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Wie könnte die Verpackung von morgen aussehen?

Nachdem sich eine Kickoff-Veranstaltung mit der Möglichkeit befasst hatte, recyclingfähige Verpackungen zu fördern, befasste sich eine Folgeveranstaltung mit dem Einsatz von Rezyklaten und nachwachsenden Rohstoffen in Verpackungen. Wie lässt sich das umsetzen?

Das Verpackungsgesetz, das 2019 in Kraft tritt, schreibt neben höheren Recyclingquoten vor, dass die Systeme künftig die Recyclingfähigkeit von Verpackungen sowie die Verwendung von Rezyklaten und nachwachsenden Rohstoffen fördern müssen. „Verpackungen leisten einen Beitrag zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung“, erklärte Helge Wendenburg, Abteilungsleiter im Bundesumweltministerium. „Aber der Umgang mit ihnen muss sich verändern.“ Man müsse die Verpackungsmenge reduzieren oder die Verwendungsdauer erhöhen. Wege dazu sind Verpackungsvermeidung und die Wiederverwendung der Verpackung selbst oder ihres Materials. Doch wie lässt sich das in der Praxis umsetzen?

Schon die Material-Definition ist schwierig 

In einem Kickoff-Meeting hatten führende Markenhersteller und Handelsunternehmen mit Experten und dem Grünen Punkt Möglichkeiten diskutiert, eine Förderung von recyclingfähigen Verpackungen umzusetzen. In einer Folgeveranstaltung erörterten die Teilnehmer den Einsatz von Rezyklaten und nachwachsenden Rohstoffen. Dabei stellte sich schnell heraus, dass schon die Definition dieser Materialien schwierig ist. Beispiel Biokunststoffe: Als solche werden verschiedene  Materialien bezeichnet, vor allem, wenn sie sich unter bestimmten Bedingungen selbst zersetzen. Darunter sind auch sogenannte „oxo-abbaubare“ Kunststoffe, die nach Expertenmeinung sogar schädlich für die Umwelt sind. Und: Viele dieser „Biokunststoffe“ werden nicht etwa aus pflanzlichem Material hergestellt, sondern aus Erdöl.

Kunststoffe, die aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden, können chemisch identisch sein mit herkömmlichen Polymeren wie PP, PE oder PET und lassen sich daher auch genau wie diese recyceln. Andere Polymere wie PLA kommen derzeit noch so selten vor, dass es nicht lohnt, sie aus dem Abfall, zum Beispiel dem Gelben Sack, heraus zu sortieren – es gibt für sie aktuell keinen Recyclingweg. Viele weitere Fragen sind ungeklärt: Bieten diese Kunststoffe tatsächlich Vorteile für die Umwelt gegenüber herkömmlichem Plastik? Oder führen sie zu zusätzlichem Verbrauch von Ackerchemie, fördern sie den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen, steht der Anbau für die notwendigen Pflanzen – meist Kartoffeln, Zuckerrohr oder Mais – in Konkurrenz zum Anbau von Nahrungsmitteln?

„Transfair-Siegel“ für Kunststoffe

Ähnlich viele Fragen stellen sich beim Einsatz von Rezyklaten in Verpackungen. Vereinzelt werden bereits Verkaufsverpackungen komplett oder zumindest zum Teil aus Recyclingkunststoff hergestellt, doch bisher kommen sie nicht breit zum Einsatz. Bei Lebensmittelverpackungen stehen oft gesetzliche Regelungen der Verwendung von recyceltem Plastik entgegen. Doch wie definieren sich „Rezyklate“ eigentlich und welche sollen gefördert werden? Denn Kunststoffrezyklate kommen auch aus anderen Quellen als dem Gelben Sack, etwa auch aus der Produktion, wo sie als hochreine Abschnittsreste anfallen – auch das Ergebnis ihres Recyclings ist ein Rezyklat. Doch soll ihr Einsatz die gleiche Förderung erhalten wie der von Rezyklat, das mit hohem Aufwand nach dem Konsum aus einem Abfallgemisch gewonnen wird?

Hier einen Unterschied zu machen, setzt voraus, dass exakt rückverfolgbar ist, aus welchen Rohstoffen eine Verpackung besteht. Und das klingt einfacher als es ist: Die Herstellung einer Verpackung erfordert eine lange Wertschöpfungskette. Schon für den Produkthersteller ist es schwer nachzuvollziehen, woher genau die Rohstoffe für seine Verpackung kommen. Es braucht also Verfahren, um die Lieferkette der Rohstoffe transparent zu machen und verlässlich zu bescheinigen. Ein Transfair-Logo für Recyclingkunststoffe sozusagen.

„Die Recycler müssen lernen, vom Produkt her zu denken“

Der Grüne Punkt erarbeitet aktuell ein Verfahren zum Nachweis und zur Rückverfolgbarkeit des Anteils an Rezyklaten in Verpackungen aus haushaltnah erfassten Verpackungsabfällen. Das Verfahren wird alle Akteure entlang der Prozesskette einbeziehen und unabhängigen Prüfungen unterziehen. „Die Recycler müssen lernen, vom Produkt her zu denken“, brachte es Helge Wendenburg auf den Punkt. Wie das gehen kann, erläuterte Immo Sander, Leiter der Verpackungsentwicklung beim Reinigungsmittelhersteller Werner & Mertz. Die Unternehmensgruppe hat bereits einen Großteil ihrer Verkaufsverpackungen auf Kunststoff-Rezyklate umgestellt – auch auf solche, die der Grüne Punkt aus dem Gelben Sack gewonnen hat. Dabei ist der Anspruch, dass der Kunde nicht sieht, dass es Rezyklat ist. „Der Kunde soll denken: ‚Es könnte aus umweltfreundlichem Rezyklat sein, weil es ein Produkt der Marke Frosch ist und nicht, weil es wie ein Rezyklat aussieht‘, erläuterte Sander.

Um das zu erreichen, bezieht die von Werner & Mertz initiierte „RecyclatInitiative“ alle Teile der Herstellungskette mit ein, neben dem Grünen Punkt als Verpackungsrücknahmeunternehmen und Rezyklathersteller auch den Hersteller der Verpackungen, den Handel usw. Der Erfolg gibt dem Unternehmen Recht. „Erfolg kann nur in der Kette funktionieren. Wir brauchen die Märkte“, hielt Michael Wiener, CEO des Grünen Punkts, fest. „Im Moment sind noch zu wenige Unternehmen bereit, sich wie Frosch vorzuwagen. Dabei ist klar: Nur wenn die Industrie zukunftsfähige Lösungen auf die Beine stellt, kann eine Verpackung von heute auch eine Verpackung von morgen sein.“

Quelle: Der Grüne Punkt

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