Braunschweig — Etwa acht Millionen Tonnen vermeidbare Lebensmittelabfälle landen in Deutschland jedes Jahr im Müll. Lebensmittelabfälle entstehen insbesondere in den Bereichen Obst und Gemüse, Bäckereien, Privathaushalte und Schulverpflegung. Für diese vier Produktions- und Konsumbereiche haben Wissenschaftler im Forschungsprojekt Refowas (Reduce Food Waste) Handlungsoptionen zur Abfallvermeidung erarbeitet. Die Ergebnisse sollen am 18. März 2018 in einer Âbschlusskonferenz vorgestellt werden.
Bei der Produktion von Obst und Gemüse kommt der Schnittstelle zwischen Erzeugern und Lebensmitteleinzelhandel eine besondere Bedeutung zu. So liegen die Standards der Lebensmitteleinzelhändler aufgrund der Ästhetikwünsche der Kunden bei optischen Kriterien höher als gesetzlich vorgeschrieben und führen dazu, dass oft ein wesentlicher Teil der Erzeugung nicht verkauft werden kann. „Wir sehen es hier als eine wichtige Aufgabe, Verbraucherinnen und Verbraucher stärker für diese Thematik zu sensibilisieren und Gespräche zwischen den zwei Parteien in Gang zu bringen“, erklärt Walter Dirksmeyer, verantwortlicher Wissenschaftler der Fallstudie „Obst und Gemüse“ am Thünen-Institut für Betriebswirtschaft.
Bei den Bäckereien hingegen liegt eine große Chance darin, genaue Prognosesysteme für die einzelnen Filialen zu nutzen. Diese Systeme arbeiten mit Informationen zur Produktion in der Vergangenheit und verknüpfen diese mit weiteren Faktoren, wie Wetter und Ferientage. So lässt sich die Produktion bedarfsgerechter planen und die Verluste sind geringer als bei emotionalen Entscheidungen, die aus der Situation heraus getroffen werden, weiß Dominik Leverenz von der Universität Stuttgart.
In den Privathaushalten fallen regelmäßig große Mengen an Lebensmittelverlusten an, allerdings sind hier Verhaltensänderungen nur schwer zu bewirken. „Den Teller in jedem Fall leer zu essen, ist auch gesundheitlich nicht immer empfehlenswert“, erklärt Erika Claupein vom Max Rubner-Institut. Dennoch seien Aufklärung und Sensibilisierung wichtig.
Zum Bereich Schulverpflegung wurden in elf Schulen Speiseabfällen gemessen: Rund 25 Prozent der Produktionsmenge werden durchschnittlich entsorgt. Doch durch einfache, kurzfristige Maßnahmen wurden in vier Schulküchen im Durchschnitt 30 Prozent der Speiseabfälle eingespart. Mit weiteren Maßnahmen wird es sogar möglich sein, eine Halbierung der Speiseabfälle bis zum Jahr 2030 zu erreichen, wie es die Sustainable Development Goals (SDG 12.3) der Vereinten Nationen fordern. „Diese Ansprüche sind nur umsetzbar, wenn professionelle Strukturen geschaffen werden“, resümiert Frank Waskow, Leiter der Fallstudie bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Das Forschungsprojekt Refowas wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Förderschwerpunkts Sozial-ökologische Forschung (SÖF) gefördert. Seit Juni 2015 arbeiten die Projektpartner vom Thünen-Institut, der Universität Stuttgart, dem Max Rubner-Institut und der Verbraucherzentrale NRW an der Entwicklung von Handlungsoptionen für die Vermeidung von Lebensmittelabfällen.
Quelle: Johann Heinrich von Thünen-Institut