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Altreifen-Recycling hat Zukunft – AZuR macht weiter

Abschlussveranstaltung des Innovationsforums Altreifen-Recycling.

Allianz Zukunft Reifen: Über 80 Teilnehmer aus ganz unterschiedlichen Branchen nahmen an der digitalen AZuR-Abschlussveranstaltung des Förderprojektes am 19. Mai 2021 teil. Die Förderphase ist damit abgeschlossen, das Netzwerk startet jetzt in die eigenfinanzierte Phase.

Reifenindustrie, Altreifenentsorger und -verwerter, Runderneuerer und Handel diskutierten und informierten über den Stand der Dinge und die in die Wege geleiteten Maßnahmen. Bei der Veranstaltung hat das Netzwerk ein abwechslungsreiches Live-Programm zusammengestellt, das zum Dialog und Mitmachen einlud.

Yorick Lowin, Geschäftsführer des Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e. V. (Quelle: Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e. V.)

Die Bildung des Netzwerks wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Die Initiative ZARE, eine Arbeitsgruppe beim Bundesverband Reifenhandel und Vulkanisations-Handwerk e.V. (BRV), hat sich dafür stark gemacht, da der Altreifenberg weiter wächst und die Absatzwege aus unterschiedlichen Gründen wegbrechen. Heute gehören zu dem Netzwerk 20 Unternehmen, sieben Organisationen und Verbände, sieben Hochschulen und Institute und zwei Medienpartner – darunter energetische Verwerter, Maschinenhersteller, Runderneuerer und Entsorger. Alle zusammen haben ein Ziel: Das Altreifen-Recycling so zu gestalten, dass so viel wie möglich in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt wird.

AZuR kann zum Brückenbauer eines nachhaltigen Reifenrecycling werden

In den ersten zehn Monaten bildeten sich innerhalb des Netzwerks Arbeitsgruppen zu den Bereichen Pyrolyse/energetische Verwertung, Runderneuerung und stoffliche Verwertung, die in Workshops diskutierten, Erfahrungen austauschten und informierten. Dabei zeigte sich schnell, dass das Zusammenspiel unterschiedlicher Unternehmen, die die komplette Wertschöpfungskette abbilden, in Kooperation mit den Hochschulen und Universitäten neue Erkenntnisse erzeugte. Es wurde eine Umfrage durchgeführt und parallel erstellte die Technische Universität Chemnitz unter Federführung von Dr. Stefan Hoyer eine umfassende Machbarkeitsstudie, die den AZuR-Partnern im Intranet zur Verfügung gestellt wurde.

AZuR-Historie (Quelle: AZuR-Netzwerk)

Anish Taneja, der Präsident des Wirtschaftsverbands der deutschen Kautschukindustrie e.V., machte anlässlich der Auftaktveranstaltung in seiner Ansprache deutlich, dass dieses neue Netzwerk besonders wichtig ist und unbedingt fortgeführt werden muss. „Gemeinsam müssen wir die Zukunft gestalten und technischer Vorreiter sein“, betonte Taneja. Alle Marktbeteiligten müssen umdenken und zusammen Wege finden, um die individuelle Mobilität auch unter den steigenden Anforderungen der Kreislaufwirtschaft sicher zu stellen. Das kann nur gelingen, wenn wir Technologien und Systeme entwickeln, die den Wertstoff, der in den Reifen steckt, zu 100 Prozent wiederverwerten. Der Reifen kann mehr als ein Leben haben.“

Wichtig ist Taneja aber auch die Unterstützung durch die Politik. Sei es durch Deregulierung der Vorgaben oder aktive Förderung von innovativen, nachhaltigen Recyclingprodukten, wie zum Beispiel High-Tech-Produkte für den Straßenbau.

Reifen-Runderneuerung – eine Technologie, die Zukunft hat

In der Talkrunde, die Eveline Lemke moderierte, wurden ganz unterschiedliche Ansätze diskutiert. Unter anderem ging es dabei um die Frage, was Autofahrer wollen und ob sie heute zum Beispiel bereit sind, einen runderneuerten Reifen zu akzeptieren. Die Reifen-Runderneuerung spielte nicht nur in der Talkrunde eine wichtige Rolle, sondern auch in den Workshops und weiteren Beiträgen. Eine Technologie, die es bereits seit über 80 Jahren gibt und bis in die 1980er-Jahre auch im Pkw-Bereich eine große Rolle spielte.

Hauptsächlich durch den Import von preiswerteren Neureifen aus Fernost, reduzierte sich die Nutzung der runderneuerten Pkw-Reifen, sodass viele Hersteller die Produktion einstellten. Im Nfz-Bereich beträgt der Anteil an runderneuerten Reifen etwa 30 Prozent und ist sicher noch weiter ausbaufähig. Wenn jeder zweite Lkw auf runderneuerten Reifen fahren würde, könnte eine Million Tonnen CO2 eingespart werden. Hier muss ein Umdenken stattfinden und es wird viel Überzeugungsarbeit notwendig sein; die Politik kann hier eine Vorreiterrolle einnehmen und zum Beispiel Kommunalfahrzeuge auf runderneuerten Reifen fahren lassen.

Altreifen-Granulat – ein vielseitiger Sekundär-Werkstoff

Die Technologien sind erprobt. Das Verfahren der stofflichen Altreifen-Verwertung separiert Metall (15 % Anteil), Textil (10 % Anteil) und Gummi (75 % Anteil). Es gibt ausreichend Anwendungsgebiete und innovative Produkte. Das Hauptproblem sehen die Teilnehmer einerseits in der Überregulierung durch die Politik und andererseits in einer Unsicherheit zukünftiger Vorgaben.

Wenn seitens der (Länder-)Regierungen Ressourcen geschont und Wertstoffe zu einem überwiegenden Teil wiederverwertet werden sollen, müssen überholte Regulierungen hinterfragt und entsprechend der aktuellen Technologie angepasst werden. Die mittelständische Wirtschaft beklagt, dass zwar Gesetze erlassen, Forderungen gestellt und Auflagen gemacht werden, das Gespräch und der Austausch aber nicht gesucht wird. Das erschwert im besonderen Maße den Einsatz von Recyclingstoffen. Die Partner von AZuR stellen sich den Diskussionen, klären auf und laden gerne zum Gespräch ein.

Pyrolyse und Devulkanisation – erste Erfolge sind sichtbar

Stephan Rau, Technischer Geschäftsführer Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie e. V. (Quelle: Wirtschaftsverband der deutschen Kautschukindustrie e. V.)

m saarländischen Dillingen macht es das Unternehmen Pyrum vor. Aktuell werden dort etwa 7.000 Tonnen Altreifen zu Ruß (Recycled Carbon Black), Stahl, Ölen und Gasen verarbeitet, die wiederum in einem Chemiewerk als Rohstoff eingesetzt werden. „Der Weg dorthin, war weit“, informierte Pascal Klein, der als Geschäftsführer auf der Abschlussveranstaltung einen Workshop leitete, „aber er hat sich gelohnt. Wir werden im laufenden und in den kommenden Jahren die verarbeitete Tonnage an Altreifen weiter erhöhen und so unseren Teil zum Altreifen-Recycling beitragen.“

Das Thema Devulkanisation steckt an vielen Stellen noch in der Laborphase, aber auch hier können die beteiligten Forschungsinstitutionen über erfolgreiche Testreihen berichten, wie es Prof. Ulrich Giese vom DIK (Deutsches Institut für Kautschuktechnologie e. V.) in einem Vortrag darlegte.

Vieles ist auf dem Weg – die Politik sollte sich die Wirtschaft ins Boot holen

„Kreislaufwirtschaft, das Gebot der Stunde – ohne Reifen kein Individualverkehr.“ Dr. Bettina Hoffmann (MdB) von Bündnis 90/Die Grünen präsentierte einen 5-Punkte-Plan:

  1. Die Recyclingfähigkeit von neuen Produkten
  2. Die Abfallvermeidung
  3. Die Abfallwirtschaft wird zur Rohstoffindustrie für morgen
  4. Daten machen Müll zu Wertstoffen
  5. Werkstoffe müssen hinsichtlich der Kreislaufwirtschaft überprüft werden.

Die Teilnehmer waren sich einig, dass Teile der Forderungen noch Zukunftsmusik sind, aber vieles im Bereich des Altreifen-Recyclings heute schon Praxis ist. Die Industrie hat das Wissen und Know-how, die Forderungen umzusetzen, braucht allerdings neben dem klaren Bekenntnis der Politik auch die stringente Umsetzung in der Praxis.

Beispiele gibt es genügend, in denen die Technologie und die Produkte bewiesen haben, dass sie funktionieren und ökologische Vorteile bieten. Sei es die Reifenrunderneuerung, sei es Bautenschutz oder gummimodifizierter Asphalt. Die öffentliche Hand muss die Regularien so definieren, dass diese Produkte in Ländern, Städten und Kommunen auch zum Einsatz kommen. Hier ist es leider noch so, dass das Wissen nicht durchgereicht wird und die alten Zöpfe Bestand haben.

Christina Guth, Netzwerkkoordinatorin AZuR (Quelle: AZuR-Netzwerk)

ZuR hat in den letzten zehn Monaten viele Unternehmen und Organisationen zusammengebracht. Das Netzwerk wird weiterwachsen. Durch die Diversifikation der Partner und die enge Verknüpfung von Wissenschaft und Medien werden neue Allianzen gebildet. Nachhaltige Ideen werden diskutiert und die Aufmerksamkeit in der Politik wird zunehmen. Nach Abschluss der Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wird AZuR unter der Schirmherrschaft vom wdk fortgeführt. Christina Guth, Netzwerkkoordinatorin von AZuR, begrüßt die Entscheidung von Stephan Rau dem technischen Geschäftsführer des wdk, denn es zeigt, dass die Kautschukindustrie ein großes Interesse an der nachhaltigen Nutzung von Altgummi und Altreifen hat.

Quelle: CGW GmbH

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