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Biokohle: Kosten-Nutzen-Rechnung des Bundesverbandes HTC

Wie Industrie und Kraftwerke mit Biokohle hunderte Millionen Euro klimaneutral sparen können.

„Die gesetzlichen Preise für CO2-Zertifikate lassen die Kohlepreise explodieren. Für Braunkohle müssen Kraftwerksbetreiber oder Zementfabriken im Jahr 2023 mehr als doppelt so viel wie heute bezahlen, im Jahr 2025 sogar das dreifache; die Kostensteigerungen für Steinkohle liegen nur wenig darunter. Durch Biokohle aus Bioabfällen und -Reststoffen können Energieverbraucher diese Kostenexplosion verhindern. Zugleich würden durch jede ersetzte Tonne Braunkohle 2,7 Tonnen CO2 (Steinkohle 2,2 Tonnen CO2) weniger in die Atmosphäre abgegeben. Wenn durch Biokohle Braun- und Steinkohlen ersetzt werden, können Industrie und Kraftwerke Milliarden Euro sparen und den CO2-Ausstoß um mehrere Millionen Tonnen reduzieren. Würden nur 20 Prozent der für Biokohle verfügbaren Biomasse dazu genutzt, könnten Kohlekunden schon 2023 jährlich über 15 Millionen Tonnen CO2 und weit über eine halbe Milliarde Euro an Energiekosten sparen.“

Diese Rechnung macht der Bundesverband Hydrothermale Carbonisierung e.V. (BV-HTC) auf, um das ungenutzte Potenzial der vor über 100 Jahren in Deutschland entwickelten Hydrothermalen Carbonisierung (HTC) zu illustrieren. Denn mit der Einführung der CO2-Zertifikate werde das ökologisch sinnvolle Verfahren auch wirtschaftlich hoch attraktiv: Die CO2-Zertifikate lassen beispielsweise den Preis von Braunkohle schon 2023 um 126 Prozent und im Jahr 2025 sogar um fast 200 Prozent steigen – bei Biokohle fallen diese Preissprünge ersatzlos weg, so der BV-HTC.

Nobelpreisträger schuf die Grundlage

Die Produktion von Biokohle über HTC basiert auf einem 1913 von dem deutschen Chemiker Friedrich Bergius beschriebenen Verfahren, für das er 1931 den Nobelpreis erhielt. Bei HTC wird der natürliche Prozess der sogenannten Inkohlung technisch nachgeahmt: Durch Feuchtigkeit, Hitze und Druck wird aus Biomasse innerhalb weniger Stunden Biokohle produziert. Der Brennwert (der energetische Nutzen) von Biokohle liegt zwischen dem von Braun- und Steinkohle.

„Vor allem aber ist Biokohle ein regenerativer Brennstoff. Das macht den Nutzen für den Klimaschutz aus und schafft die wirtschaftlichen Vorteile für die Energieerzeuger“, sagt der BV-HTC. „Denn während die Verbrennung von Braun- und Steinkohlen – wie auch von Erdöl – den seit Millionen Jahren unterirdisch gebundenen Kohlenstoff als CO2 freisetzt, wird Biokohle aus biogenen Reststoffen gewonnen. Dazu gehört zum Beispiel Grünschnitt aus Gärten, Parks oder von Straßenrändern, der Inhalt von Biotonnen, Lebensmittelreste aus Industrie und Handel, aber auch Gülle oder Millionen Tonnen des sogenannten Waldrestholzes. Der in diesen Stoffen enthaltene Kohlenstoff wird bei Verbrennung zwar wie bei jeder anderen Verwertung oder Entsorgung als CO2 freigesetzt. Allerdings wird durch Biokohle zusätzlich Energie gewonnen, und da die Kohle aus erneuerbarer Biomasse hergestellt ist, müssen für die Verbrennung keine CO2-Zertifikate erworben werden.“

70 Millionen Tonnen Grundstoffe

Biogene Reststoffe fallen in Deutschland in hohen Mengen an. die Gesamtmenge wird auf rund 70 Millionen Tonnen Trockenmasse pro Jahr geschätzt. Daraus ließen sich über 50 Millionen Tonnen Biokohle herstellen. Allein aus dem heute schon gesammelten Grünschnitt, den Inhalten von Biotonnen und abgelaufenen Lebensmitteln lassen sich circa 6,5 Millionen Tonnen Biokohle pro Jahr erzeugen, um fossile Kohlen in Kraftwerken oder Zementfabriken zu ersetzen. Nach den Angaben des BV-HTC werden diese Stoffe entsorgt oder zum Beispiel in Kompostierungsanlagen oder Vergärungsanlagen verwertet. Dabei werde jedoch das hoch klimaschädliche Methan als Schwund in die Umwelt abgegeben, was die positive CO2-Wirkung aufhebt:

„Werden 6,5 Millionen Tonnen fossile Kohlen durch Biokohle ersetzt, wird die Freisetzung von 16,5 Millionen Tonnen zusätzlichem CO2 verringert – und bei 2023 geltenden Zertifikatskosten von 35 Euro pro Tonne CO2 würden über 400 Millionen Euro jährlich eingespart. Bei den für 2025 festgelegten Zertifikatspeisen von 55 Euro pro Tonne CO2 steigen die Einsparungen auf beinahe 900 Millionen Euro. Dabei stehen Grünschnitt, Biotonnen und abgelaufene Lebensmittel nur für ein Fünftel der heute vorhandenen Grundstoffe für Biokohle. Auch die jedes Jahr anfallenden 15 Millionen Tonnen Restholz aus Forsten oder die zehn Millionen Tonnen Gülle lassen sich per HTC in Biokohle verwandeln.“

Asien, Mexico und Belgien setzen bereits auf die deutsche Technologie

HTC Produktionsanlagen können laut BV-HTC zügig und wirtschaftlich errichtet werden. Denn die industrielle Herstellung von Kohle aus Biomassen sei durch die VDI-Richtlinie 3933 sozusagen „offiziell anerkannt“. Während allerdings im Erfinderland Deutschland bislang nur vergleichsweise kleine Modellanlagen laufen, setzen andere Länder auf Carbonisierung im industriellen Maßstab. In der chinesischen Millionenstadt Jining werden seit 2016 – mit in Deutschland entwickelter Technik – jährlich 14.000 Tonnen Klärschlämme in Kohle verwandelt; in Belgien wird aktuell eine Anlage zur Verwertung von jährlich circa 30.000 Tonnen Bioabfällen errichtet. Mexico City plant den Bau einer Anlage für über 150.000 Tonnen pro Jahr, die erste Bauphase wurde Ende 2019 ausgeschrieben.

In Deutschland wäre ein Netz von Anlagen mit Standorten in der Nähe von Kraftwerken, Zement- und Kalkwerken, großen Kompostierungs- oder Abfallbehandlungsanlagen sinnvoll. Dadurch würden auch teure und CO2-relevante Transporte minimiert. Der rasche Aufbau eines solchen Netzes sei technisch und wirtschaftlich ohne weiteres machbar: Für die Kohlerzeugung benötige man neben dem Druckbehälter zur Produktion vor allem marktgängige Transport- und Lagersysteme. Projekte ließen sich deshalb innerhalb eines Jahres zu Investitionen im einstelligen Millionenbereich umsetzen.

Der Nutzen steigt mit den Zertifikatspreisen

Biokohle könne in Kraft- oder Zementwerken problemlos mit Stein- und Braunkohlen mitverfeuert werden, deshalb sei auch ein schrittweiser Aufbau der Biokohle-Kapazitäten wirtschaftlich reizvoll. „Mit der Einführung der CO2-Zertifikate“, erklärt der Diplom-Ingenieur und 1. Vorsitzende des BV HTC, Klaus Serfass, „gibt es jährlich steigende wirtschaftliche Anreize zur Umstellung auf Biokohle. Dies würde einen signifikanten Beitrag zu Erreichung der Klimaziele und wirtschaftliche Vorteile für Energieproduzenten und -konsumenten bringen.“ Denn die Zertifikate ließen den Preis pro Tonne Braunkohle 2023 um circa 126 Prozent, im Jahr 2025 sogar um fast 200 Prozent steigen. Bei Steinkohle verdoppelt sich der Preis im Jahr 2023 und steigt im Jahr 2025 auf 161 Prozent, prognostiziert der Verband.

Wirtschaftliche Vorteile hätten auch die Lieferanten der biogenen Reststoffe, also Kommunen, Entsorgungsbetriebe, Großküchen, Forstbesitzer u.v.a. Die müssten ihre Reststoffe bisher verwerten oder für die Verwertung durch Dritte bezahlen – bei einer Verwertung als Biokohle würde dieser Kostenfaktor stark sinken. Und: Wenn Energieerzeuger oder Zementhersteller Produktionsstätten zur Substitution fossiler Brennstoffe selbst errichteten, könnte das nach EnEFF mit bis zu 55 Prozent der Investitionskosten bezuschusst werden.

Quelle: Bundesverband Hydrothermale Carbonisierung e.V. (für den Inhalt verantwortlich)

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