Berlin — Welche Richtung soll zukünftig die Abfallwirtschaft in Deutschland nehmen? Mit dieser Frage konfrontierte die DGAW e.V. im Juni an die Parteien im Bundestag. Deren Antworten sind nun zum Großteil erfolgt. Gegenstand der Fragen waren die staatliche Lenkungsfunktion, die Förderung des Recyclings, der Stellenwert der thermischen Verwertung, der Vollzug der neuen Gewerbeabfallverordnung, die Maßnahmen gegen Deponierung und „marine littering“ sowie die steuerliche Privilegierung der Leistungen der Daseinsvorsorge.
Für marktwirtschaftliche Anreize und nachhaltige Systeme
Die FDP setzt verstärkt auf Eigen- und Produktverantwortung seitens der Hersteller statt auf staatliche Lenkung. So soll die Förderung des Recycling durch marktwirtschaftliche Anreize für recyclingfreundliche Produkte (z. B. durch ein Recyclinglabel) sowie eine bessere Erfassung und Sortierung geschaffen werden.
Die CDU/CSU will dagegen durch neue Produktionsweisen sowie die Umlage der Entsorgungskosten auf die Produkthersteller die Recyclingfähigkeit von Produkten erhöhen. Auch „Mehrweg“ soll gefördert werden, und das Wertstoffgesetz ist noch nicht vom Tisch. Auch die SPD plant nachhaltige Systeme, wie Leasing, Mehrweg und Pfand zu stärken und setzt auf Aufklärung und Forschungsaktivitäten der Recyclingwirtschaft. Auch ökologische Lizenzgebühren entsprechend dem Entgelt für Verpackungen sind denkbar.
Bündnis 90/Die Grünen planen die staatliche Lenkung zu verstärken, indem die neue Zentrale Stelle, die im Rahmen des Verpackungsgesetzes entsteht, unter staatliche Hoheit gestellt werden soll. Das Recycling soll durch Beimischungsquoten und Aufklärung im öffentlichen Beschaffungswesen gefördert werden.
Auf Abfallhierarchie berufen
Bei den Fragen zum künftigen Stellenwert der thermischen Abfallverwertung berufen sich sowohl CDU/CSU als auch Bündnis 90/Die Grünen auf die Abfallhierarchie und heben die Abfallvermeidung hervor. Die FDP sieht die energetische Verwertung jedoch als noch unverzichtbar. Auch wenn die erste Priorität auf Abfallvermeidung liegt, fallen noch immer Abfälle an, die möglichst ökologisch und ökonomisch sinnvoll beseitigt werden müssen. Dieser Meinung schließt sich die SPD an.
Gewerbeabfallverordnung nicht unbestritten
Beim Vollzug der Gewerbeabfallverordnung sieht die CDU/CSU die neuen Dokumentations- und Kontrollpflichten zur Einhaltung der Abfallhierarchie als geeignete Maßnahme. Auch die SPD ist der Meinung, dass die Novelle durch die Anpassung auf die fünfstufige Abfallhierarchie sowie die getrennte Erfassung der Stoffströme kontrollierbarer und vollzugstauglicher ist. Bündnis 90/Die Grünen und die FDP hingegen, sehen die hohen bürokratischen Aufwand eher skeptisch und sind der Meinung, dieser sei nur mit personeller Mehrausstattung zu leisten.
Handlungsbedarf bei Deponiestop und marine litter
Beim Einsatz gegen eine weitere Deponierung in der EU sowie das Thema „marine littering“ sind sich alle einig, dass hier Handlungsbedarf besteht. Für die FDP steht dabei die Meerespolitik im Fokus. Auch die SPD sieht die Vermüllung der Meere als eines der gravierendsten Probleme, dem vor allem durch Abfallvermeidung und nachhaltigen Konsum entgegengewirkt werden soll. CDU und CSU wollen einerseits gegen die Mikropartikel vorgehen und andererseits ein Forschungsprojekt zur Erkundung der großen Plastikteile und deren Verteilung anstoßen.
Zur steuerlichen Privilegierung der Leistungen der Daseinsvorsorge wird es mit der CDU/CSU keine Steuererhöhungen geben und auch bei Bündnis 90/Die Grünen und SPD sind keine Änderungen vorgesehen. Die FDP hingegen will sich für faire, diskriminierungsfreie Spielregeln für alle einsetzen.
Die ungekürzten Antworten der Parteien sind in einer tabellarischen Gegenüberstellung erfasst und können über dgaw.de heruntergeladen werden.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Abfallwirtschaft e.V. (DGAW)