfallvermeidung und Wiederverwendung stehen bei diesem Modell weit vor dem Recycling. Das Prinzip ist besonders dann sinnstiftend, wenn Produkte so gestaltet werden, dass sie in einen biologischen oder technologischen Kreislauf rückgeführt werden können. Dieses sogenannte „Cradle-to-Cradle-Design“ erfüllt den Bedarf nach zukunftsfähigen Verfahrensweisen. Gleichzeitig setzt es Materialgesundheit voraus, damit schädliche Stoffe nicht den biologischen Kreislauf belasten und am Ende in der Nahrungskette landen.

Neue Kompetenzen aufbauen

Mit diesen Themen finden eine ökologische Transformation statt, die der Umweltcluster mit Wissenstransfer, Fortbildungen, Vernetzungen und Fördermaßnahmen begonnen hat und mit aktuellen Kenntnissen aus Wissenschaft und Forschung weiterführt. Damit folgt er einem weiteren Umfrage-Ergebnis, bei dem 70 Prozent seiner Seminar-Teilnehmenden äußerten, sie müssten zur Umsetzung zirkulärer Produkte neue Kompetenzen aufbauen. Fast die Hälfte der Befragten gab an, Zugang zu Fördermöglichkeiten und externe Beratung zu suchen.

Dass zirkuläres Wirtschaften als Zukunftsmodell keine Theorie ist, beweist der Umweltcluster insbesondere mit umwelttechnologischen Projekten, wie zum Beispiel „Circular4.0“. Es fördert den Einsatz digitaler Technologien und Prozesse bei KMU im Alpenraum, um deren Entwicklung hin zu zirkulären Geschäftsmodellen zu unterstützen. Das Projekt soll das Bewusstsein für den Zusammenhang von Digitalisierung und Circular Economy bei Multiplikatoren, Wirtschaftsförderern, Finanzgebern und Unternehmen in der Region schaffen. Ein speziell entwickeltes Schulungsprogramm mit Tools zur Entwicklung zirkulärer Geschäftsmodelle mit Hilfe digitaler Prozesse soll an KMU aus dem Alpenraum getestet werden. Interessierte Unternehmen aus Schwaben und Oberbayern können sich für die im Herbst 2021 beginnende Pilotphase beim Umweltcluster bewerben.

Auch mit dem regionalen Kunststoff-Projekt „reGIOcycle“ stellt der Umweltcluster Bayern seine umwelttechnologische Expertise unter Beweis. Das Projekt steht für Vermeidung, Substitution und nachhaltige Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen am Beispiel der Region Augsburg. In einer dreijährigen Forschungsphase widmet es sich den Fragen, wie eine regionale Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe im Raum Augsburg verbessert werden kann und welche nachwachsenden Ressourcen in der Region vorhanden sind. Projektziel ist die Entwicklung und Erprobung eines realisierbaren Konzepts zur nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, unter Mitwirkung verschiedener Akteure und Stakeholder aus Kommunen, Forschungseinrichtungen und lokal agierender Unternehmen.

Dass der Umweltcluster branchenübergreifend in Wertschöpfungsketten denkt, zeigt er auch mit „WeReLaNa“ – einem Cross-Cluster-Projekt im Bereich Bioökonomie. Übergeordnetes Ziel ist das Schließen von Kreisläufen und das Eröffnen von Innovationsräumen für die Nutzung von Reststoffen aus Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie.

Mit seiner Online-Seminar-Reihe „Die sieben Prinzipien der Circular Economy“ bewegt der Umweltcluster ebenfalls die Zahnräder der Vernetzung und Weiterbildung. So vermittelte die gemeinsam mit den bayerischen IHKs veranstaltete Fortbildungsreihe relevante Kenntnisse und zeigte anhand von Best Practices, worauf es bei einer ressourceneffizienten Kreislaufwirtschaft ankommt. Die erfolgreiche Reihe war seit ihrem Start so gut besucht, dass sie nach dem letzten der acht geplanten Seminare nahtlos weitergeführt wird.

„Umweltschutz, Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschonung sind für uns keine Branchentrends, sondern zählen zu unserem Selbstverständnis“, betont Alfred Mayr, Geschäftsführer des Umweltcluster Bayern. „Aus diesem Grund fördern wir die Vernetzung von Unternehmen und Forschungseinrichtungen und damit ihre Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft.“ Auf dieser Grundlage entwickelt sich der Umweltcluster immer mehr zu einer bei Expert:innen gefragten überregionalen Informationsplattform.

Quelle: Umweltcluster Bayern / Trägerverein Umwelttechnologie – Cluster Bayern e.V.

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