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Verbessert sich durch die Corona-Krise die Luftqualität in deutschen Städten?

Weniger Produktion, weniger Verkehr, weniger Schadstoffe: Durch die Corona-Krise nehmen Umweltbelastungen ab. Satellitendaten zeigen, dass sich die Luftqualität in einigen Ländern verbessert hat. Wie aussagekräftig sind diese Daten? Welche Auswirkungen hat die Pandemie auf die Luftqualität in Deutschland? Und sind Fahrverbote in deutschen Städten überhaupt noch nötig? Das hat das Umweltbundesamt untersucht:

Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf die Luftqualität?

Grundsätzlich gilt: Eine Reduzierung von Emissionen hat immer eine Verringerung der Luftbelastung zur Folge. Wie sich die im Zuge der Corona-Krise getroffenen Maßnahmen allerdings konkret auf die Luftqualität auswirken, lässt sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen. Denn: Meteorologische Effekte überlagern die Auswirkung dieser Emissionsminderung. Treten zum Beispiel austauscharme Wetterlagen auf, reichern sich die Schadstoffe in der Luft an, erhöhte Konzentrationen sind die Folge. Kräftiger Wind hilft hingegen, die Schadstoffe schnell zu verteilen und lässt die Konzentrationen sinken. Diese Effekte führen zu typischen, kurzfristigen Schwankungen in den gemessenen Konzentrationswerten.

Auch wenn die Maßnahmen der Corona-Krise eine positive Auswirkung auf die Luftqualität haben können, wird dies nur ein kurzfristiger Effekt sein. Eine langfristige und dauerhafte Verbesserung der Luftqualität kann nur mit gezielter Luftreinhaltepolitik, zum Beispiel der Umsetzung von Maßnahmen aus Luftreinhalteplänen, erreicht werden. Zudem lässt sich eine pauschale Antwort zur Auswirkung auf die Luftqualität nicht geben. Es bedarf einer differenzierten Betrachtung einzelner Schadstoffe, deren Quellen, Quelldichte und -orte. In erster Linie sind hier Stickstoffdioxid (NO2) und Feinstaub (PM10, PM2,5), aber saisonbedingt auch Ozon zu betrachten.

Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf die Stickstoffdioxid-Belastung?

In Ballungsräumen und Städten werden die höchsten NO2-Konzentrationen typischer Weise nahe der Hauptemissionsquelle, an viel befahrenen Straßen gemessen. Neben dem Verkehr gibt es weitere, über gesamte Stadtgebiete verteilte Quellen – wie zum Beispiel Industrieanlagen, Kraftwerke, verarbeitendes Gewerbe, private Haushalte –, die zu einer mittleren Grundbelastung von 20 bis 30 µg/m³ (im Jahresmittel) in Stadtgebieten führen. Die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus sind mit vermindertem Straßenverkehr und verringerten Industrieprozessen verbunden. Busse im ÖPNV und private Pkw sind in den Städten nach wie vor unterwegs. Für den Lieferverkehr muss sogar von einem erhöhten Aufkommen ausgegangen werden.

Aber auch die Emissionen aus privaten Haushalten könnten erhöht sein, da sich mehr Menschen zu Hause aufhalten. Ein regelrechter „Absturz“ der NO2-Konzentrationen in Städten kann also nicht erwartet werden. Untersuchungen aus Hessen ergaben zum Beispiel eine Reduzierung der NO2-Konzentrationen um rund 40 Prozent an den hessischen Stationen, die auf die reduzierte Verkehrsmenge zurückgeführt wird. Regional und lokal können die Auswirkungen sehr unterschiedlich sein.

Weiterführende Informationen zur Stickstoffdioxidbelastung in Deutschland

Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf die Feinstaub-Belastung?

Die hohe Zahl und Dichte an Emittenten – beispielsweise Hausfeuerungsanlagen, Gewerbebetriebe, industrielle Anlagen und der Straßenverkehr – führen zu einer erhöhten Feinstaubkonzentration in Ballungsräumen und Städten. Im Straßenverkehr, der in Städten dominierenden Quelle, stammen die Emissionen überwiegend aus dem Abrieb von Reifen, Bremsen und dem Straßenbelag. Gerade im Frühjahr kommt jedoch eine bedeutende Feinstaubquelle aus der Landwirtschaft hinzu: Bei der Düngung der Felder wird aus gasförmigen Vorläuferstoffen, insbesondere Ammoniak, Feinstaub gebildet, der mit dem Wind auch in die Städte transportiert wird.

Zudem kann Feinstaub auch natürlichen Ursprungs sein – beispielsweise Saharastaub oder als Folge von Bodenerosion, Wald- und Buschfeuern. Kurzfristige Verringerungen einzelner Feinstaub-Quellen in Städten können – ähnlich wie beim Stickstoffdioxid – keine durchschlagende Konzentrationsverringerung erwarten lassen.

Weiterführende Informationen zur Feinstaubbelastung in Deutschland

Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf die Ozon-Belastung?

Bodennahes Ozon wird nicht direkt freigesetzt, sondern bei intensiver Sonneneinstrahlung durch komplexe photochemische Prozesse aus Vorläuferstoffen − überwiegend Stickstoffoxiden und flüchtigen organischen Verbindungen − gebildet. Die frühlingshaften Temperaturen der letzten Tage führen bereits jetzt zu erhöhten Ozonwerten. Hält der Trend zu vorsommerlichen Temperaturen an, ist auch weiterhin mit erhöhten Ozonwerten vor allem in Parks und Wohngebieten zu rechnen.

Weiterführende Informationen zur Ozonbelastung in Deutschland

Brauchen wir weiterhin Fahrverbote und Einfahrbeschränkungen?

Es ist davon auszugehen, dass der Straßenverkehr in einigen Wochen wieder auf das übliche Maß oder sogar darüber ansteigt. Auf das Gesamtjahr bezogen, sind deshalb keine nennenswerten Verbesserungen zu erwarten. Da sich der NO2-Grenzwert zum Schutz der menschlichen Gesundheit auf das Kalenderjahr bezieht, besteht daher kein Anlass, Fahrverbote oder Einfahrbeschränkungen aufzuheben.

Welche Informationen zur Luftbelastung können Satellitendaten liefern?

Aktuelle Satellitendaten des Sentinel 5-P zeigen eine deutliche Abnahme der Schadstoffbelastung mit Stickstoffdioxid für China und Italien. Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass diese Daten eine Momentaufnahme der Schadstoffe in der gesamten Luftsäule zeigen. Ein Rückschluss auf die gesundheitsrelevante Luftschadstoffbelastung am Boden ist nicht direkt möglich.

Ist die Methankonzentration in der Atmosphäre im Zuge der Corona-Krise gesunken?

Bisher liegen – auch entgegen anderslautenden Behauptungen – keine Hinweise für eine Verringerung des Methans in der Atmosphäre vor. Satelliten können Methan bisher nicht hinreichend gut erfassen, um entsprechende Rückschlüsse ziehen zu können. Zudem ist Methan ein sehr langlebiges Gas. Selbst wenn die Emissionen aufgrund verringerter Aktivitäten, beispielsweise bei der Erdölförderung, während der weltweiten Corona-Krise zurückgingen, würde sich das nicht sofort in den Konzentrationen widerspiegeln, weil das „alte“ Methan zunächst in der Atmosphäre verbleibt.

Die Landwirtschaft verursacht rund 60 Prozent der Methan-Emissionen in Deutschland, Industrieprozesse und der Verkehr tragen weniger als fünf Prozent bei. Würde die Methankonzentration jetzt wesentlich abnehmen, wäre der Anteil der Landwirtschaft daran wohl nicht hoch, da die Landwirtschaft wie gewohnt weiterbetrieben wird.

Quelle: Umweltbundesamt

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