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Konzernumbau und neue Strategie: thyssenkrupp erhöht das Tempo

Trotz der aktuellen Herausforderungen durch die Corona-Krise treibt thyssenkrupp den eingeleiteten Umbau weiter mit Nachdruck voran. Entsprechende Pläne hat der Vorstand dem Aufsichtsrat vorgestellt.

Kern der neuen Strategie ist der Umbau des Unternehmens hin zu einer leistungsstarken „Group of Companies“ mit einem schlanken Führungsmodell und einem klar strukturierten Portfolio. Die Geschäfte werden künftig in zwei Kategorien unterteilt: zum einen Unternehmensbereiche, deren Potenzial thyssenkrupp allein oder gemeinsam mit Partnern entwickeln wird, und zum anderen Geschäfte, für die das Unternehmen vorrangig Entwicklungspfade außerhalb der Gruppe verfolgen wird.

Martina Merz, Vorstandsvorsitzende der thyssenkrupp AG: „Wir haben in den vergangenen Monaten jeden Stein umgedreht und uns das individuelle Entwicklungspotenzial der Geschäfte für thyssenkrupp sehr genau angesehen. Wesentlich war dabei, in welcher Konstellation die Einheiten die besten Zukunftsperspektiven haben – unter dem Dach von thyssenkrupp, in Partnerschaften oder außerhalb des Unternehmens. Mit dieser Neubewertung des Portfolios haben wir schwierige und längst überfällige Entscheidungen getroffen, die wir jetzt konsequent umsetzen. thyssenkrupp wird kleiner, aber stärker aus dem Umbau hervorgehen.“

Klar strukturiertes Portfolio von Werkstoff- und Industriegütergeschäften

Abgeleitet aus dem Potenzial der einzelnen Geschäfte wurden die folgenden Portfolioentscheidungen getroffen. Die bisherigen Business Areas werden dabei künftig als „Segmente“ bezeichnet:

Beim Werkstoffhandel und bei den Industriekomponenten (Schmiedegeschäft und Großwälzlager) sieht thyssenkrupp aufgrund der eigenen Marktposition und Wettbewerbsstärke unverändert gutes Entwicklungspotenzial. Diese Geschäfte wird thyssenkrupp auch künftig im Unternehmen aus eigener Kraft weiterentwickeln. Das Automobilzuliefergeschäft wird thyssenkrupp innerhalb der Gruppe weiterführen. Dem Branchentrend zu übergreifender Zusammenarbeit folgend sind selektiv auch Allianzen oder Entwicklungspartnerschaften vorstellbar. Aufgrund der spezifischen Markt- und Branchensituation im Stahl, sowie bei Marine Systems wird thyssenkrupp neben Maßnahmen zur Steigerung der Performance für eine Stand-alone-Entwicklung im Unternehmen parallel auch mögliche Partnerschaften und Konsolidierungsoptionen verfolgen.

Künftig separat geführt werden Geschäfte, für die thyssenkrupp aus verschiedenen und sehr spezifischen Gründen keine nachhaltigen Zukunftsperspektiven innerhalb der Gruppe sieht. Diese Einheiten werden unter der Leitung von Dr. Volkmar Dinstuhl, Head of Mergers and Acquisitions der thyssenkrupp AG, zu einem eigenständigen Segment „Multi-Tracks“ zusammengefasst. Für den Anlagenbau, das Edelstahlwerk im italienischen Terni (AST) inklusive der dazugehörigen Vertriebsorganisation, Powertrain Solutions sowie Federn und Stabilisatoren strebt thyssenkrupp Partnerschaften oder einen Verkauf an. Bei Federn und Stabilisatoren wird weiter restrukturiert. Für die Bereiche Infrastructure, Grobblech und Battery Solutions prüft thyssenkrupp einen Verkauf oder die Schließung von Standorten. In Summe beschäftigen die „Multi-Tracks“-Geschäfte derzeit gut 20.000 Mitarbeitende. Sie stehen für einen Jahresumsatz von etwa sechs Milliarden Euro. Im zurückliegenden Geschäftsjahr verbuchten die Geschäfte einen negativen Business-Cashflow von rund 400 Millionen Euro. Für dieses Segment ist ab dem kommenden Geschäftsjahr eine eigene Berichterstattung geplant.

Konsequentes Performance-Management in den Geschäften

Übergeordnetes Ziel der geschärften Strategie ist die Steigerung der Leistungsfähigkeit aller Geschäfte. Für jede Einheit gilt ein individueller und aus dem Wettbewerb abgeleiteter Profitabilitätsanspruch. Alle Ziele sind konsequent mit konkreten Maßnahmen zu hinterlegen. Die Führungsmannschaft der Geschäfte trägt die volle Ergebnisverantwortung. Die Kapitalallokation innerhalb der Gruppe erfolgt auf Basis des erwarteten Wertbeitrags.

Finanzvorstand Dr. Klaus Keysberg: „Das Prinzip ‚Performance first‘ gilt unverändert weiter und ist jetzt wichtiger denn je. Nach dem Abschluss der Elevator-Transaktion kommt es darauf an, die Profitabilität der verbleibenden Geschäfte so zu stärken, dass wir ohne das Aufzuggeschäft einen nachhaltig positiven Cashflow erwirtschaften. Außerdem müssen alle Geschäfte mindestens ihre Kapitalkosten verdienen – auf Dauer gerne mehr.“

Elevator-Transaktion verschafft Handlungsfähigkeit

Zur Finanzierung des Umbaus hatte thyssenkrupp im Februar dieses Jahres den Verkauf des Aufzuggeschäfts für 17,2 Milliarden Euro an ein Konsortium von Finanzinvestoren beschlossen. Der Mittelzufluss wird spätestens zum Ende des laufenden Geschäftsjahres erwartet. Angesichts der aktuell unsicheren gesamtwirtschaftlichen Lage wird sich das Unternehmen bei der Mittelverwendung erst einmal größtmögliche Flexibilität bewahren. thyssenkrupp wird den Erlös im ersten Schritt dazu nutzen, Finanzschulden entlang der Fälligkeiten zurückzuzahlen. Die Eigenkapitalquote wird sich durch die Elevator-Transaktion substanziell verbessern. Dadurch werden auch grundlegende strukturelle Veränderungen möglich.

Darüber hinaus soll ein Teil der Erlöse selektiv dort für die Entwicklung der Geschäfte eingesetzt werden, wo entsprechende Zielrenditen erreicht werden können. Die genaue Aufteilung bzw. Priorisierung der Mittelverwendung ist abhängig vom weiteren Verlauf der Corona-Krise, der zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht sicher genug einschätzbar ist. Martina Merz: „Trotz Corona: Der Verkauf des Aufzuggeschäfts macht uns handlungsfähig. Jetzt können wir die notwendigen Restrukturierungs- und Portfolio-Maßnahmen angehen. Über das, was nun zu tun ist, sind sich Vorstand und Management-Teams der Geschäfte absolut einig. Das erlaubt uns Konsequenz in der Umsetzung.“

Gespräche über eine mögliche Konsolidierungslösung im Stahl

Um die Wettbewerbsfähigkeit des Stahlbereichs zu sichern, hatte thyssenkrupp zuletzt die „Stahl-Strategie 20-30“ beschlossen und mit der Mitbestimmung ausverhandelt. Diese Strategie ist unverändert richtig. Der Plan umfasst den Abbau von 3.000 Arbeitsplätzen, die Optimierung des Produktionsnetzwerks sowie zusätzliche Investitionen in Höhe von 800 Millionen Euro in den kommenden sechs Jahren. Damit schafft thyssenkrupp die Grundlagen, um den Stahlbereich in einem äußerst herausfordernden Wettbewerbsumfeld nachhaltig zukunftsfähig aufzustellen. Ziel ist es, die Stahlproduktion mit ihren integrierten Wertschöpfungsketten und den damit verbundenen Arbeitsplätzen langfristig in Deutschland zu erhalten.

In der Vergangenheit hatte thyssenkrupp mehrfach betont, dass eine Konsolidierung der Stahlindustrie vorteilhaft sei. Durch die Corona-Krise nimmt die Notwendigkeit weiter zu, da sich die bestehenden Überkapazitäten in Europa strukturell ausweiten werden. Auch sieht das Unternehmen gute Chancen darin, die notwendige Transformation hin zu einer klimaneutralen Stahlerzeugung zu beschleunigen, wenn die Industrie ihre Kräfte bündelt und die Politik die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen schafft. Deshalb wird thyssenkrupp für den Stahl auch mögliche Konsolidierungslösungen prüfen und hält sich alle Optionen offen. Gespräche finden mit Kenntnis des Aufsichtsrats bereits statt. Die Umsetzung der „Stahl-Strategie 20-30“ ist in jedem Szenario angezeigt.

Nationale oder europäische Lösung für Marineschiffbau angestrebt

Neben dem Stahl prüft thyssenkrupp auch im Marineschiffbau aktiv Möglichkeiten für eine Konsolidierung. In der aktuellen Wettbewerbsposition und Marktaufstellung sieht das Unternehmen nachhaltige Zukunftsperspektiven, wenn das Marine-Geschäft gemeinsam mit Partnern weiterentwickelt wird. Aus Sicht von thyssenkrupp kann der Marineschiffbau in konsolidierter Aufstellung langfristig besser im nationalen wie internationalen Wettbewerb bestehen.

Oliver Burkhard, Personalvorstand und Arbeitsdirektor der thyssenkrupp AG mit Ressortverantwortung für Marine Systems: „Um die Arbeitsplätze und Werftstandorte zu sichern, ist die Schaffung eines starken Marinekonzerns sinnvoll. thyssenkrupp ist deshalb offen für Lösungen, die Marine Systems langfristig in eine noch stärkere Position bringen. Dafür gibt es nationale und europäische Optionen.“

Vor diesem Hintergrund führt thyssenkrupp intensive Gespräche mit verschiedenen potenziellen Partnern. Auch die Politik ist in diese Überlegungen einbezogen.

Stärkung des Automobilzuliefergeschäfts im Unternehmen

Der Bereich Automotive Technology, in den thyssenkrupp in den vergangenen Jahren global stark investiert hat, wird als Segment weitergeführt und strategisch neu ausgerichtet. Im Zuge der gegenwärtigen Transformation der Automobilbranche werden Größe und Technologieführerschaft zunehmend zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor.

Zusätzlich zu weiteren Maßnahmen zur Steigerung der Performance und Wettbewerbsfähigkeit wird Automotive Technology daher dem Branchentrend folgend strategische Optionen zur Weiterentwicklung des Zuliefergeschäfts durch Allianzen und Entwicklungsgemeinschaften prüfen, bewerten und selbstständig weiterverfolgen. Leitlinie ist dabei die gezielte Erweiterung von Produkt- und Systemkompetenzen, um den Technologievorsprung auszubauen und insgesamt die Voraussetzungen für eine Verbesserung der Marktposition zu schaffen.

Anpassung der Organisation in allen Bereichen an die Portfolioentwicklung

Mit dem Umbau des Portfolios und dem verstärkten Fokus auf Performance wird auch die Organisation noch einmal weiterentwickelt. thyssenkrupp wird damit zu einer Unternehmensgruppe leistungsfähiger, eigenständiger Geschäfte mit einer starken Dachmarke und einer möglichst schlanken Holding. Die Unternehmenszentrale ist künftig vor allem für Governance, Portfolio- und Investitionsentscheidungen (Kapitalallokation) zuständig. Dieser neuen Rolle folgend soll die Zentrale künftig jeweils der Struktur und Größe der Unternehmensgruppe entsprechend angepasst werden.

„Wir haben einen klaren Fahrplan für die Zukunft. Wir machen aus thyssenkrupp eine international aufgestellte Gruppe weitgehend selbstständiger und leistungsfähiger Industrie- und Technologiegeschäfte. Der Fokus liegt auf industrieller Entwicklung und wettbewerbsfähigen finanziellen Ergebnissen. Mit unseren Produkten und Services leisten wir einen wichtigen Beitrag zu einer besseren und nachhaltigen Zukunft. Wir verbinden Performance-Kultur mit unternehmerischer und sozialer Verantwortung. Für diese Werte wird das neue thyssenkrupp stehen“, resümierte Merz.

Quelle: thyssenkrupp (für den Inhalt verantwortlich)

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