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Abschlussbericht des Projekts Dacciwa: Feinstaub belastet die Luft über Afrika

Explosives Bevölkerungswachstum, Urbanisierung und eine wachsende Wirtschaft – die Luft über Westafrika ist vielen Belastungen ausgesetzt. Bisher fehlten jedoch aussagekräftige Informationen zu den Auswirkungen auf Gesundheit, Wetter und Klima.

Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) koordinierte das europäisch-afrikanische Konsortium „Dacciwa“, das eine Vielzahl neuer Daten erhoben hat, um Ursachen und Einfluss der Luftverschmutzung zu untersuchen. Dabei ging es auch um die Wechselwirkung von Luftzusammensetzung und Sommermonsun. Seine Ergebnisse hat das Forschungsteam nun in einem Abschlussbericht veröffentlicht.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt, dass weltweit etwa sieben Millionen Menschen jährlich an den Folgen von verschmutzter Luft sterben. „In westafrikanischen Städten überschreiten die Konzentrationen von kleinen Partikeln häufig die Grenzen der WHO“, sagt Professor Peter Knippertz vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung (IMK) des KIT. Ihren Ursprung haben die Teilchen zum einen im menschlichen Handeln: Holzkohlefeuer und Müllverbrennung in den Städten oder Savannenbrände schleudern die feinen Teilchen in die Luft. Zum anderen gibt es Partikel natürlichen Ursprungs: „Winde aus dem Norden tragen den Sand aus der Sahara in den Westen des Kontinents.“

Klimaforscher Knippertz koordinierte das Projekt Dacciwa (Dynamics-aerosol-chemistry-cloud interactions in West Africa), das erstmals die gesamte Kette von der Entstehung über die Verbreitung bis zu den Auswirkungen von natürlichen und vom Menschen verursachten Emissionen untersuchte. Zum Projektabschluss veröffentlicht das Konsortium einen Bericht, der die wichtigsten Ergebnisse, Kampagnen und Ausblicke darstellt und konkrete Handlungsempfehlungen gibt.

Ergebnisse und Handlungsempfehlungen

Mit Wetterballons und der Messplattform „KITcube“ sammelten die Klimaforscher des KIT eine Vielzahl meteorologischer Daten (Foto: Sébastien Chastanet)

Umfassende Daten zu sammeln, sei die größte Herausforderung gewesen. „Es gab kein angemessenes System zur Überwachung der Luftqualität in Süd-Westafrika“, berichtet Knippertz. „Bisherige Computermodelle konnten die komplexe atmosphärische Dynamik und Chemie in Westafrika nicht verlässlich abbilden.“ Deshalb mussten die Wissenschaftler aktuelle Daten über die Zusammensetzung der Atmosphäre, Wolken und Luft erheben sowie Informationen über Gesundheitsrisiken und Krankheiten sammeln. Die Ergebnisse zeigen, dass die Luftverschmutzung bereits ein gesundheitsschädliches Niveau erreicht hat: Während der Trockenzeit ist die Konzentration von Feinpartikeln in der Atmosphäre am höchsten, da sich in dieser Zeit zusätzlich zu den Feinstaubquellen in den Städten verstärkt Wüstenstaub der Sahara und Rauch aus Bränden in der Savanne in die Luft mischen.

In der Zeit des Sommermonsuns kommen zu den lokalen Emissionen Feinstaubpartikel aus Zentralafrika hinzu, die mit dem vorherrschenden Südwind tausende von Kilometern transportiert werden können. „Wir konnten 20 bis 40 Prozent der Partikel bei unseren Feldmessungen bereits über dem Ozean feststellen“, sagt Knippertz. Aufgrund der hohen Luftfeuchte während des Monsuns können die Partikel mehr Wasser aufnehmen. Dies trübt die Atmosphäre so erheblich, dass weniger Sonnenlicht den Erdboden erreicht. Knippertz: „Die Trübung beeinflusst die Luftzirkulation, Wolkenbildung und Niederschlagswahrscheinlichkeit. Langfristig könnte sich dies auf die Lebensmittelproduktion sowie die Wasser- und Stromversorgung auswirken.“

In Flug- und Feldkampagnen untersuchten die Forschenden die Entstehung und Verbreitung des Feinstaubs über Westafrika (Foto: Sébastien Chastanet)

Computersimulationen des Dacciwa-Projektteams deuten darauf hin, dass die Temperaturen in Westafrika bis 2050 voraussichtlich um ein bis drei Grad Celsius ansteigen werden, je nach geografischem Standort. Zusätzlich kann die erhöhte Partikelkonzentration in Städten in Süd-Westafrika erhebliche Risiken für die öffentliche Gesundheit darstellen und Erkrankungen der Atemwege, des Herz-Kreislaufsystems und der Haut verstärken: „Wir konnten erstmalig zeigen, dass die Anzahl der Krankenhausaufenthalte aufgrund der genannten gesundheitlichen Probleme eng mit der Konzentration von Feinstaub in der Luft zusammenhängt“, sagt Knippertz. „Besonders in der Regensaison stieg die Anzahl der bekannten Krankheitsfälle an, was darauf hindeuten könnte, dass Feuchtigkeit die Auswirkungen der Luftverschmutzung auf den Menschen verstärkt.“

Mit den neuen Daten und Auswertungen können Forschende genauere Klima-, Wetter- und Gesundheitsprognosen aufstellen, nicht nur für Westafrika, sondern auch für Regionen, die weiter entfernt sind. „Wir wissen zum Beispiel, dass der westafrikanische Monsun sich auf das europäische Wetter auswirken kann und eine wichtige Einflussgröße für atlantische Hurrikane darstellt“, erläutert Knippertz. Dacciwa schafft damit Grundlagen für präzisere Klima-, Wetter- und Luftqualitätsmodelle, die eine nachhaltigere Entwicklungspolitik ermöglichen.

Mehr über das Projekt Dacciwa

Fünf Jahre lang haben die Wissenschaftler Daten in Westafrika gesammelt und ausgewertet. Hierfür haben sie mit drei Forschungsflugzeugen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), den französischen Forschungsinstitutionen CNRS, Météo-France und CNES sowie des British Antarctic Survey vor Ort koordinierte Messflüge durchgeführt. An Bord hatten die unterschiedlichen Flugzeuge ähnliche Messinstrumente, um ein Maximum an Referenzdaten zu sammeln.

Um die städtischen Emissionen zu erfassen, baute das Forschungsteam vier Messstandorte in Abidjan und Cotonou auf und wertete Gesundheitsdaten aus. Zudem haben Klimaforscher des IMK unter Leitung von Dr. Norbert Kalthoff im beninischen Savé mit der Messplattform „KITcube“ eine Vielzahl relevanter meteorologischer Parameter erfasst. Parallel dazu hat die Arbeitsgruppe von Professor Andreas Fink, Experte des KIT für das afrikanische Klima, eine großangelegte Wetterballonkampagne in vier westafrikanischen Ländern koordiniert.

Zum Abschluss von Dacciwa hat das Konsortium Informationsveranstaltungen für Politiker in Togo, Ghana sowie der Elfenbeinküste durchgeführt, die Erkenntnisse erklärt und mögliche Handlungen empfohlen. Zudem stellten die Wissenschaftler ihre Projektergebnisse auch der Europäischen Kommission in Brüssel vor und diskutierten diese dort. Die EU förderte das Projekt mit rund 8,75 Millionen Euro.

Quelle: Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

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